PTA-Forum online
Menarche bis Menopause

Selbstmedikation bei Frauenleiden

Im Laufe des Lebens durchwandert der weibliche Körper etliche Phasen hormoneller Umstellungen, die unangenehme Beschwerden mit sich bringen können. Viele davon lassen sich im Rahmen der Selbstmedikation zuverlässig lindern.
Carina Steyer
17.05.2021  12:30 Uhr

Durchschnittlich 400 Zyklen erlebt eine Frau von der Menarche bis zur Menopause. Dass diese nicht immer beschwerdefrei ablaufen, wissen die meisten Frauen nur zu gut. Bereits kurz nach dem Eisprung kann sich das prämenstruelle Syndrom (PMS) bemerkbar machen. Wassereinlagerungen im Bereich von Beinen und Gesicht, Rückenschmerzen, Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung, Heißhunger, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Reizbarkeit, die Liste möglicher Beschwerden ist lang. Für die Selbstmedikation hat sich Mönchspfeffer (Vitex agnus castus) bewährt. Spannungsgefühle in der Brust, Gereiztheit und Unruhe lassen sich oft wirkungsvoll lindern, aber auch Zyklusunregelmäßigkeiten sprechen gut auf Mönchspfeffer an. Bis sich eine Wirkung einstellt, müssen die Präparate jedoch mindestens drei Monate eingenommen werden. Als Nebenwirkung können juckende, allergieartige Ausschläge auftreten. In diesem Fall sollte das Präparat abgesetzt und bei starken Beschwerden ein Arzt aufgesucht werden.

Einnahme bei Schmerzbeginn

Die schmerzhafte Regelblutung (Dysmenorrhö) ist die häufigste Art von Menstruationsbeschwerden. Sie betrifft etwa 90 Prozent aller Frauen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Neben krampfartigen Unterleibsschmerzen, die bis in die Beine und den unteren Rücken ausstrahlen können, sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Schweißausbrüche oder leichter Durchfall häufige Begleiter. Bei circa 10 Prozent der Betroffenen sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass sie zu starken Einschränkungen im Alltag oder zur Arbeitsunfähigkeit führen.

Mittel der ersten Wahl in der Selbstmedikation von Regelschmerzen sind Ibuprofen und Naproxen. Empfohlen wird, mit der Einnahme sofort bei Schmerzbeginn zu starten. Frauen und Mädchen ab zwölf Jahren können bis zu dreimal täglich 400 mg Ibuprofen einnehmen. Für jüngere Mädchen zwischen zehn und zwölf Jahren stehen Präparate mit 200 mg Ibuprofen zur Verfügung (zum Beispiel Nurofen® Schmelztabletten, Mensoton® gegen Regelschmerzen). Naproxen (etwa in Aleve®, Dolormin® für Frauen) ist ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Wirkt eines der beiden Präparate nicht oder nicht ausreichend, lohnt sich der Wechsel auf ein anderes NSAR. Die Selbstmedikation sollte nicht länger als vier Tage erfolgen, halten die Schmerzen länger an, ist ein Arztbesuch zu empfehlen. Dasselbe gilt für Frauen, bei denen der Verdacht auf eine sekundäre Dysmenorrhö besteht. Anders als bei der primären Dysmenorrhö, die meist bei jungen Mädchen in den ersten Jahren nach der Menarche auftritt und im Laufe der Jahre nachlässt, kommt die sekundäre Dysmenorrhö oft bei Frauen über 30 Jahren vor. Auslöser sind mitunter Erkrankungen wie eine Endometriose oder Myome.

Das letzte Mal

Die letzte Regelblutung findet im Durchschnitt mit 51 Jahren statt. Die Anpassung des Körpers an die sinkende Hormonkonzentration beginnt jedoch schon einige Jahre vor der Menopause und auch danach kann sie noch mehrere Jahre andauern. Zu den häufigsten Wechseljahresbeschwerden gehören Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche, die wiederum Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit sowie Stimmungsschwankungen begünstigen. Einige Frauen klagen zudem über vaginale Trockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Beschwerden beim Wasserlassen oder Dranginkontinenz, Angstgefühle und Depressionen, plötzliches Herzklopfen und Herzrasen sowie Hauttrockenheit.

Das Ausmaß der Beschwerden ist von Frau zu Frau ganz unterschiedlich. Während einige nur wenig unter der Symptomatik leiden, fühlt sich etwa ein Drittel der Frauen in ihrer Lebensqualität sowie ihrer Funktionsfähigkeit in Beruf und Alltag stark eingeschränkt. Lange schien die Hormonersatztherapie eine geeignete Option, um diesen Frauen zu helfen, bis Anfang der 2000er-Jahre die Women´s-Health-Initiative-Studie veröffentlicht wurde. Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für eine koronare Herzerkrankung, Thromboembolie, einen Schlaganfall und Brustkrebs durch die Hormonersatztherapie ließ die Zahl der Verordnungen deutlich sinken. Nachdem die Studienergebnisse 2013 reevaluiert wurden und die Autoren 2016 auf eine Missinterpretation ihrer Daten hinwiesen, wird die Hormonersatztherapie inzwischen für Frauen mit starken Beschwerden, die jünger als 60 Jahre sind oder deren Menopause weniger als zehn Jahre zurückliegt, von nationalen und internationalen Fachgesellschaften wieder für einen begrenzten Zeitraum empfohlen.

