Rückkehr der Angst |
Eine Verhaltenstherapie ist eine Möglichkeit, Betroffenen zu helfen. / Foto: Adobe Stock/Photographee.eu
»Trauma« bedeutet im Lateinischen »Wunde«. Der Begriff wird sowohl in der medizinischen Fachsprache als auch in der Psychologie verwendet. Hier steht er für eine seelische Verletzung, die durch ein sehr bedrohliches Erlebnis verursacht wurde. Gefühle wie extreme Angst, Hilflosigkeit und/oder Ausgeliefertsein haben dabei tiefe Spuren in der Seele hinterlassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand selbst im Mittelpunkt des Geschehens stand oder es hat ansehen müssen. Traumatische Erfahrung können ein schwerer Unfall, ein Raubüberfall, eine Vergewaltigung, ein Kriegsgeschehen oder eine Naturkatastrophe sein. Manche Menschen sind von Berufs wegen häufiger als andere mit dramatischen Ereignissen konfrontiert und haben daher eine hohes Risiko traumatisiert zu werden, zum Beispiel Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Lokführer.
Auch medizinische Notfälle, wie ein Herzinfarkt oder eine lebensgefährliche Blutung, können eine seelische Wunde hinterlassen. So haben etwa fünf Prozent der Patienten, die eine lebensbedrohliche Krankheit überwunden haben, später noch mit dieser erlebten Bedrohung seelisch zu kämpfen.
Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf furchtbare Erlebnisse. Erste Reaktionen können Erstarrung, Verwirrung, Desorientierung, Weinen oder Schreien sein. In der Fachsprache wird dies als »akute Belastungsreaktion« zusammengefasst. Sie ist Folge des außergewöhnlichen Stresses und klingt nach einiger Zeit wieder ab. Ob und wie jemand ein Trauma überwinden kann, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, wie etwa der Stabilität seiner Persönlichkeit oder dem Rückhalt durch Angehörige und Freunde. Gespräche können helfen, die belastenden Erinnerungen und Gedanken zu sortieren. Auf diese Weise schaffen es viele Menschen, mit einem Trauma halbwegs »fertig« zu werden.
Manchmal ist es allerdings unmöglich, schreckliche Erlebnisse aus eigener Kraft zu überwinden. Wenn Betroffene nach mehr als vier Wochen in ihrem Erleben noch stark verändert sind, sprechen Psychologen von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Immer wieder werden sie von ihren Erinnerungen in nächtlichen Alpträumen überwältigt. Oder sie erleben die Situation plötzlich mitten am Tag in sogenannten Flashbacks – sie sehen die Bilder wieder vor sich, sie nehmen Geräusche, Gerüche oder Körperempfindungen wahr. Diese Flashbacks sind so intensiv, als wären sie real.
Das Risiko, dass sich eine PTBS entwickelt, hängt außer von persönlichen Faktoren wesentlich von der Art des Traumas ab. Lebensbedrohliche Gewalt durch einen anderen Menschen zu erfahren, ist in der Regel schwerer zu verarbeiten als ein Verkehrsunfall. Von Bedeutung ist, wie intensiv Angst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust in der traumatischen Situation erlebt wurden. Wiederholt erfahrene Traumata, zum Beispiel von sexualisierter Gewalt, sind besonders schwer zu überwinden.
Menschen mit einer PTBS leiden meist unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Sie sind häufig schreckhaft, leicht gereizt und leben in ständiger Anspannung. Auf Reize, die an das Geschehene erinnern, reagieren sie mit Herzklopfen, Engegefühl in der Brust, Atembeschwerden oder Zittern. Verständlicherweise versuchen Betroffene all das zu vermeiden, was Erinnerungen in ihnen hervorrufen könnte. Sie ziehen sich zurück oder haben oft kein Interesse mehr an Aktivitäten, die ihnen früher wichtig waren. Eine PTBS kann dazu führen, dass Betroffene sich innerlich wie taub fühlen und keine Gefühle mehr wahrnehmen. Manche verdrängen ihre Erlebnisse so stark, dass sie sich an Vieles gar nicht mehr erinnern.
Bei Kindern zeigt sich eine PTBS anders als bei Erwachsenen. Sie werden häufig verhaltensauffällig, zum Beispiel sehr aggressiv, hyperaktiv oder ängstlich. Es ist oft zu beobachten, dass sie das Erlebte zum Beispiel mit Puppen oder Stofftieren immer wieder nachspielen oder entsprechende Bilder malen.