Verordnungen zur künstlichen Befruchtung bearbeiten |
Juliane Brüggen |
06.08.2021 12:00 Uhr |
Bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF) findet die Befruchtung der Eizelle mit den Samenzellen des Partners im Reagenzglas statt. / Foto: Getty Images/JUAN GARTNER
Eine künstliche Befruchtung, auch assistierte Reproduktion (ART) genannt, ist häufig langwierig und belastend. Ein Erfolg ist nicht garantiert: Die Lebendgeburtenrate liegt bei 15 bis 20 Prozent. Hinzu kommen hohe Kosten für die Behandlung.
Eine komplette Erstattung durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gibt es nicht – unter bestimmten Bedingungen übernehmen Krankenkassen aber zumindest die Hälfte der Kosten. Das pharmazeutische Personal erkennt ein entsprechendes Rezept daran, dass der Arzt den Paragrafen 27a SGB V oder einen sonstigen Hinweis auf die künstliche Befruchtung vermerkt hat.
Alle Angaben zu Personen, Kassen- und Vertragsnummern sowie die Nummern der Codierzeile sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und unbeabsichtigt. Ortsangaben und Telefonnummern sind rein willkürlich gewählt, um den Beispielen eine reale Anmutung zu geben.
Vorlagedatum in der Apotheke: 04.08.2021 / Foto: PZ-Grafik
Dass Krankenkassen sich an den Kosten für „Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft“ beteiligen, geht auf § 27a Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) zurück. Für die Teil-Erstattung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
Weitere Details finden sich in den Richtlinien über künstliche Befruchtung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hier ist zum Beispiel festgelegt, über wie viele Behandlungszyklen die anteilige Erstattung möglich ist (je nach Methode der künstlichen Befruchtung).
Sind alle Voraussetzungen erfüllt und hat die Krankenkasse einen vorgelegten Behandlungsplan genehmigt, werden 50 Prozent der Kosten erstattet.
Gut zu wissen: Manche Krankenkassen bieten ihren Versicherten über die Regelung in § 27a SGB V hinaus freiwillige Mehrleistungen bei einer künstlichen Befruchtung an. Darüber hinaus besteht je nach Bundesland die Möglichkeit, weitere finanzielle Unterstützung über Bund und Länder zu erhalten – auch für unverheiratete Paare. Wie die Förderung im jeweiligen Bundesland aussieht, können Paare im Förder-Check prüfen.
Die Kryokonservierung (= Einfrieren von Körperzellen in flüssigem Stickstoff) von Ei- und Samenzellen fällt nicht unter die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach § 27a SGB V (vgl. G-BA-Richtlinie zur künstlichen Befruchtung). Seit 1. Juli 2021 wird diese Maßnahme aber vor einer potenziell keimzellschädigenden Therapie wie zum Beispiel einer Krebstherapie von der GKV erstattet. Dadurch sollen beispielsweise Krebspatientinnen und -patienten die Möglichkeit haben, sich nach der Therapie einen Kinderwunsch mittels künstlicher Befruchtung zu erfüllen.
Damit die abgebende Person in der Apotheke weiß, dass die 50-Prozent-Regelung greift, vermerkt der Arzt zum Beispiel »§ 27a SGB V« oder »künstliche Befruchtung« auf dem Rezept (siehe Rezeptabbildung). Die Apotheke bedruckt das Rezept dann mit der Sonder-PZN 09999643. Die Patientin beziehungsweise der Patient zahlt die Hälfte des Preises, wobei keine gesetzliche Zuzahlung anfällt. Handelt es sich um ein Präparat mit Mehrkosten (= Preis über dem Festbetrag), übernimmt die Krankenkasse nur die Hälfte des Festbetrages. Die Mehrkosten tragen Patientin oder Patient selbst.
Ist ein Arzneimittel mit Indikation zur künstlichen Befruchtung verordnet, aber kein Vermerk auf dem Rezept zu finden, rechnet die Apotheke das Rezept in der Regel wie ein übliches Kassenrezept ab. Die Wirkstoffe sind teils zur Behandlung anderer Erkrankungen zugelassen oder werden off label in anderen Indikationen eingesetzt. PTA und Apotheker müssen die zugrundeliegende Indikation nicht hinterfragen – das fällt in den Verantwortungsbereich des Arztes.
Es gibt jedoch Ausnahmen: In Arzneilieferverträgen der Primärkassen kann je nach Bundesland eine Prüfpflicht der Apotheke vereinbart sein. Bei Ersatzkassen (BARMER, DAK-Gesundheit, HEK, hkk, KKH und TK) ist hingegen aktuell keine Prüfpflicht im Vertrag zu finden.
Unabhängig davon sollte eine Unklarheit in Rücksprache mit dem Arzt geklärt werden, wenn offensichtlich ist, dass es sich um eine Verordnung im Rahmen der künstlichen Befruchtung handelt, zum Beispiel, weil es im Gespräch auffällt oder ein Kinderwunschzentrum im Arztstempel steht. Dann kann der Hinweis gegebenenfalls ergänzt und das Rezept richtig abgerechnet werden.
Auf den Rezepten sind häufig hormonell wirksame Arzneimittel verordnet, die bei Frauen beispielsweise die Entwicklung der Follikel stimulieren. Typische Wirkstoffe mit ihrer Wirkung im Rahmen einer ART sind: