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Kein Tabu

Über Hämorrhoiden reden

Fast 70 Prozent aller Erwachsenen sind früher oder später von Hämorrhoidalleiden betroffen. Gerade im frühen Stadium sind die unangenehmen Beschwerden gut behandelbar. Falsche Scham sollte deshalb nicht von einem Arzt- oder Apothekenbesuch abhalten.
Juliane Brüggen
27.10.2021  10:50 Uhr

Ist von Hämorrhoiden die Rede, heißt das, dass ein schwammartiges Gefäßpolster, der Hämorrhoidalplexus, vergrößert ist. Das »Polster« liegt ringförmig unter der Schleimhaut des Rektums und ist an der Feinabdichtung des Afters beteiligt. Erst wenn Beschwerden auftreten, spricht man von Hämorrhoidalleiden oder symptomatischen Hämorrhoiden.

Lange wurde angenommen, dass Hämorrhoiden wie Krampfadern seien und eben wie diese entstünden. Mittlerweile hat sich aber eine andere Theorie durchgesetzt. Demnach verlagert und vergrößert sich der Hämorrhoidalplexus fortschreitend in Richtung des Analkanals, nachdem die fixierenden Gewebe wie elastische Fasern und Muskelfasern deplatziert oder zerstört werden.

Die Ursachen sind nicht abschließend geklärt, mit dem Alter nimmt das Risiko zu. Ein erhöhter Druck auf den Analkanal kann dazu beitragen, dass sich die Hämorrhoiden vergrößern, zum Beispiel durch chronische Verstopfung, häufigen Durchfall, Übergewicht oder während der Schwangerschaft und Geburt. Zudem wird auch eine familiäre Veranlagung vermutet.

Die Symptome der Hämorrhoidalleiden sind unspezifisch. Häufig treten Blutungen beim oder nach dem Stuhlgang auf. Das Blut ist meist hellrot. Außerdem kann die Feinkontinenz gestört sein, was sich durch Nässen mit Stuhlschmieren oder stuhlverschmutzte Wäsche zeigt. Brennen, Juckreiz im Analbereich und Schmerzen sind weitere Anzeichen. Sind die Hämorrhoiden stark vergrößert, können sie beim Stuhlgang aus dem After austreten (Prolaps). Je nach Stadium der Krankheit ziehen sie sich selbst wieder zurück oder können zurückgeschoben werden. Im Endstadium treten die Hämorrhoiden jedoch dauerhaft aus dem After aus.

Therapie nach Leitlinie

Hämorrhoidalleiden erfordern einen Arztbesuch, zum einen, um andere Diagnosen wie Karzinome oder perianale Thrombosen auszuschließen, und zum anderen, um die Therapie festzulegen. In frühen Stadien kann bereits eine Basistherapie helfen. Sie besteht der S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden zufolge aus drei Komponenten:

  • ballaststoffreiche Ernährung
  • gegebenenfalls gezielte Stuhlregulation mit Flohsamenschalen oder Leinsamen
  • Stuhlverhalten: Pressen und längere Sitzungen vermeiden, keine Entleerung erzwingen

Als medikamentöse Therapie kommen laut Leitlinie bei akuten Beschwerden und postoperativ die Flavonoide Diosmin/Hesperidin zur oralen Einnahme infrage, die in Deutschland aber keine Zulassung als Fertigarzneimittel haben. Die lokal oder rektal anzuwendenden Hämorrhoidenmittel, zum Beispiel mit Lokalanästhetika, Corticosteroiden, Flavonoiden oder anderen pflanzlichen Wirkstoffen, eignen sich den Experten zufolge nur für eine symptomatische Therapie bei akuten Beschwerden.

Nicht-operative Verfahren, die im frühen Stadium eingesetzt werden, sind die Verödungstherapie oder das Abbinden der Hämorrhoiden (Gummibandligatur). Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten, bedarf es meist einer Operation.

Nach einer Operation verordnen Ärzte mitunter topische Zubereitungen mit Glyceroltrinitrat oder Diltiazem, um die Schmerzen zu behandeln. Im NRF finden sich dazu entsprechende Rezepturvorschriften wie ein Rektalgel, das Diltiazemhydrochlorid enthält (NRF 5.7.), oder eine Kombination aus Diltiazemhydrochlorid und Lidocainhydrochlorid (NRF 5.6.). Auch die Rezeptur einer Glyceroltrinitrat-Rektalcreme ist im NRF enthalten (NRF 5.10.). Außerdem kommen gegebenenfalls injiziertes Botulinumtoxin gegen postoperative Schmerzen – einige Studien zeigten einen günstigen Trend – und Quellstoffe für einen erleichterten Stuhlgang in Frage. Metronidazol-Zubereitungen sollten der Leitlinie zufolge nicht routinemäßig nach der Operation eingesetzt werden. Opioide zur Schmerztherapie sind kontraproduktiv, da sie Obstipation als Nebenwirkung haben.

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