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Wasser ergänzen

Stammlösung mit Octenidin

Manche Vorschriften ergeben erst auf den zweiten Blick Sinn. Die PTA Gabi Galenik soll eine Octenidindihydrochlorid-Creme mit Basiscreme DAC und Wasser herstellen. Im Verlauf der Plausibilitätsprüfung wird sie sich über einen Teil der Vorschrift wundern.
Andreas Melhorn
17.05.2023  11:30 Uhr

Octenidindihydrochlorid ist ein bekanntes Antiseptikum. Gabi hat schon häufig Fertigpräparate verkauft, die es enthielten. Dabei handelte es sich in der Regel um Wundsprays oder Wundgele. Im Rezepturhinweis auf der Webseite des DAC/NRF liest sie, dass es gut gegen Bakterien und Hefen wirkt. Wegen einer guten Wirkung gegen Staphylococcus aureus wird eine topische Anwendung bei durch Staphylococcus aureus bedingten Infektionen empfohlen.

Das Lokalantiseptikum darf nicht zur Spülung tiefer Wunden verwendet werden, weil es das Gewebe schädigen kann. Die Substanz ist kationisch und kann als schwerlösliches Salz ausfallen. In bestimmten Konzentrationen kommt es zur Fällung mit einigen anionischen oder den pH-regulierenden Rezepturbestandteilen, zum Beispiel mit Sorbinsäure beziehungsweise Kaliumsorbat oder Benzoesäure/ Natriumbenzoat. Mit Citronensäure kommt es ab einer bestimmten Konzentration ebenfalls zur Fällung.

Wegen dieser anionischen Wechselwirkung bestehen Inkompatibilitäten mit einer Reihe anionischer Grundlagen und Grundlagen, die mit Sorbinsäure beziehungsweise Kaliumsorbat konserviert sind. Dazu gehören zum Beispiel die Anionische Hydrophile Creme DAB, die Anionische hydrophile Creme SR DAC, die Hydrophobe Basiscreme DAC und Hydrophile Basisemulsion DAC. Die Rezeptur lässt sich also nicht wie angegeben herstellen und Gabi muss eine vergleichbare Grundlage suchen. Eine ganze Reihe weiterer Grundlagen sind ebenfalls im Rezepturhinweis genannt. Durch Komplexfällung besteht eine Inkompatibilität mit 4-Hydroxybenzoesäure-Estern (PHB-Ester), wie sie beispielsweise in Konserviertem Wasser DAC enthalten sind. Octenidindihydrochlorid ist oberflächenaktiv und führt zum Beispiel bei der Basiscreme DAC zu einer weicheren Beschaffenheit als bei einer entsprechenden Creme ohne das Antiseptikum.

Die zahlreichen Inkompatibilitäten schränken die Auswahl der Grundlage ein. Der Rezepturhinweis nennt zum Glück eine Alternative zur Hydrophilen Basisemulsion DAC. Es wird vorgeschlagen, eine stark verdünnte Basiscreme DAC (4+1) als Grundlage zu verwenden. Basiscreme DAC ist kompatibel mit Octenidindihydrochlorid und eine Rezepturzusammensetzung mit der entsprechenden verdünnten Basiscreme DAC wird explizit aufgeführt. Dort wird statt Rezeptursubstanz Octenidindihydrochlorid-Stammlösung 2 % (NRF S.50.) verwendet. Außerdem sind 20 g Propylenglycol zugesetzt. 

Propylenglycol dient als Konservierungsmittel. Im Rezepturhinweis »Basiscreme DAC« liest Gabi, dass Propylenglycol standardmäßig in einer Konzentration von mindestens 20 Prozent bezogen auf die Wasserphase bei der Verdünnung von Basiscreme DAC zugesetzt wird. Die angegebenen 20 g passen also.

Nur langsam löslich

Gabi überlegt, warum in der Zubereitung die Stammlösung verarbeitet werden soll und nicht die Rezeptursubstanz. Der Rezepturhinweis erklärt es: Octenidindihydrochlorid ist nur sehr langsam löslich. Bereits gelöster Wirkstoff lässt sich also wesentlich leichter und ohne Erwärmung verarbeiten. Da Gabi jetzt die genaue Zusammensetzung der Creme kennt (siehe Kasten), bespricht sie sich kurz mit der diensthabenden Apothekerin und macht sich dann an die Herstellung. Zunächst sucht sie die Vorschrift für die Stammlösung heraus. Dort stolpert sie über eine Angabe bei der Zusammensetzung, die auf den ersten Blick ein Fehler zu sein scheint: 

  • Octenidindihydrochlorid 2,0 g
  • Glycerol 85 % 98,0 g
  • Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

Warum soll mit Wasser auf 100,0 g aufgefüllt werden, wenn die anderen Substanzen bereits 100 g ergeben? Gabi findet die Lösung des Rätsels in der Herstellungsanweisung. Da sich das Octenidindihydrochlorid wie erwähnt nur langsam löst, erfolgt die Herstellung bei Hitze. Dazu werden das Glycerol 85 % und das Antiseptikum in einem Becherglas auf dem Wasserbad auf mindestens 60 Grad Celsius erhitzt und gerührt, bis sich das Pulver komplett gelöst hat.

Bei der Erhitzung verdunstet ein Teil des im Glycerol 85 % enthaltenen Wassers, der natürlich ergänzt werden muss. Die Angabe »Gereinigtes Wasser zu 100,0 g« bezieht sich also auf den Wasserverlust während der Herstellung, der ausgeglichen wird, indem abschließend »zu 100,0 »“ ergänzt wird. Nachdem auch das geklärt ist, stellt Gabi eine ausreichende Menge an Stammlösung her, lässt diese abkühlen und fertigt damit die gewünschte Creme an.

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