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Knotige Veränderung

Schilddrüsenknoten: heiß oder kalt, gut oder böse

Knotige Veränderungen der Schilddrüse sind sehr häufig. In den meisten Fällen verhalten sie sich still und werden zufällig entdeckt. Maligne Knoten sind extrem selten.
Ulrike Viegener
26.05.2020  13:00 Uhr
Schilddrüsenknoten: heiß oder kalt, gut oder böse

Jeder dritte Deutsche hat Schilddrüsenknoten – bei den über 65-Jährigen soll es sogar jeder zweite sein. Frauen sind viermal häufiger betroffen als Männer. Doch nur ein Bruchteil aller Fälle macht eine Behandlung erforderlich. Handlungsbedarf besteht, wenn die Knoten Beschwerden verursachen oder wenn Verdacht auf Schilddrüsenkrebs besteht.

Maßgeblich für die hohe Prävalenz von Schilddrüsenknoten ist ein allgemein geltender Jodmangel. Zwar hat sich die Versorgung durch den Gebrauch von jodiertem Speisesalz verbessert. Laut Experten ist aber immer noch von einer suboptimalen Versorgungslage auszugehen. Vor allem der Süden Deutschlands gilt auch heute noch als Jodmangelgebiet. Hinzukomme, dass man aktuell mit den Nachwehen einer über Jahrzehnte hinweg herrschenden massiven Unterversorgung konfrontiert werde, so der Bundesverband Deutscher Nuklearmediziner.

Die Schilddrüse braucht Jod, um die Hormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) zu produzieren. Steht zu wenig Jod zur Verfügung, löst dies eine hormonelle Gegenregulation aus: Die Hypophyse produziert vermehrt TSH und die Schilddrüse selbst schüttet Wachstumsfaktoren aus. In der Folge vermehren sich die Schilddrüsenzellen, und es können sich gutartige Schilddrüsentumoren (Adenome) und auch Zysten bilden.

Langsames Wachstum

Einzelne Schilddrüsenknoten sind eher die Ausnahme. Meist sind mehrere Knoten auf einmal vorhanden, die aber in der Regel nur sehr langsam wachsen. Kleine Knoten verhalten sich in aller Regel ruhig. Beschwerden können dann auftreten, wenn einzelne Knoten sehr groß werden oder wenn die ganze Schilddrüse knotig verändert ist und an Größe zunimmt. Eine solche Struma multinodosa liegt bei rund 10 Prozent aller Menschen mit Schilddrüsenknoten vor. Typische Symptome sind der sprichwörtliche »Kloß im Hals«, Heiserkeit und Schluckbeschwerden. Die Funktion der Schilddrüse ist bei knotigen Veränderungen meistens normal. Auch das ist ein wichtiger Aspekt bei der Frage, ob eine Intervention erforderlich ist.

Maligne Knoten und Knoten mit Entartungspotenzial sind äußerst selten. Laut der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) sind nur rund 2 Prozent aller kalten Schilddrüsenknoten bösartig. Kalte Knoten lagern bei der Szintigrafie kaum Jod (beziehungsweise jodähnlichen radioaktiven Tracer) ein. Das heißt, sie produzieren kaum oder gar keine Hormone. Heiße, aktive Knoten hingegen produzieren Schilddrüsenhormone und sind laut der DGE »regelhaft gutartig«. Auf alle Schilddrüsenknoten bezogen, liegt der Anteil maligner Veränderungen deutlich unter einem Prozent.

Das stellt Mediziner vor die Herausforderung, aus dem riesigen Topf knotiger Veränderungen die wenigen potenziell gefährlichen herauszufischen. Die Zielsetzung, keine malignen Tumoren zu übersehen, sollte nicht zu einer Überdiagnostik und Übertherapie führen. Häufig scheint jedoch genau das zu passieren.

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