Verbotene Schadstoffe bleiben ein Problem |
Plastik und Chemikalien gelangen in die Umwelt und sind in Gewässern weltweit zu finden. Besonders problematisch sind langlebige Verbindungen, die nicht durch Sonneneinstrahlung, Mikroorganismen und andere Prozesse abgebaut werden. / Foto: Adobe Stock/paolo
Die europäische Human-Biomonitoring-Initiative HBM4EU hat herausgefunden, dass Menschen in Europa teils bedenklich hoch mit Schadstoffen belastet sind – auch mit solchen, die bereits streng reguliert oder verboten sind. In allen untersuchten Kindern und Jugendlichen seien fortpflanzungsschädigende Weichmacher gefunden worden, so die Initiative. Die mittlere Belastung mit regulierten Weichmachern habe zwar abgenommen, liege aber mit rund 17 Prozent immer noch zu hoch. Stoffe, die die »alten« Weichmacher ersetzt haben, seien dementgegen mit steigender Tendenz im Blut zu finden.
Weichmacher werden Kunststoffen zugesetzt, um diese elastisch zu machen. Phthalate kommen hauptsächlich in der Produktion von Weich-PVC zum Einsatz und sind beispielsweise in Kabeln, Folien, Bodenbelägen oder Sportartikeln enthalten. Einige der Substanzen zeigen hormonähnliche und fortpflanzungsschädigende Eigenschaften. DEHP (Di(2-ethylhexyl)phthalat), DBP (Dibutylphthalat), DiBP (Diisobutylphthalat) und BBP (Benzylbutylphthalat) werden unter REACH, der europäischen Chemikalienverordnung, als besonders besorgniserregend eingestuft und sind seit 2015 zulassungspflichtig. In Babyartikeln und Kinderspielzeug sind bestimmte Phthalate zudem verboten. Die Industrie ersetzt die Stoffe vermehrt durch langkettige Phthalate oder andere Weichmacher.
Auch perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) haben die Forschenden im Blut aller untersuchten Jugendlichen aus Europa gefunden – bei einem Viertel in Konzentrationen, »bei denen gesundheitliche Wirkungen nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können«. Dabei wurden hauptsächlich bereits regulierte Verbindungen gefunden, die jedoch äußerst langlebig sind. Das zeige, dass alle PFAS bis auf wenige Ausnahmen verboten werden sollten – nicht zuletzt, da viele der Ersatzstoffe ähnlich problematisch seien.
Das Monitoring habe außerdem gezeigt, dass im Körper eine Vielzahl von Industriechemikalien aufeinandertreffen. Die aktuelle Chemikalienbewertung müsse weiterentwickelt werden, so HBM4EU, um die gleichzeitige Belastung durch mehrere Substanzen zu berücksichtigen (Mischungseffekte).
Die Ergebnisse der seit 2017 laufenden Datenerhebung stellten die Forschenden Ende April 2022 auf einer internationalen Abschlusskonferenz vor. HBM4EU endet im Juni 2022. Die Arbeit wird in der Europäischen Partnerschaft für Risikobewertung von Chemikalien (PARC) fortgeführt, welche mit einer Laufzeit von sieben Jahren unter »Horizon Europe« von der Europäischen Kommission gefördert wird.