Trotz Pandemie zum Augenarzt |
Bei der altersabhängigen Makuladegeneration sterben die lichtempfindlichen Zellen in der Mitter der Netzhaut langsam ab. Engmaschige Arztbesuche helfen, dies zu verhindern. / Foto: Adobe Stock/Dario Lo Presti
Während des ersten Lockdowns im Frühjahr ging die Rate an Augenarztbesuchen deutlich zurück, zum Teil mehr als 60 Prozent. »Hier heißt es Vorsicht! Patienten mit Glaukom, Makuladegeneration oder Diabetiker sollten unbedingt ihre Vorsorgetermine wahrnehmen. Sie brauchen regelmäßige Intervalle zur Untersuchung des Augenhintergrundes, damit keine Schäden eintreten«, machte Professor Dr. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augenklinik der Universitätsmedizin Mainz, deutlich. Auch jede Art der Sehverschlechterung erfordere zwingend einen Arztbesuch. Dahinter könne ein Infarkt einer Augenarterie oder eine Netzhautablösung stecken, erklärte Pfeiffer. Kein Patient solle aus Sorge vor einer Coronavirus-Infektion einen bleibenden Schaden am Auge riskieren. Mit entsprechenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorrichtungen werde das Ansteckungsrisiko beim Augenarzt so klein wie möglich gehalten.
Der regelmäßige Besuch beim Augenarzt ist vor allem für Patienten mit altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) essenziell, um den Verlust des Sehvermögens aufzuhalten. Diese Patienten benötigen eine lebenslange Behandlung, wobei der individuelle Bedarf nur schwer abzuschätzen ist. »Wir haben dabei eine unglaubliche Variabilität der Beschwerden. Manche benötigen ihre Spritze ins Auge alle vier Wochen«, informierte Professor Dr. Frank Holz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn.
Die Tatsache, dass die AMD wie der Name schon sagt, meist ältere Personen trifft, verkompliziert die Lage. »Die meisten an AMD-Erkrankten sind ältere Menschen, die häufig Schwierigkeiten haben, regelmäßig einen Arzt aufzusuchen, weil sie beispielsweise einen Fahrdienst oder eine Begleitung brauchen. Und jetzt kommt noch die Sorge um eine Ansteckung mit dem Coronavirus hinzu, die die Betroffenen seltener zum Arzt gehen lässt. Nicht wahrgenommene Spritzentermine haben unmittelbar Einfluss auf den Krankheitsverlauf.«
Etwa 1 Prozent der Patienten, die eine Covid-19-Infektion durchmachen, haben auch eine Bindehautentzündung. Da die Tränenwege in den Nasen-Rachen-Raum münden, können sie grundsätzlich auch Virusmaterial enthalten. Allerdings ist eine Infektion über die Augen und die Bindehaut sehr unwahrscheinlich. Derzeit weist nichts darauf hin, dass die Augen eine bedeutsame Eintrittspforte für das Coronavirus sein könnten. Aktuelle Untersuchungen deutscher Forschergruppen haben weder eine wesentliche Expression von ACE2 in der Bindehaut der Augenoberfläche noch einen Zusammenhang zwischen einer Covid-19-Infektion und einer Bindehautentzündung nachweisen können.
Auch ist der Übertragungsweg über die Tränenflüssigkeit eher unwahrscheinlich. Der regelmäßige Lidschlag des Auges sowie die geringe Augenoberfläche dürften verhindern, dass ausreichend Viren ins Auge gelangen können. Und: Bei Covid-19-Patienten enthält der Tränenfilm nur sehr selten Virus-RNA.
Einer der ersten, der die Gefahr des Coronavirus richtig eingeschätzt hat, war der Augenarzt Li Wenliang. Er ist in der Folge an einer Covid-19-Infektion verstorben. Dies warf die Frage auf, ob eine Ansteckung eventuell über die Tränenflüssigkeit möglich ist.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.