Sport als Problemlöser |
Sport – gleich ob Klettern, Joggen oder Yoga – erdet, beruhigt und schafft Ausgleich. / Foto: Fotolia/geargodz
»Mit 24 Jahren hatte ich einen Unfall: Ein Pferd trat mich so schwer, dass ich mehrere Wochen im Koma lag und danach ein Jahr im Rollstuhl saß. Ich musste alles neu lernen. Körperlich ging es mir irgendwann besser, aber meine Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Das ständige Grübeln kostete mich sowohl Zeit und Schlaf als auch jede Menge Kraft. Ich beschloss, in die Dolomiten zum Wander-Klettern zu fahren. Die Natur wirkt ja bekanntlich heilsam auf die Seele.
Als es vor Ort regnete, wich meine Tour-Gruppe für einen Tag in eine In-door-Kletteranlage aus. Unser Kursleiter legte Wert auf Disziplin: »Beim Klettern kommt es in jedem Augenblick auf Konzentration und Verantwortungsgefühl an«, schärfte er uns ein. »Wer nicht hellwach ist, bringt seinen Kletterpartner in Gefahr.« Dann wies er mich und die anderen Teilnehmer in Knotenlegung, Haltung an der Wand und gegenseitiges Absichern ein.
Gut zehn Meter schaffte ich es beim ersten Mal, an einer der Wände hoch-zukommen. Doch je höher ich kam, um so verkrampfter und ängstlicher wurde ich. »Lass dich ruhig mal hängen«, rief mir unser Kletterleiter zu. So ließ ich meine Füße in der Luft baumeln, pendelte am Seil im Klettersitz hin und her und schaute nach unten. Schnell wurde mir klar, dass ich beim Klettern meine Gedanken komplett auf die Wand, die Griffe und die nächs-ten Schritte fokussieren musste. Es hilft, komplett abzuschalten und Sorgen zu vergessen. Ein Effekt, der mir mehr als guttat. Beflügelt und inspiriert meldete ich mich in Hamburg sofort zu einem weiteren Kletterkurs in der Indoor-Anlage des Alpenvereins an.
Wenn ich vom täglichen Stress am Ende bin, gehe ich für zwei Stunden an die Kletterwand und werde innerlich ganz leicht. Zudem ist es ein schönes Ganzkörpertraining und die beste Prophylaxe gegen Rückenschmerzen. Und: Es trainiert die Kreativität, da man an der Wand ständig nach Lösungen und Auswegen suchst, um aus bestimmten Situationen herauszufinden. Manchmal kommen mir nach dem Klettern sogar ganz neue Ideen, wie ich ein Problem lösen könnte. Mir gefällt auch, dass es beim Klettern nicht um Gewinnen oder Verlieren geht, sondern um den Spaß an der Bewegung und am Miteinander-Verbundensein – und zwar nur durch das Seil.«