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Sichelzellkrankheit jetzt Teil des Neugeborenenscreenings

Alle Neugeborenen in Deutschland wird wenige Tage nach der Geburt Blut entnommen und auf verschiedene schwerwiegende Erkrankungen untersucht. Seit September 2021 ist auch die Sichelzellkrankheit dabei.
Carina Steyer
10.09.2021  12:30 Uhr
Sichelzellkrankheit jetzt Teil des Neugeborenenscreenings

Das Neugeborenenscreening soll seltene Erkrankungen des Stoffwechsels-, des Hormon- und des Immunsystems erkennen, bei denen eine frühzeitige Behandlung schwere Organschäden, eine körperliche oder geistige Behinderung sowie den vorzeitigen Tod der betroffenen Kinder verhindern kann. Dafür wird nach Vorgabe der Kinder-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), nach Einwilligung durch die Eltern, zwischen der 36. und 72. Lebensstunde meist Fersen-, seltener Venenblut gewonnen, auf Filterpapierkarten getropft und auf die verschiedenen Zielerkrankungen getestet.

Seit September werden die Säuglinge neu auch auf die Sichelzellkrankheit gescreent. Sie wird durch eine Punktmutation verursacht, die eine Veränderung der strukturellen Eigenschaften des Haupthämoglobins bewirkt. Die Folge: Ist das veränderte Hämoglobin nicht mit Sauerstoff beladen, verkleben die Hämoglobinmoleküle miteinander und die Erythrozyten nehmen eine sichelförmige Gestalt an. Im Vergleich zu gesunden Erythrozyten sind die sogenannten Sichelzellen weniger flexibel, erhöhen die Blutviskosität und zerfallen schneller (Hämolyse). Statt einer Lebensdauer von 120 Tagen erreichen sie maximal 12 Tage. Dadurch kommt es einerseits zu einer Blutarmut und andererseits zu einer Verstopfung der Blutgefäße durch die Sichelzellen. Betroffene Organe und Gewebe werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was wiederum Gewebeschäden zur Folge hat. Diese gehen oft mit Schwellungen und starken Schmerzen einher, Mediziner sprechen von Schmerzkrisen.

Unbehandelt führt die Sichelzellkrankheit zu einer Schädigung fast aller Organe, des Knochenmarks und des ZNS. In den ersten Lebensjahren ist jedoch vor allem die Milz betroffen. Sie kann dadurch ihrer Abwehrfunktion gegen Erreger weniger gut nachkommen. Die häufigen Infekte im Kleinkindalter können für Kinder mit Sichelzellkrankheit daher schnell lebensbedrohend werden.

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