Gegen Hitzewallungen

Viele Frauen möchten dennoch eine Hormontherapie vermeiden und bevorzugen »sanftere« Mittel. Zu den am besten untersuchten Pflanzen im Bereich der Wechseljahresbeschwerden gehören die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) sowie die Rhapontik-Rhabarberwurzel (Rheum rhaponticum). 

Die Traubensilberkerze ist in Deutschland als Arzneimittel zur Linderung klimakterischer Beschwerden zugelassen und kann bei Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Nervosität und Verstimmungszuständen empfohlen werden. In der Beratung wichtig: Frauen mit einer aktuellen oder überstandenen Brustkrebserkrankung oder einer Lebererkrankung sollten vor der Einnahme Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten. Zwar weiß man heute, dass Isoflavone, die eine phytoöstrogene Wirkung haben, im Wurzelstock der Traubensilberkerze nicht vorkommen, mitunter wird aber immer noch eine anderweitige östrogenartige Wirkung der Pflanze vermutet. Auch wenn bereits eine Hormonersatztherapie durchgeführt wird, sollten Frauen die zusätzliche Einnahme ärztlich abklären. Zudem ist es für die Kundin wichtig zu wissen, dass die Wirkung erst nach einigen Wochen eintritt und auch unerwünschte Nebenwirkungen möglich sind. Dazu gehören Magenbeschwerden, Übelkeit, Muskel- und Gelenkbeschwerden. Rhabarberwurzel-Extrakt ist besonders hilfreich bei Hitzewallungen, wirkt jedoch auch gegen Ängstlichkeit, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen.

Umstrittene Nahrungsergänzung

Aus dem asiatischen Raum ist bekannt, dass eine sojareiche Ernährung Hitzewallungen wirksam verhindert und Frauen weniger unter Wechseljahresbeschwerden leiden als Frauen, die eine europäische Ernährung gewohnt sind. Verantwortlich dafür sind vermutlich sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe der Sojabohne. Isoflavone und Lignane besitzen eine ähnliche Molekülstruktur wie Estrogene. Sie können an Estrogen-Rezeptoren im Körper binden und sowohl eine Estrogene als auch antiöstrogene Wirkung vermitteln, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie eine Hormonersatztherapie. Neben der Linderung von Wechseljahresbeschwerden wird diskutiert, ob Isoflavone auch auf die Knochendichte, das Herz-Kreislauf-System und die kognitiven Funktionen positive Auswirkungen sowie krebspräventive Eigenschaften haben könnten.

Inwieweit sich die Effekte der asiatischen Ernährung kopieren lassen, ist bisher nicht ganz klar. Während Menschen in Südostasien von der Kindheit an eine sojareiche Ernährung mit bis zu 60 Milligramm Isoflavon pro Tag gewöhnt sind, kommt der durchschnittliche Europäer mit seiner normalen Ernährung auf weniger als 2 Milligramm pro Tag. Höhere Konzentrationen werden in der Regel nur mit Nahrungsergänzungsmitteln erreicht.

Diese werden häufig als »sanfte Hormontherapie« für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden angepriesen. Am weitesten verbreitet sind dabei Produkte aus Soja oder Rotklee, die relativ hohe Konzentrationen an Isoflavonen wie Daidzein, Genistein und Glycitein enthalten. Aber auch Weizenkeime, Hopfen oder Leinsamen haben eine schwach phytoöstrogene Wirkung und sind als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.

Alternativen finden

Eine zweifelsfreie Linderung von Wechseljahresbeschwerden ist bisher für keinen Pflanzeninhaltsstoff mit estrogener Wirkung nachgewiesen. Aus diesem Grund empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Einnahme von Isoflavonen aktuell nicht. Die Sicherheit der Anwendung als Nahrungsergänzungsmittel sei besonders bei der Einnahme über einen längeren Zeitraum oder in isolierter und hoch dosierter Form nicht ausreichend belegt. Vor einer unkontrollierten Einnahme verschiedener Präparate warnt das Team um Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule Köln im Bundesgesundheitsblatt. Mitunter kommt es dabei zu Aufnahmemengen, die die von den Herstellern empfohlenen Mengen um ein Vielfaches überschreiten, schreiben die Autoren. Für Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind oder waren, sind Phytoöstrogene grundsätzlich nicht geeignet. Hier verweist die Leitlinie »Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen« der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe auf Johanniskraut, dessen Wirksamkeit gegen Hitzewallungen in kleinen Studien nachgewiesen werden konnte.

Aktiv angehen

Stehen depressive Beschwerden im Vordergrund, können ebenfalls Johanniskraut-Präparate empfohlen werden. Einige Präparate sind auch in Kombination mit Traubensilberkerze erhältlich. Bei der Abgabe sollte auf mögliche fotosensibilisierende Effekte und Wechselwirkungen hingewiesen werden. Klagen Kundinnen über Scheidentrockenheit, stehen für die Selbstmedikation feuchtigkeitsspendende Gele oder Cremes zur Verfügung, zum Beispiel Multi-Gyn® LiquiGel und Vagisan® Feuchtcreme. Bei starkem Schwitzen kann das Trinken von kaltem Salbeitee eine wirksame Maßnahme darstellen.

Darüber hinaus können ein gezielter Stressabbau und aktive Entspannung mithilfe von autogenem Training, Yoga oder Meditation, eine gesunde Lebensführung und ausgewogene Ernährung sowie Sport helfen, den hormonellen Wechsel als weniger belastend zu empfinden. Das gilt nicht nur für die Wechseljahre, sondern auch für PMS- und Menstruationsbeschwerden.

TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa