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Schlafen

Schön und glücklich über Nacht

Schlechter Schlaf raubt uns nicht nur den letzten Nerv – unser Körper braucht die nächtliche Ruhepause auch, um sich zu regenerieren. PTA-Forum hat Experten gefragt, wie jeder das Beste aus der Nacht heraus­holen kann – für Gesundheit, Haut, Figur und Stimmung.
Narimaan Nikbakht
14.02.2019  11:02 Uhr

Sieben bis acht Stunden Schlaf brauchen die meisten Menschen, um am nächsten Tag erholt und leistungsfähig zu sein. Es gibt aber auch deutliche Abweichungen nach oben oder unten. Jeder Mensch benötigt seine ganz individuelle Menge an Schlaf. Gesteuert wird dieses Bedürfnis wahrscheinlich von einem einzigen Gen. Wer sein persönliches Schlafpensum unterschreitet, setzt seine Gesundheit aufs Spiel, könnte auf Dauer gut fünf Jahre älter aussehen und Studien zufolge auch Übergewicht riskieren.

Während der Nachtruhe laufen zahlreiche lebenswichtige Prozesse ab. In Tiefschlafphasen schüttet beispielsweise die Hirnanhangdrüse Wachstumshormone aus, welche die Bildung neuer Zellen anregen. Und das bewirkt Nacht für Nacht kleine Wunder: Wunden können heilen und Knochen wachsen, Haut und Organe erneuern sich. Doch wie können wir es schaffen, uns wirklich gesund zu schlafen?

Das sagt der Schlafforscher

Professor Dr. Ingo Fietze leitet das Interdiszipli­näre Schlafmedizinische Fachzentrum an der Charité Berlin. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Schlafverhalten des Menschen.

Wie viel Schlaf brauche ich nachts?

Fietze: Mindestens sechs Stunden pro Nacht braucht der Körper, um aufzutanken. Fällt der Schlaf zu kurz aus, kommen die Reparaturmechanismen nicht richtig zum Zug. Die Wohlfühl-Schlafmenge liegt durchschnittlich bei 7,2 Stunden. Länger muss man nicht unbedingt in den Federn liegen, da die Reparaturvorgänge der Haut nach sieben Stunden weitestgehend erfolgt sind. Alles was zwischen sechs und neun Stunden liegt, ist normal.

Lassen sich überflüssige Kilos wegschlafen?

Fietze: Fakt ist, dass Schlafmangel zu Über­gewicht führen kann. Die US-amerikanische Schlafakademie und das Schlafforschungs-Zentrum berichteten im Fachjournal »Sleep«, dass Perso­nen mit höchstens sechs Stunden Schlaf mehr an Gewicht zulegen als solche mit mindestens sieben Stunden.

Woran könnte das liegen?

Fietze: Durch den wenigen Schlaf ändert sich das Essverhalten. Es wird vor allem­ in den Abendstunden und morgens­ mehr und ungesünder ge­gessen. Nachts hat man keinen Hunger auf ein Salatblatt. Und der Stoffwechsel, insbesondere der Fettabbau, braucht den gesunden Schlaf.

Warum das?

Fietze: Weil der Körper dann alle Zellen »reinigt«, die tagsüber in Mitleidenschaft gezogen wurden und in denen noch Stoffwechselprodukte »festsitzen«. Dafür benötigt er vor allem Ruhe und Entlastung. Als Energiequelle für diese Tätigkeiten und für die Erhaltung der Körpertemperatur dienen ihm hauptsächlich Kohlenhydrate und dann das Fett aus den Fettzellen. Esse ich abends wenig Kohlenhydrate und schlafe gut, dann kann ich Fett abbauen. Ist der Schlaf jedoch gestört, wird nicht Fett, sondern eher Eiweiß abgebaut.

Kann ich Schlaf auch nachholen?

Fietze: Ja. Wenn Sie unter der Woche zu wenig Nachtruhe hatten, können Sie den Schlaf am Wochenende nachholen. 50 Schlaf­stunden sollten es Ende der Woche mindestens gewesen sein.

Welche anderen Faktoren können den Schönheitsschlaf noch unterstützen?

Fietze: Der ideale Schönheitsschlaf findet in einem gut durchlüfteten, und nicht überheizten Schlafzimmer statt. Neuerdings wissen wir, dass die opti­male Raumtemperatur zum Schlafen zwischen 18 und 23 Grad liegt, also deutlich wärmer als früher empfohlen. Auf Duftstoffe im Schlafzimmer sollte verzichtet werden, da diese auch immer potenzielle Allergene darstellen können. Die Ma­tratze sollte individuell auf die physiologischen Bedürfnisse, zum Beispiel bei Rückenschmerzen, ausgerichtet sein, um einen ruhigen und ungestörten Schlaf zu ermöglichen. Auch regelmäßige Bettzeiten helfen enorm. Zwei Stunden vor dem Zubettgehen sollte man keinen anstrengenden Sport mehr treiben.

Dann auch keinen Sex vor dem Einschlafen?

Fietze: Doch. Sex kann sogar helfen. Die meisten Menschen schlafen danach besser ein.

Wie steht es mit Alkoholgenuss vor dem Schlafengehen?

Fietze: Wer zu viel trinkt, wird nachts häufig wach. Ein Glas Wein ist aber in Ordnung. Eine Flasche Bier ist besser denn Hopfen ist von Natur aus einschlaffördernd.

Und wie sieht das ideale Schlaf­zimmer aus?

Fietze: Ruhig und dunkel. Und möglichst frei von elektronischen Geräten wie Computer, Fernseher und Radio. Der Wecker sollte nur dezent beleuchtet sein, damit man nachts nicht ständig­ hinschaut. Das Verfolgen der Uhrzeit in der Nacht kann zu Frust, Besorg­nis und Verärgerung führen und den Schlaf negativ beeinflussen.

