Selbstmedikation bei Frauenleiden |
Aus dem asiatischen Raum ist bekannt, dass eine sojareiche Ernährung Hitzewallungen wirksam verhindert und Frauen weniger unter Wechseljahresbeschwerden leiden als Frauen, die eine europäische Ernährung gewohnt sind. Verantwortlich dafür sind vermutlich sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe der Sojabohne. Isoflavone und Lignane besitzen eine ähnliche Molekülstruktur wie Estrogene. Sie können an Estrogen-Rezeptoren im Körper binden und sowohl eine Estrogene als auch antiöstrogene Wirkung vermitteln, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie eine Hormonersatztherapie. Neben der Linderung von Wechseljahresbeschwerden wird diskutiert, ob Isoflavone auch auf die Knochendichte, das Herz-Kreislauf-System und die kognitiven Funktionen positive Auswirkungen sowie krebspräventive Eigenschaften haben könnten.
Inwieweit sich die Effekte der asiatischen Ernährung kopieren lassen, ist bisher nicht ganz klar. Während Menschen in Südostasien von der Kindheit an eine sojareiche Ernährung mit bis zu 60 Milligramm Isoflavon pro Tag gewöhnt sind, kommt der durchschnittliche Europäer mit seiner normalen Ernährung auf weniger als 2 Milligramm pro Tag. Höhere Konzentrationen werden in der Regel nur mit Nahrungsergänzungsmitteln erreicht.
Diese werden häufig als »sanfte Hormontherapie« für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden angepriesen. Am weitesten verbreitet sind dabei Produkte aus Soja oder Rotklee, die relativ hohe Konzentrationen an Isoflavonen wie Daidzein, Genistein und Glycitein enthalten. Aber auch Weizenkeime, Hopfen oder Leinsamen haben eine schwach phytoöstrogene Wirkung und sind als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Eine zweifelsfreie Linderung von Wechseljahresbeschwerden ist bisher für keinen Pflanzeninhaltsstoff mit estrogener Wirkung nachgewiesen. Aus diesem Grund empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Einnahme von Isoflavonen aktuell nicht. Die Sicherheit der Anwendung als Nahrungsergänzungsmittel sei besonders bei der Einnahme über einen längeren Zeitraum oder in isolierter und hoch dosierter Form nicht ausreichend belegt. Vor einer unkontrollierten Einnahme verschiedener Präparate warnt das Team um Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule Köln im Bundesgesundheitsblatt. Mitunter kommt es dabei zu Aufnahmemengen, die die von den Herstellern empfohlenen Mengen um ein Vielfaches überschreiten, schreiben die Autoren. Für Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind oder waren, sind Phytoöstrogene grundsätzlich nicht geeignet. Hier verweist die Leitlinie »Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen« der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe auf Johanniskraut, dessen Wirksamkeit gegen Hitzewallungen in kleinen Studien nachgewiesen werden konnte.