Vergiftung auch nach Botox-Gesichtsbehandlung möglich? |
Katja Egermeier |
16.03.2023 15:30 Uhr |
Bei kosmetischen Behandlungen kommt Botulinumtoxin Typ A nur in stark verdünnter Form und sehr geringen Dosen zum Einsatz und ist deshalb als sicher eingestuft. / Foto: Getty Images/SerhiiBobyk
In der ästhetischen Gesichtsbehandlung ist in Deutschland Botulinumtoxin Typ A zugelassen. Dem European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zufolge ist es grundsätzlich möglich, dass bei einer Überdosierung auch eine kosmetische oder therapeutische Botox-Behandlung zu Botulismus führen kann – es sei jedoch selten und nicht sehr wahrscheinlich.
In Deutschland ist nach über 20 Jahren Zulassung von Botulinumtoxin Typ A in der ästhetischen Gesichtsbehandlung kein einziger Fall einer solchen Vergiftung dokumentiert, wie Dr. Helge Jens, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) erklärt. Es komme nur in stark verdünnter Form und sehr geringen Dosen zum Einsatz.
Eine Botox-Behandlung zur Gewichtsreduktion, wie bei den Vergiftungsfällen in der Türkei vorgenommen, wird in Deutschland dagegen skeptisch gesehen. »Bei diesen Magenbehandlungen werden wesentlich höhere Botox-Mengen eingesetzt als etwa gegen Falten im Gesicht«, sagte Professor Detlev Hebebrand, Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC), der Nachrichtenagentur dpa.
Dazu komme, dass der Nutzen dieses Eingriffs bisher nicht gut genug belegt ist. »Wir beobachten das kritisch und sprechen keine Empfehlung aus.« Im seriösen Bereich gebe es für Magen-Botox-Behandlungen in Deutschland bisher keinen großen Markt. »Der Effekt einer solchen Behandlung dürfte kaum länger als etwa sechs Monate anhalten«, so der Mediziner aus Rotenburg. Es sei fraglich, ob der Nutzen des Eingriffs überhaupt über den Placeboeffekt hinausgehe.
Botulismus ist eine schwere neuroparalytische Erkrankung, die dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge zwar selten, jedoch »sehr ernst« ist. Natürlicherweise tritt die Krankheit in vier verschiedenen Formen auf: Als Lebensmittelbotulismus, die hierzulande häufigste Form, verursacht durch den Verzehr von Lebensmitteln, die Botulismus-Neurotoxine (BoNTs) enthalten, als Wundbotulismus durch Infizierung einer Wunde mit Botulinumsporen, als Säuglingsbotulismus bei Kindern unter einem Jahr, ausgelöst durch eine Besiedlung des Darms mit Neurotoxin-produzierenden Clostridien aufgrund fehlender kompetitiver Darmflora sowie als Darmbotulismus in Form einer extrem selten auftretenden Besiedelung des Darms durch Neurotoxin-produzierende Clostridien.
Daneben gibt es zwei weitere Formen von Botulismus, die nicht natürlich vorkommen: Den Inhalationsbotulismus, beispielsweise bei Labormitarbeitern durch Inhalation von BoNTs bei Tierversuchen sowie den iatrogenen Botulismus durch (versehentliche) Überdosierung von BoNTs bei der therapeutischen oder kosmetischen Anwendung.
Zu den Symptomen des iatrogenen Botulismus gehören Schwäche und Müdigkeit. Zu den Toxizitäten nach einer kosmetischen Behandlung können verschwommenes Sehen, herabhängende Augenlider, Schluckbeschwerden und Mundtrockenheit gehören, während zu den Toxizitäten nach therapeutischen Behandlungen Atembeschwerden gehören, die auf eine Verabreichung einer Überdosis hinweisen.
Die Symptome von Botulismus können eine intensivmedizinische Behandlung sowie die Gabe von Botulinum-Antitoxin erfordern. Selbst dann dauert die vollständige Genesung jedoch normalerweise Wochen bis Monate. Es liegen nur begrenzte Informationen zur Quantifizierung der Sterblichkeit in Fällen von Botulismus vor, die durch medizinische Eingriffe verursacht wurden, bei lebensmittelbedingtem Botulismus liegt sie bei 5–10 Prozent.
Quellen: RKI, ECDC