Ticket zum Datenaustausch |
Alles auf eine Karte gesetzt: Die Elektronische Gesundheitskarte soll den Informationsaustausch zwischen Arztpraxen und Apotheken erleichtern. / Foto: Shutterstock/ESB Professional
Die zweite Generation der Gesundheitskarten (erkennbar am Aufdruck »G2« oder »G2.1« rechts oben auf der Vorderseite) ermöglicht modernere Verfahren der Datenverschlüsselung und auch medizinische Fachanwendungen, beispielsweise das Notfalldaten-Management oder den E-Medikationsplan, informiert die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, kurz »Gematik«. Gegründet wurde diese 2005 von den Spitzenverbänden des Gesundheitswesens: der Bundesärztekammer (BÄK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), dem Deutschen Apothekerverband (DAV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Der GKV-Spitzenverband hält 50 Prozent der Gesellschafteranteile und finanziert die Arbeit der Gematik zu 100 Prozent.
Der Begriff Telematik wiederum setzt sich aus Telekommunikation und Informatik zusammen und bezeichnet die Infrastruktur, die nötig ist, um alle an der Gesundheitsversorgung Beteiligten elektronisch miteinander zu verbinden. Ärzte und Zahnärzte arbeiteten seit Dezember 2017 daran, in ihren Praxen eine solche Telematikinfrastruktur einzuführen, berichtet Sebastian Gülde, der in der Pressestelle des Bundesgesundheitsministeriums den Schwerpunkt Internet verantwortet. Bislang seien rund 36.000 Praxen an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. »Im Jahr 2019 sollen schwerpunktmäßig die Apotheken folgen.« Insgesamt betrifft die Umstellung nach Informationen der Gematik mehr als 72 Millionen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), rund 102.000 Arztpraxen, 44 500 Zahnarztpraxen und 20.000 Praxen von Psychotherapeuten – und 19.000 Apotheken sowie über 2000 Krankenhäuser.
Apotheken und Praxen müssen dafür unter anderem sogenannte Konnektoren anschaffen. Ein Konnektor ist eine Art Router, allerdings auf einem deutlich höheren, von der Gematik zugelassenen und vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten Sicherheitsniveau. Das Gerät stellt ein eigenes verschlüsseltes Netzwerk her, das es ausgewiesenen Mitgliedern ermöglicht, abgeschirmt elektronisch miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen.
In den Apotheken soll ein E-Health-Konnektor zum Einsatz kommen, der neben den Fachmodulen für den elektronischen Medikationsplan und die Notfalldaten auch die elektronische Signatur unterstützt. Ebenfalls nötig zum Auslesen der elektronischen Gesundheitskarte sind Kartenterminals. Sie sollen elektronische Gesundheitskarten, den ab 2019 auch für Apotheker vorgesehenen elektronischen Heilberufsausweis und auch Praxisausweise einlesen können. Sie müssen ebenfalls von der Gematik zugelassen und vom BSI zertifiziert werden.
Das 2016 in Kraft getretene Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) gibt einen Fahrplan für den Aufbau einer sicheren Telematikinfrastruktur und die Einführung medizinischer Anwendungen vor. Die Organisationen der Selbstverwaltung haben darin Vorgaben und Fristen erhalten. Sie sollen etwa:
Die Kosten, die den Apotheken bei der Erstausstattung für das neue System entstehen, werden ihnen ebenso wie die laufenden Betriebsausgaben erstattet, erklärt Gülde. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband haben sich Anfang Januar über die Finanzierung verständigt. Apotheken erhalten eine Pauschale von 1362 Euro für die Anschaffung eines E-Health-Konnektors und zweier Kartenterminals sowie eine Aufwandspauschale von 1280 Euro für die Installation der nötigen Hard- und Software, für installationsbedingte Ausfallzeiten und für Schulungen.
Läuft alles wie geplant, könnten die ersten medizinischen Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte – darunter der elektronische Medikationsplan – ab der zweiten Jahreshälfte starten. Dazu müssten allerdings die für Apotheken notwendigen E-Health-Konnektoren auf dem Markt sein, betont Christian Splett von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Bislang sind diese noch nicht verfügbar.
Seit Oktober 2016 haben Patienten, die drei oder mehr Arzneimittel verordnet bekommen, Anspruch auf einen Medikationsplan. Dieser dokumentiert aktuell noch auf Papier, welche Medikamente sie wie einnehmen sollen. Der Plan soll vor allem das Risiko unerwünschter Wechsel- und Nebenwirkungen sowie die Gefahr von Fehl- und Doppelverordnungen eindämmen. Im Laufe des Jahres soll zusätzlich zu dem bisherigen analogen Medikationsplan ein elektronischer auf der Gesundheitskarte gespeichert werden können. Dieser E-Medikationsplan ließe sich dann auch in der Apotheke einfach und sicher aktualisieren und würde vor allem auch Arzneimittel umfassen, die in der Apotheke ohne Rezept gekauft werden. So könnten mögliche Arzneimittelrisiken und -wechselwirkungen oder Doppelverordnungen idealerweise sofort erkannt werden. Der elektronische Medikationsplan wird aber nicht verbindlich, sondern freiwillig eingeführt. Die Patienten müssen dazu ausdrücklich ihr Einverständnis geben.
Anders als den elektronischen Medikationsplan und weitere Anwendungen wie das Speichern von Notfalldaten oder die elektronische Patientenakte, will das Bundesgesundheitsministerium das elektronische Rezept nicht freiwillig, sondern verbindlich einführen – allerdings erst ab 2020. Dann soll das E-Rezept das bisher übliche Kassenrezept auf Papier ablösen. Die Medikamentendaten werden dann nicht mehr ausgedruckt, sondern verschlüsselt online auf einen zentralen Server übertragen. Der Patient entscheidet dann, in welcher Apotheke er seine Verordnung einlöst. Er kann dann eine stationäre Vor-Ort-Apotheke oder eine Versandapotheke beauftragen, das Rezept zum Beispiel über einen Code vom Rezeptspeicher zu beziehen und das Medikament auszugeben. Wichtig sei, dass der Patient die freie Wahl der Apotheke hat, betont Splett: »Der diskriminierungsfreie Zugang zu allen Apotheken muss eine rote Linie aus Patientensicht sein. Auf keinen Fall darf die digitale Rezeptverwaltung bestimmte Anbieter – so wie wir das von manchen Suchmaschinen kennen – bevorzugt nennen.«
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, dass gleichzeitig mit der Einführung des E-Rezepts auch das Fernverordnungsverbot wieder fallen soll. Aktuell dürfen Ärzte bei ausschließlicher Fernbehandlung, also zum Beispiel während einer Videosprechstunde, keine Medikamente verschreiben.
Im Rahmen des Modellprojektes DocDirekt der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg können gesetzlich Krankenversicherte dort schon seit dem vergangenen Jahr eine Online-Sprechstunde testen. Anfang dieses Jahres soll ebenfalls in zwei Regionen Baden-Württembergs das Testprojekt GERDA – Geschützter E-Rezept-Dienst der Apotheken starten. Die Tele-Ärzte sollen ihren Patienten dann auch online Rezepte ausstellen können.
Mehr zum Einsatz digitaler Technologien im Gesundheitswesen lesen Sie in der neuen Serie zum Thema E-Health – in den Printausgaben und auf www.pta-forum.de
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.