So kann die PTA-Ausbildung in Teilzeit funktionieren |
Juliane Brüggen |
14.12.2022 14:00 Uhr |
Mit der Teilzeitausbildung möchte die Völker-Schule Personen ansprechen, für die eine Vollzeitausbildung aus zeitlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht infrage käme. / Foto: Völker-Schule Osnabrück
Die Struktur der PTA-Ausbildung bleibt auch nach dem Inkrafttreten des PTA-Reformgesetzes gleich: Nach einer zweijährigen schulischen Ausbildung folgt ein sechsmonatiges Praktikum in der Apotheke. Neu ist allerdings, dass es die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung geben soll. Diese darf laut Gesetz maximal fünf Jahre dauern. Burkhard Pölzing, Apotheker und Leiter der PTA-Schule an der Völker-Schule Osnabrück, erklärt im Gespräch mit PTA-Forum, wie ein Teilzeitmodell aussehen kann.
PTA-Forum: Die Völker-Schule wird ab August 2023 eine dreijährige Ausbildung in Teilzeit anbieten. Wie sieht das Modell an Ihrer Schule aus?
Pölzing: Das ist eine ganz simple Rechnung: Wir haben die gesamte Ausbildungszeit auf drei Jahre verteilt anstatt auf zwei. Dann ergibt sich eine geringere Stundenbelastung pro Tag und man kann die Ausbildung auf vier Tage pro Woche verteilen. Von montags bis donnerstags ist der Unterricht immer vormittags, das entspricht fünf bis sechs Stunden pro Tag. Der Freitag wird immer frei sein, die Schulferien sind ganz normal. In Niedersachsen haben wir die Besonderheit, dass wir voraussichtlich insgesamt 2720 Stunden haben werden [Anm.: Landtag muss noch zustimmen]; mit den vorgeschriebenen 2600 Stunden kann man das aber genauso umsetzen.
Die genaue Unterrichtverteilung ist noch Arbeit, da wir keine klassische wissenschaftliche Fachsystematik haben, sondern Lernfelder, die praxisorientiert sind. Ein Feld ist beispielsweise »Arzneimittelherstellung« mit galenischen Übungen und Galenik-Theorie. Es wird außerdem ein neues Lernfeld zu pharmazeutischen Dienstleistungen geben.
Wichtig ist, dass in Teilzeit die gleiche Ausbildungsleistung erbracht wird wie in Vollzeit, nur eben zeitlich gestreckt. An den Versetzungs- und Zulassungsregeln ändert sich nichts. Auch das 6- oder wahlweise 12-monatige Apothekenpraktikum bleibt bestehen.
PTA-Forum: Wen möchten Sie mit dem Angebot ansprechen?
Pölzing: Der PTA-Beruf ist bereits in der Ausbildung durch einen sehr hohen Frauenanteil geprägt, oftmals auch mit Migrationshintergrund. Ein nicht unbedeutender Teil dieser Gruppe ist womöglich mit der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen betraut. Es gibt außerdem Personen, die langsamer lernen oder sprachliche Hemmnisse haben. Nicht zuletzt spielt die wirtschaftliche Situation eine Rolle, wenn es um die Entscheidung für oder gegen die Ausbildung geht.
Ich habe mir Gedanken gemacht, wie wir mit dieser Situation umgehen können. Wir müssen raus aus der Belastung dieser Personengruppen und eine Flexibilisierung erreichen. Wir machen daher ein passendes Angebot und sagen: Es ist möglich die Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Das ist hilfreich, um familiäre Aufgaben zu erfüllen, sprachliche Defizite aufzuarbeiten oder fachliche Probleme zu bewältigen. Die gewonnene, unterrichtsfreie Zeit kann auch eine notwendige wirtschaftliche Entlastung für die betreffenden Personen und deren Familien bedeuten. Eine angemessen vergütete Tätigkeit in der wohnortnahen Apotheke, zum Beispiel ein Minijob, wäre in diesem Fall einer ausbildungsfernen Tätigkeit vorzuziehen. Entsprechende positive Signale bewährter Apothekenpartner liegen bereits vor.
PTA-Forum: Ist eine Kooperation mit öffentlichen Apotheken vorgesehen? Falls ja, wie sieht diese aus?
Pölzing: Wir arbeiten mit Apotheken schon länger kooperativ zusammen. Unser Ansatz geht über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Wir haben gemeinsam mit regionalen Apotheken einen Verein zur Förderung der Ausbildung gegründet, der intensive Netzwerkarbeit leistet – es geht zum Beispiel um Fachkräftemarketing, Vernetzung von Fachkräften, Förderung von Unternehmen und das Etablieren von Weiterbildungen.
Dann bin ich bemüht, nicht nur für Schulen und Apotheken eine Win-Win-Situation herzustellen, sondern auch für die Schülerinnen und Schüler. Der Verein verbindet die Apotheken mit der PTA-Schule und mit den PTA-Schülern. Schule darf sich nicht abkoppeln vom Apothekenbetrieb. Wir müssen zusammenarbeiten, schon bevor die Ausbildung beginnt.
In der Schule üben die Schülerinnen und Schüler Beratungsgespräche, eine verträgliche Nebentätigkeit in einer öffentlichen Apotheke kann weitere Einblicke in die Praxis geben. / Foto: Völker-Schule Osnabrück
PTA-Forum: Denken Sie, Schülerinnen und Schüler profitieren während der Schulzeit von der Arbeit in der Apotheke?
Pölzing: Die Auszubildenden können natürlich nebenbei in einer Apotheke arbeiten, wenn sie möchten. Eine Tätigkeit am Arbeitsplatz fördert die Motivation gewaltig und ermöglicht es, besser einen Zusammenhang mit der Praxis herzustellen, auch wenn die Ausbildung in Niedersachsen durch die Lernfelder schon sehr praxisnah gestaltet ist.
Es ist aber nicht unsere Empfehlung, die freie Zeit bei einer Vollzeitausbildung in Arbeit zu investieren. Eine Teilzeitausbildung ermöglicht es wiederum deutlich mehr Auszubildenden einer verträglichen Nebentätigkeit nachzugehen, die nicht zwangsläufig in der Apotheke erfolgen muss.
PTA-Forum: Wird es in Niedersachsen ein einheitliches Konzept geben oder entscheidet jede Schule, ob und in welcher Form sie die Teilzeitausbildung anbieten wird?
Pölzing: Wir sind bundesweit die erste Schule mit dem Teilzeitangebot. Ich weiß, dass die ganze Bundesrepublik wissen will, wie und ob das funktioniert. Obwohl das Recht auf die Teilzeitausbildung gesetzlich verbrieft ist, war es ein langer Weg, das Konzept mit der Behörde abzustimmen. Das kann in jedem Bundesland anders sein. Man wird schauen müssen, wie erfolgreich es ist, und sich dann in Niedersachsen und anderen Bundesländern auf den Weg machen. Ich habe auch die Rückmeldung bekommen, dass das Konzept für andere Ausbildungen interessant sein könnte.
Man muss als Schule natürlich bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zum Beispiel das Personal haben und die Klassengröße. Die Schulstruktur spielt eine Rolle. Ob jede Schule eine Genehmigung bekommt, liegt im Ermessen der zuständigen Behörden.