Schichtdienst und Grübel-Attacken

Susanne Kalckoff (44), Kundenberaterin, berichtet: »Seit zwei Jahren arbeite ich im Schichtdienst – seitdem schlafe ich noch schlechter als sonst. Wahrscheinlich liegt es daran, dass meine Arbeits­zeiten so unterschiedlich sind: Mal muss ich zur Frühschicht um halb 6 aufstehen und am nächsten Tag eine Spätschicht bis 19 Uhr machen. Dadurch habe ich überhaupt keine regelmäßigen Schlafzeiten mehr. Und wenn ich nach dem Spätdienst nach Hause komme, finde ich häufig überhaupt keine Ruhe mehr. Dann lassen mich die Geschehnisse des Tages nicht mehr los. Ich denke darüber nach, wie ich hier und da hätte anders reagieren können und bekomme regelrecht eine Grübel-Attacke. Gleichzeitig bin ich genervt, weil ich ja eigentlich schlafen muss. Dann kommt Selbstkritik hinzu: Du schläfst schon wieder nicht, morgen bist du bestimmt total fertig.

Ich habe zwar gehört, dass es helfen soll, dann laut ›Stopp‹ zu sagen. Das klappt bei mir aber nicht. Also döse ich irgendwann erst gegen Morgen wieder ein. Manchmal trinke ich abends warme Milch mit Honig oder Kamillentee – das hilft dann, ein bisschen runter­zukommen. Aber dann so zu schlafen, dass ich am nächsten Morgen ausgeruht aufwache, das habe ich noch nie erlebt.«

 

Das sagt die Dermatologin

Dr. Daniela Wiebels ist Fachärztin für Dermatologie mit eigener Praxis in Hamburg. Zu ihren Behandlungsschwerpunkten gehören die ästhetische und die operative Dermatologie.

Schönheitsschlaf – gibt es den eigentlich wirklich? Die meisten kommen morgens doch ganz zerknautscht aus dem Bett.

Wiebels: Ja, den gibt es tatsächlich. Tagsüber ist unsere Haut verschiedensten Umweltgiften und UV-Strahlung ausgesetzt. Die Haut ist also tagsüber permanent damit beschäftigt, die Schutzfunktion aufrechtzuerhalten. Nachts, wenn wir entspannt sind, steigt dann die Durchblutung und die Nährstoff-Depots werden wieder aufgefüllt. Während wir schlafen, läuft die Zellenerneuerung und Schäden, die am Tag entstanden sind, werden repariert.

Warum passiert das alles nicht auch am Tag?

Wiebels: Weil die Hautzellen genug mit der Abwehr der äußeren Angriffe zu tun haben. Hinzu kommt, dass die Durchlässigkeit der Haut zu nachtschlafender Zeit am höchsten ist. Das Anti-Aging-Programm läuft auf Hochtouren.

Lässt sich diese Regeneration unterstützen, etwa mit Cremes?

Wiebels: Ja. Die Nacht eignet sich hervorragend dazu, die Haut während dieses Erneuerungsprozesses von außen zu unterstützen. Pflegeprodukte, die die Vitamine E und C enthalten, agieren als Radikal­fänger. Sie sind in der Lage, aggressive Sauerstoffmoleküle, die die Hautalterung fördern, unschädlich zu machen. Umweltgifte, UV-Strahlung und auch Rauchen fördern die Bildung dieser freien Radikale. Vitamin-A-Säure in Cremes hemmt den Abbau von Kollagen und fördert deren Neubildung.

Sind die Resultate dann wirklich sichtbar – oder eigentlich nur unter dem Mikroskop zu erkennen?

Wiebels: Die Resultate sind dann auch mit bloßem Auge sichtbar. Allerdings – und das ist wichtig – erst nach drei bis sechs Monaten, weil die Haut dann gut genährt und durchfeuchtet ist. Es ist also in jedem Fall Geduld und Konsequenz gefragt.

Angst vor Schlafmangel

Julie Hobbins (41), kaufmännische Angestellte und Mutter von drei Kindern, berichtet: »Es fing alles vor vier Jahren mit der Geburt meines Jüngsten an. Seit Jim auf der Welt ist, hat er noch keine Nacht durchgeschlafen. Morgens steht er zwischen 4:00 und 4:30 Uhr auf. Dadurch sind natürlich auch meine Nächte unruhig. Mittlerweile liege ich bis 2 oder 3 Uhr wach, weil ich mir so einen Druck mache, einschlafen zu müssen – denn die Nacht ist ja schnell wieder vorbei. Es ist also eine Mischung aus meinem Sohn und meiner Angst vor dem Schlafmangel, die mir den Schlaf raubt. Meine beiden älteren Töchter (heute 14 und 16 Jahre) waren unkompliziert, was das Schlafen angeht.

Eine Psychologin hat mir neulich erzählt, dass viele Menschen zu hohe Erwartungen­ an ihren Schlaf haben. Dabei wacht jeder Mensch mehrfach auf – ohne sich vielleicht bewusst daran­ zu erinnern. Allein das zu wissen, hat mir schon gutgetan, und ich kann mich seitdem etwas besser mit den kleinen Störungen arrangieren.

Als Tipp gab sie mir mit auf den Weg, nachts – wenn möglich – nicht aufzustehen und auch nicht auf die Uhr zu schauen, sondern einfach wie ein Stein im Bett liegenzubleiben und zu versuchen sich mit kleinen Atemübungen zu beruhigen und zu ent­spannen. Und falls es mit dem Ein­schlafen dann trotzdem nicht klappt, sich einfach zu sagen, dass wenigstens der Körper­ nun ausruhen darf. Einen Versuch ist diese Strategie wert!«

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