Spahn legt Entwurf vor |
Will einiges am Apothekenmarkt ändern: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. / Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress
In einem Referentenentwurf für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken plant der Minister unter anderem – wie angekündigt – das Rx-Boni-Verbot ins Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) zu überführen. Mit diesem Trick will Spahn die deutschen Preisregeln für Medikamente dem Einfluss der EU-Kommission entziehen. Denn im Sozialrecht haben die Mitgliedstaaten weitgehend freie Hand.
Der Entwurf sieht vor, Apotheken per SGB V zur »Einhaltung der in der nach Paragraf 78 Arzneimittelgesetz erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise für die Abgabe von Arzneimitteln« zu verpflichten. Wer sich nicht an die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) hält, dem drohen Sanktionen: Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro oder ein Ausschluss von der Versorgung bis zur Dauer von zwei Jahren.
Gleichzeitig soll Paragraf 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz (AMG) aufgehoben werden. Der Passus unterwirft EU-Versandapotheken derzeit noch der AMPreisV. Seit Oktober 2016 kommt er jedoch nicht mehr zur Anwendung. Damals hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Regelung den freien Warenverkehr innerhalb der EU behindert. Versender mit Sitz im EU-Ausland dürfen seither Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren.
Ob Spahns Plan, den Umweg über das Sozialrecht zu wählen, europarechtlich Bestand haben wird, ist noch nicht klar. Ein Nachteil für die Vor-Ort-Apotheken in Deutschland ergibt sich daraus aber unmittelbar: Privaten Krankenversicherern eröffnet die Streichung im AMG die Möglichkeit, weiterhin von Rx-Boni ausländischer Versandapotheken zu profitieren. Denn der Passus im Sozialrecht bezieht sich nur auf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV).
Darüber hinaus verbietet der Entwurf das Makeln mit Rezepten. Eine Zuweisung von Verordnungen an bestimmte Apotheken oder eine Beeinflussung der Patienten durch Vertragsärzte und Krankenkassen soll nicht zulässig sein. Für den Apothekenalltag dürfte eine Passage besonders relevant sein: Bei Patienten mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen sollen Ärzte die Erlaubnis bekommen, »Verschreibungen für eine bis zu drei Mal zu wiederholende Abgabe« auszustellen. Diese Rezepte dürfen Apotheken dann bis zu ein Jahr nach Ausstellung zulasten der GKV beliefern.
Für die Vergütung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen will der Minister 150 Millionen Euro locker machen. Die Honorierung soll über einen zusätzlichen Festzuschlag von 20 Cent pro Packung erfolgen, der bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneien fällig wird. Dazu kommen 40 Millionen Euro für Nacht- und Notdienste. Für Dokumentationspflichten bei der Abgabe von Betäubungsmitteln veranschlagt das Ministerium etwa 15 Millionen Euro zusätzlich. Das ergibt unter dem Strich ein Honorarplus von rund 205 Millionen Euro für die Offizinen.
Spahn tastet sich auch langsam an das Thema Impfen in der Apotheke heran. Zunächst schafft er die Möglichkeit für Krankenkassen, im Rahmen von Modellprojekten Verträge mit den Apothekern zu schließen, die Schulung, Vergütung, Abrechnung, Durchführung und Dokumentation regeln. Auch umstrittene Geschäftsmodelle, wie etwa der Apothekenautomat von Doc Morris in Hüffenhardt, geht der Referentenentwurf an: »Eine Bereitstellung und Abgabe von Arzneimitteln mittels automatisierter Ausgabestation ist unzulässig, soweit die Ausgabestation nicht unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden ist«, heißt es.
Für den Botendienst durch Apotheken soll keine gesonderte Erlaubnis erforderlich sein, sofern die Arzneien für jeden Empfänger einzeln verpackt und mit Namen und Anschrift versehen sind. Die Zustellung soll jedoch zwingend durch pharmazeutisches Personal erfolgen, falls das Rezept bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nicht bereits in der Apotheke vorliegt oder der Patient noch nicht zu dem entsprechenden Präparat beraten wurde.