PTA-Forum online
Therapie

Versorgung bei Neurodermitis mangelhaft

Zu wenig spezialisierte Ärzte

Auch Teresa Walter hat erst jetzt über den DAAB von der neuen systemischen Behandlungsoption erfahren. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass es in ihrer Wohnnähe zu wenige auf Neurodermitis spezialisierte Ärzte gibt. Zudem hatten viele Hautärzte, die sie anrief, einen Aufnahmestopp für Neupatienten. »Was soll ich machen? Ich habe jetzt akute Hautbeschwerden, aber keinen Zugang zum medizinischen System, obwohl ich krankenversichert bin«, fragt sie sich. Ihre Krankenkasse vermittelte ihr schließlich einen Termin bei einem etwas weiter entfernten Hautarzt. Der Rat dort: »Hören Sie auf zu schwitzen und nehmen Sie Cortisol!«

»Das war für mich so niederschmetternd. Cortisol verwendete ich bereits, sah dies aber nicht als Dauerlösung. Ich hatte so auf neue Ideen gehofft«, erzählt Walter resigniert. Und Schwitzen gehört zu ihrer Leidenschaft, dem Triathlon. Sie fragt sich: »Wenn selbst Fachärzte nicht gut ausgebildet sind, eine Neurodermitis individuell zu behandeln, wie soll dann erst eine Gesellschaft verstehen, wie schlimm diese Erkrankung für den Betroffenen und sein Umfeld ist?«

Letztlich ist sie in der Notfallsprechstunde einer ortsansässigen Hautärztin gelandet. Bei ihr ist sie noch heute in Behandlung. Sie kennt aber auch Neurodermitiker, die aufgegeben haben und zu keinem Arzt mehr gehen. Darunter sind auch solche, »die von Cortisol die Nase voll haben«. Wegen der Nebenwirkungen. Selbst verteufele sie Cortisol nicht. Auch laut Leitlinie sind Glucocorticoid-Präparate neben Calcineurin-Antagonisten die wichtigsten Wirkstoffe für die äußerliche Arzneimitteltherapie. Aber man müsse wissen, wie man die Cortisol-Präparate richtig anwende und ausschleichend absetze. Immer in Absprache mit dem Arzt. Über die richtige Anwendung würden viele Patienten nicht aufgeklärt.

Pflege aus der Apotheke

Die Apotheke ist die zweite wichtige Anlaufstelle für Teresa Walter, denn Basistherapie für Neurodermitiker ist die Hautpflege. Walter ist dankbar für die kompetente Beratung zu geeigneten Pflegeprodukten – im Frühjahr, wenn die Haut zusätzlich von Pollen gereizt ist oder im Winter, wenn ihre Haut mehr Feuchtigkeit und Fett benötigt als im Sommer. Walter beklagt jedoch die hohen Preise und fragt sich, warum die Pflegeprodukte nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung bezuschusst werden? Manche Neurodermitiker kauften günstigere Pflegeprodukte in der Drogerie, weil sie sich die teureren nicht leisten könnten. Leider seien diese oft weniger wirksam.

Die Behandlung der Neurodermitis ist mehr als nur eine Arzneimitteltherapie. Sie braucht eine individuelle psychosoziale Begleitung und eine präventive Beratung etwa zu Lebensstil und Ernährung. Eine wichtige und nachweislich wirksame Maßnahme ist die Patientenschulung. Aber auch hier herrscht eine Unterversorgung. Viele Neurodermitiker kennen das Angebot gar nicht.

Teresa Walter erfuhr vor drei Jahren über ihre Hautärztin von einer Neurodermitis-Schulung und nahm daran teil. Für sie ein Glücksfall: Ihr ist bewusst geworden, dass die Neurodermitis bei jedem individuell verläuft, es nicht das eine Medikament für alle gibt. Dort wurde auch mit Mythen rund um Sport- und Nahrungsmittelverzicht (kein Zucker, keine Schokolade) aufgeräumt. Im Gegenteil: Sport tue ihr gut, physisch und psychisch. Und auch Kratzalternativen (etwa Juckreiz umleiten, indem man in die gesunde Umgebung der juckenden Haut kneift, leichtes Klopfen, Reiben oder ein Igelball) sowie Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelentspannung hat sie für sich entdeckt, um den Juckreiz etwas besser kontrollieren zu können. Die Schulung hat sie zudem psychisch gestärkt. Ihr neues Mantra: »Die Krankheit ist ein Teil von mir. Ich brauche meine Haut nicht zu verstecken.«

Mehr von Avoxa