»Späte Frühchen« nicht vergessen |
Frühchen haben einen schlechteren Nestschutz als Terminkinder. Die Hälfte der mütterlichen Antikörper werden erst im letzten Schwangerschaftsdrittel übertragen. / Foto: Getty Images/Jill Lehmann Photography
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RS-Virus, RSV), das bei Säuglingen Bronchiolitiden und Lungenentzündungen verursachen kann, hat in der vergangenen Saison die Kinderkliniken im gesamten Bundesgebiet quasi überrollt. 80 Prozent der Krankenhäuser meldeten Versorgungsengpässe, die zu einem Aufnahmestopp geführt haben. Bereits im August vergangenen Jahres zirkulierten vermehrt RS-Viren und da sich das Immunsystem der Kinder aufgrund der Corona-Maßnahmen im Jahr 2020 nicht ausreichend hatte entwickeln können, registrierte das Robert-Koch-Institut so viele schwere Verläufe wie noch nie.
»Die Infektionslage hat sich überall auf dem Erdball im vergangenen Jahr dramatisch verändert. Die Nicht-Exponiertheit des Immunsystems aufgrund der Corona-Kontaktbeschränkungen beeinflusst die RSV-Dynamik«, berichtete Professor Dr. Thorsten Orlikowsky, Leiter der Neonatologie und Intensivmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, im Rahmen einer Presseveranstaltung von Astra Zeneca. Für die nahe und weitere Zukunft prognostizierte er eine zwar insgesamt »flachere RSV-Aktivität, dafür aber über das gesamte Jahr verteilt«. In jedem Fall werde es auch im kommenden Herbst und Winter ein verstärktes Infektionsgeschehen geben.
»Wenn wir Risikokinder schützen wollen, müssen wir wissen, wie sich die lokale RSV-Lage darstellt, wie es also um die Infektionszahlen und Klinikbelegungen im Umkreis bestellt ist.« Nur so sei es möglich, Risikokinder rechtzeitig mit dem derzeit einzig verfügbaren Antikörper Palivizumab (Synagis®) passiv zu immunisieren. Wichtig sei dabei, die erste der fünf nötigen Injektionen vor der RSV-Welle zu applizieren und die Impfserie in regelmäßigen Abständen fortzuführen, um keine Durchbruchsinfektion zu riskieren, appellierte der Neonatologe.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.