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Pharmazeutische Dienstleistungen

So läuft die Inhalatoren-Schulung ab

Vor der Anwendung schütteln? Gleichzeitig einatmen und auslösen? Die Handhabung von Inhalationsgeräten bedarf einiger Erklärungen. Nun können Apotheken die Inhalatoren-Schulung als pharmazeutische Dienstleistung anbieten.
PZ
26.07.2022  12:00 Uhr

Die strukturierte Inhalativa-Schulung können Apotheken nun als »erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik« anbieten. Für die pharmazeutische Dienstleistung erhalten Apotheken 20 Euro (netto), abgerechnet wird quartalsweise über den Nacht- und Notdienstfonds. 

Ziele der Maßnahme sind laut Leistungsvereinbarung

  • Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) durch Erkennen und Lösen bestehender oder die Prävention potenzieller arzneimittelbezogener Probleme
  • Erhöhung der Effektivität der Arzneimitteltherapie
  • Verbesserung der Qualität der Arzneimittelanwendung
  • Förderung der Therapietreue
  • Verbesserung des Erreichens von Therapiezielen
  • Förderung der Therapieakzeptanz und Gesundheitskompetenz der versicherten Person

Wem sollte die Inhalativa-Schulung angeboten werden?

Anspruchsberechtigt sind alle Versicherten ab einem Alter von sechs Jahren mit einer Neuverordnung eines Devices, Device-Wechsel oder die während der vergangenen zwölf Monate laut Selbstauskunft keine Einweisung mit praktischer Übung für ihr aktuelles Inhalationssystem in einer Arztpraxis oder Apotheke erhalten haben und nicht in das Disease-Management-Programm (DMP) Asthma oder COPD eingeschrieben sind.

Damit hat jeder Patient mindestens einmal im Jahr Anspruch auf diese pharmazeutische Dienstleistung. Welche Indikation vorliegt, ist unerheblich, solange der Patient ein Inhalativum benötigt.

Welche Voraussetzungen müssen Apotheke und Personal erfüllen?

Durchgeführt werden darf die Leistung vom pharmazeutischen Personal mit abgeschlossener Berufsausbildung, also neben Apothekerinnen und Apothekern auch von PTA, Pharmazieingenieuren, Apotheker- und Apothekenassistenten, nicht aber von Pharmazeuten im Praktikum oder PTA im Praktikum. Eine Zusatzqualifikation ist nicht erforderlich. Hilfreich ist es, sich zuvor mit der Standardarbeitsanweisung (SOP) »Patientenberatung zur korrekten Anwendung inhalativer Arzneimittel« und der Checkliste »Korrekte Anwendung inhalativer Arzneimittel« vertraut zu machen.

Es empfiehlt sich, die Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufe vorab im Team festzulegen und ein Terminmanagement einzuführen. Bei Einlösung eines Rezepts für ein Inhalations-Device kann das pharmazeutische Personal die Berechtigten auf die Schulung und deren Nutzen ansprechen. Bei Stammkunden kann ein Vermerk in der Patientendatei hinterlegt werden. Die Einweisung und Übung sollte zeitnah zur Abgabe des Arzneimittels erfolgen. Mit »zeitnah« ist in der Regel ein Zeitraum von bis zu vier Wochen gemeint.

Empfohlen wird, die Schulung in einem Beratungsraum oder abgeschirmten Bereich durchzuführen, um eine vertrauliche Betreuung zu gewährleisten. Am besten besorgt sich die Apotheke, sofern noch nicht vorhanden, Dummys/Placebo-Versionen aller gängigen Inhalatortypen von den Herstellern. Diese sollten zur Schulung bereitliegen, ebenso wie die notwendigen Dokumente. 

Strukturiertes Vorgehen in der Apotheke

Wie bei jeder pharmazeutischen Dienstleistung ist eine schriftliche Vereinbarung nötig. Hierzu steht auf der ABDA-Website eine Lang- und eine patientenverständliche Kurzversion bereit. Der Patient soll nun den Umgang mit seinem neuen Device lernen beziehungsweise sollen mögliche Anwendungsfehler detektiert und korrigiert werden. 

