Sommer, Sonne, Hautschutz |
Gut behütet an den Strand: Dafür sorgen ein Sonnenschirm, eine Kopfbedeckung und ausreichend Sonnencreme. / Foto: Getty Images/Geri Lavrov
Eigentlich sollte man denken, dass das Wissen um die Notwendigkeit eines Sonnenschutzpräparates im Sommer auch in unseren Breiten beim Verbraucher angekommen ist. Doch Studien zeigen immer wieder, dass dem nicht so ist. So verwenden die meisten Deutschen ihren Sonnenschutz nur im Urlaub, belegt etwa eine Studie der Universität Erlangen aus dem Jahr 2012, bei der mehr als 2600 Familien aus der Stadt und ihrem Umland befragt wurden. Während knapp 80 Prozent aller Eltern ihr Kind am Ferienort mehrmals täglich mit Sonnenschutzmitteln versorgten, taten dies auf dem heimischen Spielplatz nur 30 Prozent. Zudem vernachlässigten die Eltern den Sonnenschutz zunehmend mit dem Alter der Kinder.
Das passt zu fünf Jahre alten Beobachtungen aus Schweden, nach denen die Häufigkeit von Sonnenbränden mit dem Alter der Kinder zunimmt. Fatal, gilt es doch als gesichert, dass häufige Sonnenbrände im Kindesalter das Risiko, im Erwachsenenalter ein malignes Melanom, Plattenepithel- oder Basalzellkarzinom zu entwickeln, deutlich erhöhen.
Die Haut von Kindern ist erst etwa ab dem zwölften Lebensjahr mit der eines Erwachsenen vergleichbar. Bis dahin sind Stratum corneum und Epidermis dünner, Eigenschutzmechanismen noch nicht voll ausgeprägt. So kann Kinderhaut UV-Schäden nur unzureichend beheben und noch nicht schnell und ausreichend Pigmente produzieren. Eine Lichtschwiele in dem Sinn gibt es noch nicht.
Ein kindgerechtes Sonnenschutzmittel muss hohe bis sehr hohe Lichtschutzfaktoren (LSF) enthalten. In hiesigen Breitengraden sollte der LSF mindestens 30, in sonnenintensiveren Ländern 50 oder 50+ betragen. Da die Haut von (Klein)kindern in ihrer Eigenschutzzeit und Reaktion auf UV-Strahlen dem hochempfindlichen Pigmentierungstyp I entspricht und sehr anfällig für akute Erythemschäden ist, bietet nur ein LSF ab 30 sicheren Schutz.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Wirkprinzipien, nach denen die Präparate arbeiten. Ein physikalischer Sonnenschutz basiert auf Mikropigmenten wie Titandioxid oder Zinkoxid. Diese reflektieren das UV-Licht, sodass es nicht in die Haut eindringen kann. Chemische Filter absorbieren die energiereiche Strahlung und wandeln sie in Wärme um.
Durch die Mikronisierung der Partikel in den Nanobereich gelang es, den Weißeleffekt physikalisch wirkender Präparate weitgehend verschwinden zu lassen. Er ist nur noch als leicht opaleszierend wahrnehmbar. Präparate ausschließlich auf der Basis von Mikropigmenten tragen auf der Verpackung den Hinweis »chemical free« oder »ohne chemische UV-Filter« und werden bevorzugt für Kinder empfohlen. Mikropigmente gelten als besonders gut hautverträglich. Verschiedene Forschergruppen haben gezeigt, dass nanopartikuläres Titandioxid und Zinkoxid die Hautbarriere nicht überwinden und nicht mit lebenden Zellen in Kontakt kommen.
Allerdings hat sich gezeigt, dass Sonnenschutzmittel, die nur Mikropigmente enthalten, die Haut schlecht vor UV-A-Strahlen schützen. Viele moderne Formulierungen kombinieren deshalb die beiden Wirkprinzipien und arbeiten auch nicht mit getrennten UV-A- und UV-B-Filtern. Sie setzen auf Breitbandfilter, die den gesamten UV-Bereich abdecken. Grundsätzlich verfolgt man bei Sonnenschutzpräparaten für Kinder das Prinzip, dass der UV-Schutz nur zu einem möglichst geringen Anteil durch den chemischen Filter abgedeckt werden sollte. Die Mikropigmente sollen den Hauptanteil ausmachen.
Professor Dr. Peter Höger vom Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg empfahl jüngst beim Pharmacon in Meran eine strengere Vorgehensweise: Bis zum Grundschulalter sind ausschließlich Mikropigment-Präparate zu verwenden. Zubereitungen mit Lichtschutzfaktor 30 sind zu bevorzugen, dafür diese mehrfach am Tag gründlich auftragen. Denn in Sonnenschutzmitteln mit Lichtschutzfaktor 50 finden sich dem Experten zufolge stets chemische UV-Filter, die für kleine Kinder nicht geeignet seien.
