So reagiert man auf respektlose Kunden |
Respektloses Verhalten von Kunden ist in der Apotheke keine Seltenheit. Hier hilft vor allem: Ruhig und sachlich bleiben. / Foto: Adobe Stock/xalanx
Respektlos verhält sich, wer anderen Menschen abfällig und geringschätzend begegnet. Als respektlos wird oft auch erlebt, wenn unterschiedliche Werte aufeinandertreffen. Wie genau das aussehen kann, darüber diskutiert Kommunikationstrainerin Britta Odenthal in dem Webinar »Umgang mit kniffligen Situationen am Telefon und in der Offizin« des Bundesverbands der PTA (BVpta) mit teilnehmenden PTA, PKA und Apothekern. Speziell bezogen auf das berufliche Umfeld der Apotheke nennen die Teilnehmer als respektloses Verhalten besonders oft das sofortige Pöbeln bei Reklamationen und persönliche Angriffe und Beleidigungen. In einem der Webinare wurden dazu zwei konkrete Beispiele aus der Praxis besprochen.
Beispiel 1: Ein Kunde betritt die Apotheke und pöbelt sofort los: »Ein Saftladen ist das hier!« Die PTA entgegnet: »Was erlauben Sie sich? Wenn Sie nicht… dann aber…“ Das ist sicher eine Reaktion, die ungeübten und temperamentvollen Menschen als erstes in den Sinn kommt. In der Apotheke ist diese Reaktion jedoch nicht förderlich.
Wird ein Verhalten oder eine Aussage als respektlos bewertet, dann stellt sich der Körper auf Angriff ein. Er schüttet Adrenalin aus, die Pupillen verengen sich, man beginnt, leicht zu schwitzen und die Muskeln spannen sich an. Das Gehirnareal, das für Souveränität und gute Antworten zuständig ist, geht allerdings offline. Die gute Nachricht ist jedoch: Souveränes Verhalten lässt sich trainieren.
Jetzt heißt es erst einmal durchatmen und mit Gegenfragen kontern, denn ehrlich gemeinte Fragen hemmen die Adrenalinausschüttung bei Ihnen und Ihrem Gegenüber. Fragen Sie also: »Was genau hat Sie so aufgebracht?« Der Kunde brüllt weiter: »Alles Schnarchnasen hier«. Er ist richtig unter Druck, die »Schnarchnase« als persönlichen Angriff kann man erst einmal überhören und weiter versuchen, herauszufinden, warum er so aufgebracht ist. Sie: »Was genau ist Ihrer Meinung nach schiefgelaufen?« Jetzt muss er nachdenken und sich erst einmal sammeln. Kunde: »Hier klappt aber auch gar nichts.« »Doch, durchaus, aber bei Ihnen höre ich, ist etwas falsch gelaufen. Was genau ist passiert?« Da Sie nicht auf sein aufgebrachtes Verhalten anspringen, wird er Ihnen wahrscheinlich bald erklären, was los ist. Und Sie können die Situation klären. Wenn Sie Ruhe bewahren, können Sie die Regeln bestimmen und das Gespräch weiter führen. Souveränität verschafft immer Achtung.
Bleiben Sie souverän, weisen Sie den Kunden nicht zurecht, sondern treten ihm mit freundlicher, zugewandter Haltung gegenüber. Ihre Mission: Sie möchten den Fall einfach sachlich aufdecken. Oft geht es sogar so aus, dass der Kunde sich am Ende für sein Verhalten entschuldigt. Sie haben ihn die ganze Zeit ernst genommen, haben sich aber von seiner schlechten Laune nicht anstecken oder aus Ihrer Mitte bringen lassen, das ist entscheidend.
Es hat ja im Grunde nichts mit Ihnen zu tun, selbst wenn sich herausstellt, dass Sie einen Fehler gemacht haben. Es ist die Eigenschaft dieses Kunden, so aggressiv und aufgebracht zu reagieren. Beschwerden kann man auch in Ruhe klären. Wenn Sie ruhig bleiben, zeigen Sie aber, dass das Anliegen des Kunden ernst genommen und beachtet wird. Denn kaum jemand, der so aufgebracht ist, wird es oft erlebt haben, dass er ernst genommen wird, deshalb ist er ja von Anfang an so laut und aggressiv.
Wann aber ist es zu viel und wie geht man mit großen Unverschämtheiten um? Für den Fall, dass Sie ein Verhalten oder persönlicher Angriff geradezu sprachlos macht, kann es hilfreich sein, für echte Grenzgänger-Kunden eine Antwort parat zu haben, die Sie auch vorher im Team diskutieren und mit der Apothekenleitung abstimmen können.
Hierzu ein weiteres Beispiel: Der Kunde kommt herein und startet sofort einen Angriff: »Wer sind Sie eigentlich, Sie tragen ja noch nicht mal ein Namensschild. Ich kenne Sie nicht. Sind Sie hier die Putzfrau? Die darf doch gar nicht bedienen, oder?«
Beziehen Sie sich in einem solchen Fall komplett auf Ihre Rolle: Sie sind PTA oder Apotheker. Und diese Expertise bieten Sie dem Kunden an. Ihre eigenen Gefühle, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft treten in den Hintergrund. Es gibt nur noch den Profi. Das hilft enorm, eine Distanz zwischen Ihnen und Ihrem Gegenüber aufzubauen und sich selbst vor diesem Angriff innerlich zu schützen. Zusätzlich kommt es darauf an, was Sie im Team und mit Ihrem Chef vereinbart haben, wie weit Sie sich abgrenzen dürfen und wann Sie einen solchen Kunden auch der Apotheke verweisen dürfen, mit oder ohne Einlösung des Rezeptes.
Eine mögliche Reaktion könnte etwa so aussehen: »Wenn Sie hier sind, um ein Rezept einzulösen, werde ich das für Sie tun. Danach bitte ich Sie (fordere ich Sie auf), diese Apotheke zu verlassen (und sie nicht wieder zu betreten).«
Was Ihnen zusätzlich dabei helfen kann, in solchen Momenten ruhig zu bleiben: Nehmen Sie sich schon am Morgen für den Tag ein Ziel vor. Zum Beispiel: Wie will ich heute Abend nach Hause kommen? Mit Ärger in mir oder mit frischer Energie für Abendaktivitäten? Wenn Sie sich schon morgens vornehmen, mit guter Energie aus dem Arbeitstag herauszugehen und sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen, kann das dabei helfen, das auch in die Tat umzusetzen.