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Rücken

Stress geht aufs Kreuz

Moderate Bewegung hilft

Bewegung ist tatsächlich das zen­trale Element in der Behandlung nicht-spezifischer Kreuzschmerzen. Bettruhe hat dagegen keinen Effekt oder ver­zögert­ sogar die Heilung. Moderate Bewegung stärkt die Rückenmuskulatur, schmiert die Gelenke und massiert die Bandscheiben. Doch viele Patienten bewegen sich aus Furcht, die Beschwerden zu verstärken, möglichst wenig und nur sehr vorsichtig. Die Angst vor den Schmerzen »lähmt« den Patienten geradezu. Die Folge: Die Muskulatur verspannt sich immer mehr und die Beschwerden werden immer schlimmer.

Wenn die Kreuzschmerzen so stark sind, dass die Betroffenen eine Schonhaltung einnehmen, benötigen sie schmerzlindernde Medikamente. Ziel ist, dass sich die Patienten wieder frei bewegen können und den Teufelskreis von Verspannung und Schmerz durchbrechen. PTA und Apotheker sollten ihnen­ erklären, dass Analgetika die Rücken­schmerzen nicht heilen, sondern die eigentliche Therapie – nämlich die Bewegung – erst ermöglichen.

Mittel der Wahl ist die Gabe eines nicht steroidalen Antirheumatikums (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen über einen begrenzten Zeitraum. Die Leitlinienautoren raten, eine Tagesdosis von 100 mg Diclofenac, 1200 mg Ibuprofen oder 750 mg Naproxen nicht zu überschreiten. Wenn gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für gastro­intestinale Komplikationen vorliegt, sollte prophylaktisch ein Protonenpumpenhemmer gegeben werden. Dies gilt beispielsweise bei Patienten über 60 Jahren.

Falls NSAR kontraindiziert sind, kann der Arzt auf Opioide oder Metamizol ausweichen. Auch COX-2-Hemmer können laut NVL bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen angewendet werden, wenn NSAR kontraindiziert sind oder nicht vertragen werden. Allerdings sind Kreuzschmerzen kein zugelassenes Anwendungsgebiet für COX-2-Hemmer (off-label-Anwendung).

Wirksamkeit nicht erwiesen

Von Paracetamol rät die NVL ab, da es bei Kreuzschmerzen im Vergleich zu Placebo keinen Vorteil zeigt. Ebenso wenig empfiehlt die NVL Muskel­relaxanzien, Antidepressiva, Antiepileptika sowie die Kombination von Uridinmonophosphat, Vitamin B12 und Folsäure (Keltican®), weil die Wirksamkeit bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen nicht überzeugend nachgewiesen ist. Auch Teufelskralle-Präparate, topische Zubereitungen von NSAR oder Beinwell sowie Injektionen oder Infusionen von Analgetika, Lokalanästhetika oder Gluco­corticoiden lehnt die NVL aufgrund fehlender Wirksamkeit bei Rücken­schmerzen ab. Weidenrinde-Präparate sowie Capsaicinpflaster und -cremes bewertet sie hingegen positiv, sofern gleichzeitig aktivierende Maßnahmen stattfinden.

Da Rückenschmerzen sehr ver­breitet sind, stellt die Behandlung einen­ wirtschaftlich interessanten Markt dar. In der Laienpresse und ebenso in manchen Arztpraxen wird eine Fülle nicht-medikamentöser Verfahren beworben. Die NVL bewertet die meisten als nicht empfehlenswert bei nicht-spezifischen Rückenschmerzen. Dies gilt etwa für Korsetts, Einlagen für die Schuhe, perkutane oder transkutane elektrische Nervenstimulation (PENS beziehungsweise TENS), Kinesio-Taping­, Kurzwellendiathermie oder Laser­therapie. Manuelle Therapie, Akupunk­tur, Massage und Wärme­therapie lässt die NVL nur in Kombi­nation mit aktivierenden Maßnahmen als Therapieoption gelten. Denn diese Behandlungen helfen nur kurzfristig. Über kurz oder lang werden­ die Schmerzen zurückkehren, denn die Ursache­ besteht weiterhin. Nur wenn der Patient dauerhaft Bewegungen, die die Rückenmuskulatur lockern und stärken­, in seinen Alltag verankert, bleiben­ die Beschwerden aus.

Tritt nach sechs Wochen keine Besserung ein, sollte der Patient unbedingt noch einmal den Arzt konsultieren. Denn nun gibt es Handlungsbedarf, damit­ die Schmerzen nicht chronisch werden. Zunächst wird der Arzt vermutlich noch einmal seine Diagnose prüfen. Handelt es sich wirklich um nicht-spezifischen Rückenschmerz oder wurde vielleicht ein weiteres Symptom übersehen? Vielleicht setzt der Arzt nun doch das Röntgengerät oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) zur Abklärung ein.

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