Trotz Multipler Sklerose nicht unterkriegen lassen |
In gar nicht so wenigen MS-Fällen ist in der schubfreien Zeit ein Leben weitestgehend ohne Einschränkungen möglich. Dann lässt sich etwa bei einem Radelausflug ins Grüne Kraft schöpfen. / Foto: Getty Images/amriphoto
»Ich bin ein Steh-auf-Mensch«, sagt Sandra Wagner*, Lehrerin aus Hamburg. Die 47-Jährige weiß, wovon sie spricht: Seit zwölf Jahren gehört die Multiple Sklerose (MS) zu ihrem Leben, eine chronisch entzündliche Erkrankung, bei der das Immunsystem das eigene Nervensystem angreift. Dort kommt es deshalb unter anderem zu Entzündungen. Dass Symptome unvermittelt und in Schüben auftreten, gehört zu den Tücken der Erkrankung und macht sie unberechenbar.
Doch unterkriegen lässt sich Sandra von MS nicht. Im Gegenteil: »Die Krankheit hat mir Einsichten eröffnet, zu denen ich sonst nicht gekommen wäre. Zum Beispiel, das zu schätzen, was ich habe und ganz im Augenblick zu leben«, sagt sie. »Das hilft mir auch jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie.«
Sicher hat es auch mit dem jeden eigenen Naturell, dem Gemüt zu tun, wie sehr sich jemand vom Schicksal umhauen lässt. Und mit Selbstvertrauen. »Meine Eltern haben mich schon als Kind bestärkt, in allem was ich tat. Da kam nie ein: ›Das schaffst du nicht!‹ oder ›Das wird doch nichts‹. Vielleicht kann ich auch deshalb besser mit meiner MS umgehen.«
Alles begann im Dezember 2008. An diesem Morgen bemerkte die Hamburgerin zum ersten Mal, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmt. »Ich wachte auf und spürte ein taubes Gefühl in meinen Beinen. Eine Art Kribbeln, wie ich es sonst nur von eingeschlafenen Füßen kannte. Noch aber kam ich damit zurecht und fuhr zur Schule, um zu arbeiten.«
Während des Unterrichts dann fühlte sie sich zunehmend schlechter. Und dann ging gar nichts mehr. »Ich bekam Schweißausbrüche, und konnte mich plötzlich fast gar nicht mehr bewegen.« Sie brach die Stunde ab.
Ihr Hausarzt überwies sie sofort ins Krankenhaus zum Neurologen. Der checkte sie vernünftig durch und ordnete eine Kernspintomographie an. Diese zeigte Entzündungsherde im Rückgrat – und kurz darauf hatte Sandra Gewissheit: Es ist Multiple Sklerose!
Der Verlauf dieser Krankheit lässt sich nicht vorhersagen. Manche Patienten leben gut damit, andere eher nicht. Eines aber ist gewiss: MS ist nicht heilbar. »Die Diagnose war ein Schock. Und sie weckte das Gefühl in mir, dass ich mich nicht mehr auf meinen Körper verlassen kann.« Zu dem Zeitpunkt wusste Sandra nichts über die Krankheit. Nur, dass man davon im Rollstuhl landen kann – sie fiel in ein tiefes Loch.