Besonders bei Kindern muss auf ausreichend Sonnenschutz geachtet werden. / Foto: Getty Images/FamVeld
Und tatsächlich sind chemische Filter aktuell einmal mehr in den Fokus geraten: Die aktiven Inhaltsstoffe Avobenzon, Oxybenzon, Octocrylen und Mexoryl SX von vier in den USA häufig verwendeten Sonnenschutzmitteln sind nach dem Auftragen auf die Haut Erwachsener im Blut nachweisbar. Und das bereits ab dem ersten Tag der Anwendung in einer Konzentration, ab der die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA systemische Effekte für möglich hält. Das ergab eine Studie der FDA, die kürzlich im Fachmagazin »JAMA« veröffentlich wurde.
Die Wissenschaftler fordern toxikologische Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln, da nicht erwiesen sei, dass die Verwendung, wie derzeit angenommen, unbedenklich ist. Ein besonderes Augenmerk solle dabei auf Kinder gelegt werden, da sie im Verhältnis zum Körpervolumen eine größere Körperoberfläche haben als Erwachsene und deshalb bei ihnen mit einer höheren Resorption gerechnet werden müsse. Gleichzeitig betonen die Forscher, dass ihre Ergebnisse nicht dazu veranlassen sollen, Sonnenschutzmittel nicht aufzutragen. Chemische Filter wie Butyl-Methoxydibenzolmenthan, Octocrylen und Ethylhexylmethoxycinnamat stehen in Verdacht, hormonell wirksam zu sein.
Neben den Inhaltsstoffen spielen die Konsistenz und Beschaffenheit des Präparates eine wichtige Rolle. Sonnenschutzpräparate bieten das gesamte galenische Spektrum, von Cremes oder Lotionen, Mikroemulsionen in Form von Sprays, stark fetthaltigen Sonnenölen, wasserfreien Wachsstiften bis zu fettfreien Gelen. Für empfindliche und meist trockene Kinderhaut empfehlen sich sensitive, fett- und feuchtigkeitsspendende Sonnenlotionen oder Mikroemulsionen in Form von Sprays. Produkte, die eigens für die Baby- und Kinderhaut ausgelobt sind, verzichten auch meist auf Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe wie Parabene.
Die meisten verwenden ihren Sonnenschutz ähnlich sparsam wie eine Tagescreme oder Bodylotion. Das ist jedoch zu wenig. Der ausgelobte LSF gilt für die Auftragsmenge von 2 mg pro cm2 Haut. Umgerechnet braucht man deshalb für ein zweijähriges Kind einen großen Esslöffel voll Sonnencreme. Erwachsene sind durch die vierfache Menge geschützt. Nimmt man einen Teelöffel als Maß, so reicht die Menge gerade mal zum Eincremen des Gesichts.
Regelmäßiges Nachcremen alle ein bis zwei Stunden darf nicht dazu verleiten, die erlaubte Aufenthaltsdauer in der Sonne beliebig zu verlängern. Denn das regelmäßige Erneuern dient nicht der Verstärkung des ursprünglichen LSF, sondern der Kompensation der UV-Filter, die durch Schwitzen, sportliche Betätigung, Kontakt mit Sand und Textilien verloren gehen.
Apropos Schwitzen und Wasserfestigkeit: Kinder benötigen wasserfeste Zubereitungen. Für die Bezeichnung »wasserfest« gilt eine europaweit einheitliche Regelung. Präparate dürfen so bezeichnet werden, wenn der nach zweimal 20 Minuten Wasserkontakt gemessene LSF mindestens noch halb so hoch ist wie zuvor. Für die Bezeichnung »extra wasserfest« muss dies noch nach viermal 20 Minuten Wasserkontakt erfüllt sein. Die Auslobung von Wasserfestigkeit bedeutet also nicht, dass die Zubereitung überhaupt nicht von Wasser abgespült werden kann. Im Beratungsgespräch sind Eltern dafür zu sensibilisieren, dass das Sonnenschutzmittel auf jeden Fall erneut aufgetragen werden muss, wenn sich der Nachwuchs im Wasser aufgehalten hat.
Nach wie vor empfehlen Experten, das Sonnenschutzmittel rechtzeitig vor der eigentlichen Sonnenexposition, also noch zu Hause oder im Hotel, aufzutragen – es sei denn, das Präparat verspricht einen Sofortschutz. Durch deren spezielle galenische Aufbereitung lassen sich die Inhaltsstoffe leichter auf der Haut verteilen und bilden einen zusammenhängenden Film. Der Schutzeffekt ist durch Tests gut belegt. Sie müssen deshalb nicht mehr 20 bis 40 Minuten vor der Sonnenexposition eingerieben oder aufgesprüht werden.