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Beratungskompetenz

Über Nebenwirkungen achtsam aufklären

Zu Risiken und Nebenwirkungen zu beraten, ist die Pflicht von Apothekern und PTA bei der Abgabe von Arzneimitteln. Doch was ist wirklich relevant, wie sollte formuliert werden, damit die Patienten keine Angst vor dem Arzneimittel entwickeln? Hier sind Kompetenz und Fingerspitzengefühl gefordert.
Katja Renner
12.02.2019  15:12 Uhr

»Wenn ich den Beipackzettel sehe, dann bekomme ich Zweifel an dem Medikament, das lese ich erst gar nicht«, so die Aussage einer Kundin in der Apotheke. Aufgrund der rechtlichen Absicherung müssen Pharmahersteller alle möglichen und in Studien beschriebenen Risiken und Nebenwirkungen in der Packungsbeilage auflisten. Das ist ihre Informationspflicht.

Für Patienten ist es nicht einfach, sich in dem Dschungel der möglichen Erkrankungen zurechtzufinden. Sicher hängt es immer von der Persönlichkeit des Einzelnen ab, inwieweit er sich dadurch verunsichern lässt. Vor diesem Hintergrund übernehmen die pharmazeutischen Kräfte in den Apotheken eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe, wenn sie Patienten individuell und kom­petent beraten. Nur im persönlichen Gespräch ist es möglich, die Relevanz der einen oder anderen Nebenwirkung wirklich abzuschätzen.

Da Nebenwirkungen normalerweise nicht gewollt sind, wie zum Beispiel Magenblutungen, wird der Begriff UAW – unerwünschte Arzneimittelwirkungen – als Synonym gebraucht. Bei der Unterscheidung von Nebenwirkungen und der Beurteilung hat die europä­ische Arzneimittelkommission (EMA) die fünf von der WHO empfohlenen Kriterien aufgenommen: »sehr häufig«, »häufig«, »gelegentlich«, »selten« und »sehr selten«. Diesen Be­griffen liegen definierte Prozentsätze zugrunde, das heißt, bei wie vielen Personen­ von x behandelten die UAW auftritt. Das bedeutet aber auch, dass seltene oder sehr seltene UAW nur bei sehr hohen Patientenzahlen überhaupt festgestellt worden sind. Bevor ein Arzneimittel eine Marktzulassung erhält, können in klinischen Studien meistens nur häufige Nebenwirkungen erkannt werden, weil das Patientenkollektiv für die Identifikation seltener oder sehr seltener Nebenwirkungen einfach zu klein ist.

Sogar diejenigen, die es eigent­lich wissen sollten, ordnen den Häufigkeitskategorien meistens nicht die richtigen Prozentwerte zu. So tritt eine häufige Nebenwirkung bei ein bis zehn Prozent der Patienten auf. Eine Befragung von Ärzten und Apothekern ergab, dass diese unter dem Begriff »häufig« Nebenwirkungsraten von 50 bis 60 Prozent vermuten. Kein Wunder, dass auch Patienten die Neben­wirkungsraten eher überschätzen.

Diese Fehleinschätzung aufzuklären, ist eine Aufgabe von Apothekern und PTA, wenn sie im Beratungsgespräch Sorgen und Ängste vor möglichen Nebenwirkungen hören. Zum Beispiel mit folgender­ Formulierung: »Sie haben Recht, im Beipackzettel steht, dass Magenbeschwerden häufig auftreten. Das bedeutet, dass von 100 Personen, die das Arzneimittel nehmen, ein bis zehn Personen Beschwerden bekommen. Es wird Sie also mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gar nicht treffen. Die Behandlung Ihrer Schmerzen ist aber sehr wichtig, damit Sie sich wieder bewegen können.«

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