Zunächst weist der Apothekenmitarbeiter den Patienten in die Nutzung des Devices ein und demonstriert die Anwendung. In der Checkliste dokumentiert er zunächst den Patientennamen, das verwendete Präparat mit seinen Inhaltsstoffen sowie das verwendete Inhalationssystem, gegebenenfalls auch die Nutzung eines Spacers.

Dann fordert der Apothekenmitarbeiter den Patienten auf, zu zeigen, wie er seinen Inhalator normalerweise anwendet. Der Apothekenmitarbeiter beobachtet genau und dokumentiert jeden einzelnen Anwendungsschritt als richtig oder falsch in der Checkliste mit 19 Schritten – von der Überprüfung, ob das Gerät technisch funktionsfähig und sauber ist, bis zur Mundspülung, falls ein Glucocorticoid inhaliert wurde. Manche Fehlerquellen treten bei einzelnen Inhalationssystemen nicht auf. So müssen beispielsweise Pulverinhalatoren im Gegensatz zu Dosieraerosolen nicht vor dem Inhalieren geschüttelt werden.

Treten Anwendungsfehler auf, geht der Apothekenmitarbeiter auf jeden einzelnen ein und erläutert, worauf der Patient achten muss. Dazu kann er auch Schulungsvideos oder Demomaterial nutzen. Anschließend übt er mit dem Patienten die korrekte Anwendung. Die Apotheke kann ihm auch schriftliche Informationen und Anleitungen für sein Device mitgeben.

Zum Schluss quittiert der Patient den Erhalt dieser pharmazeutischen Dienstleistung. Mit dieser Dokumentation kann die Apotheke die Dienstleistung nun über ein Musterformular über das Sonderkennzeichen SPZN 17716783 abrechnen.

Pharmazeutische Bedenken anmelden

Kommt es trotz wiederholter Schulung weiterhin zu Handhabungsfehlern, die Einfluss auf die Effektivität der Pharmakotherapie haben können, sollte laut SOP über einen Wechsel des Inhalationssystems nachgedacht werden, wenn beim verordneten Wirkstoff entsprechende Alternativen verfügbar sind. Achtung: »Eine Umstellung des Inhalationssystems muss durch den behandelnden Arzt vorgenommen werden, der in diesen Fällen über die Problematik und mögliche Alternativen zu informieren ist«, heißt es in der SOP.

Soll im Rahmen von Rabattverträgen ein Inhalationssystem ausgetauscht werden, besteht nach wie die Möglichkeit des Apothekers, pharmazeutische Bedenken anzumelden, wenn die Adhärenz voraussichtlich trotz Schulung leiden wird.

Schulungen in Apotheken wirken

Bereits 2007 konnte die ABDABundesvereinigung Deutscher Apothekerverbändemit der VITA-Studie zeigen, dass vier von fünf Patienten mit Asthma oder COPD Fehler bei der Anwendung ihres Inhalationssystems (Device) machen, egal ob Dosieraerosol oder Pulverinhalator. VITA steht für »Verbesserung der Inhalationstechnik von Menschen mit Asthma und COPD in Apotheken«. An dieser Studie nahmen 750 erwachsene Patienten in 55 Apotheken teil. Dabei konnte auch gezeigt werden, dass eine einmalige Schulung zum Umgang mit dem eigenen Inhalator in der Apotheke den Anteil der Patienten, denen Fehler beim Inhalieren unterlaufen, von vorher 80 Prozent auf 21 Prozent senkt. In der Folge wurden Apotheker 2009 erstmals mit in die Nationale Versorgungsleitlinie Asthma eingebunden. 

In der aktuellen Version der NVL heißt es, dass die Patienten bei der Erstverordnung sowie regelmäßig in der korrekten Arzneimittelanwendung und Inhalationstechnik »durch den Arzt oder eine geschulte Fachkraft und gegebenenfalls zusätzlich durch einen entsprechend qualifizierten Apotheker« überprüft werden sollen; die primäre Verantwortung für die Einweisung liegt jedoch beim Arzt. Bei einem ärztlich nicht vorgesehenen Wechsel des Inhalationssystems, zum Beispiel aufgrund von Rabattverträgen, soll der Apotheker die Einweisung übernehmen.

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