Pharmazeutische Dienstleistungen |
Seit dem 10. Juni 2022 dürfen Apotheken ihren Patienten fünf pharmazeutische Dienstleistungen anbieten und erhalten dafür eine Vergütung. Dazu gehören spezielle Medikationsberatungen, die Schulung zu Inhalationsgeräten und die Kontrolle von Blutdruckwerten. Details zu den Leistungen, zur Abrechnung und zum Anspruch stellt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zur Verfügung.
Seit dem 10. Juni 2022 können öffentliche Apotheken den Patienten diese fünf Dienstleistungen zu Lasten der Krankenkassen anbieten:
Grundlage ist das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG), das am 15. Dezember 2020 in Kraft getreten ist und einen Anspruch der Versicherten auf pharmazeutische Dienstleistungen festgelegt hat. Krankenkassen sollen 150 Millionen Euro pro Jahr für diese Leistungen bereitstellen.
Ursprünglich war vorgesehen, dass Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband sich im Einvernehmen mit dem PKV-Verband innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des VOASG einigen, welche Leistungen die Apotheken zu welcher Vergütung anbieten werden. Die Verhandlungspartner konnten jedoch keinen gemeinsamen Nenner finden, sodass eine Schiedsstelle entscheiden musste. Der entsprechende Schiedsspruch wurde am 10. Juni 2022 öffentlich. Seitdem können Apotheken die pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten, sofern sie die Qualifikationskriterien erfüllen.
Im Juli 2022 hat der GKV-Spitzenverband Klage gegen den Schiedsspruch eingereicht. Nach Informationen der Pharmazeutischen Zeitung könnte das Verfahren mehrere Monate andauern, wenn kein Eilantrag vorgelegt wird. Den Start der pharmazeutischen Dienstleistungen hat dies bislang nicht beeinflusst.
Detaillierte Informationen, Muster, Arbeitsmaterialien und Prozessbeschreibungen stellt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Mitgliederbereich unter www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen zur Verfügung.
Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) können als Angehörige des pharmazeutischen Personals die Risikoerfassung bei Hypertonie-Patienten und die Inhalatoren-Schulung übernehmen, letzteres nur mit abgeschlossener Ausbildung. Eine spezielle Fortbildung oder Qualifikation ist für diese Dienstleistungen nicht erforderlich. Medikationsberatungen dürfen hingegen nur Apotheker durchführen, die eine entsprechende Fortbildung durchlaufen haben. PTA können hier mitwirken, indem sie geeignete Kunden ansprechen.
Einen Anspruch haben Patienten ab zwei Wochen nach Therapiebeginn mit ärztlich verordneten Antihypertensiva. Die Leistung steht dem Patienten alle zwölf Monate zu. Vor Ablauf der 12-Monats-Frist ist eine Risikoerfassung nur möglich, wenn sich die antihypertensive Medikation geändert hat und zwar ab zwei Wochen nach dem Einlösen einer Neuverordnung.
Diese Leistung steht Erwachsenen und Kindern ab sechs Jahren zu, die eine Neuverordnung von Devices erhalten haben beziehungsweise von einem Device-Wechsel betroffen sind. Außerdem Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren, die während der letzten zwölf Monate laut Selbstauskunft keine Einweisung mit praktischer Übung mit dem entsprechenden Device in einer Arztpraxis oder Apotheke erhalten haben und laut Selbstauskunft nicht in ein Disease-Management-Programm (DMP) Asthma oder COPD eingeschrieben sind.
Anspruchsberechtigt sind Patienten, die als Dauermedikation mindestens fünf verschiedene, ärztlich verordnete und systemisch wirkende Arzneimittel einnehmen beziehungsweise anwenden (aktuell und voraussichtlich über die nächsten 28 Tage). Die Medikationsberatung können Apotheken pro Patient einmal alle zwölf Monate durchführen und abrechnen, außer der Patient ist von erheblichen Umstellungen betroffen. Laut ABDA ist diese definiert als »mindestens drei neue beziehungsweise andere systemisch wirkende Arzneimittel/Inhalativa innerhalb von vier Wochen als Dauermedikation«. Die 12-Monats-Frist beginnt immer mit der letzten Leistungserbringung neu.
Auf diese Beratung haben Patienten Anspruch, die mit einer immunsuppressiven Therapie beginnen, und zwar einmalig im ersten halben Jahr nach einer Organtransplantation. Außerdem Patienten, deren Therapie sich wegen der Neuverordnung eines Immunsuppressivums ändert – einmalig im ersten halben Jahr nach dieser Änderung. Als Neuverordnung gilt ein Arzneistoff, den die Person nach eigener Aussage in den letzten sechs Monaten nicht angewendet hat. Treffen Erst- und Neuverordnung aufeinander, soll eine gemeinsame Dienstleistung angeboten und abgerechnet werden.
Anspruchsberechtigt sind Patienten, die ambulant eine orale Antitumortherapie erhalten, einmalig im ersten halben Jahr nach Beginn der Therapie sowie Personen, »die eine weitere ärztlich verordnete orale Antitumortherapie als ambulante Folgetherapie beginnen (Neuverordnung eines Antitumortherapeutikums) einmalig im ersten halben Jahr nach Beginn der Folgetherapie«. Auch hier gilt es die Dienstleistung bei gleichzeitiger Neu- und Folgeverordnung zusammenzufassen.
Zunächst ist wichtig, dass Apotheken die pharmazeutischen Dienstleistungen in das Qualitätsmanagementsystem (QMS) aufnehmen, um Zuständigkeiten festzulegen und einen einheitlichen und strukturierten Ablauf zu gewährleisten (zum Beispiel Terminvergabe, Ansprache der Patienten, Ort). Außerdem sollte jede Dienstleistung separat dokumentiert werden, was auch für die Abrechnung wichtig ist. Vor Erbringen der Leistung schließt die Apotheke einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten, nach der erbrachten Leistung quittiert der Patient dies und erhält eine Kopie.
Die Schiedsstelle hat entschieden, dass Apotheken für die fünf vereinbarten pharmazeutischen Dienstleistungen folgende Netto-Beträge erhalten:
Ein separater Beratungsraum ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber empfehlenswert. Ein diskretes Setting ist in jedem Fall sicherzustellen. Das kann auch ein abgeschirmter Bereich in der Offizin sein.
Jede der Leistungen hat ein eigenes Sonderkennzeichen erhalten, über das abgerechnet wird. Genutzt wird der Sonderbeleg für den Nacht- und Notdienstfonds, die Abrechnung läuft über das Rechenzentrum. Voraussetzung ist, dass die Dienstleistungen in der Apotheke dokumentiert und vom Patienten quittiert wurden. Details zur Abrechnung und Bedruckung finden Sie hier.
Ja, auch Versicherte der Privaten Krankenversicherungen können die pharmazeutischen Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Sie müssen hierbei nicht in Vorleistung treten, die Apotheken rechnen die Leistung auch für Privatversicherte über den Sonderbeleg beim Nacht- und Notdienstfonds ab.