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Süßkartoffel

Vielseitiges Trendgemüse

Frittiert, gebacken, gebraten oder gedünstet: Die Süßkartoffel lässt sich überaus vielseitig zubereiten. Ihr feiner süßlicher Geschmack und reichlich Nährstoffe sorgen für wachsende Beliebtheit.
Ulrike Becker
03.05.2019  16:00 Uhr

Süßkartoffeln erobern zunehmend das Gemüseregal. Waren sie vor wenigen Jahren nur in ausgewählten Großmärkten zu bekommen, bietet sie mittlerweile fast jeder Supermarkt nahezu ganzjährig an. Auch die Anbauflächen wurden ausgeweitet. Früher stammten die Importe meist aus den USA oder Kanada, mittlerweile produzieren auch europäische Landwirte in Spanien, Italien oder Portugal die süße Knolle – mit steigender Tendenz. Agrarwissenschaftler konnten zeigen, dass auch in Deutschland die Ernte möglich ist. Seit 2007 gibt es Anbauversuche im Gewächshaus und im Freiland. Die Forscher gehen davon aus, dass die zu erwartende Klimaerwärmung die Süßkartoffelproduktion hierzulande zusätzlich begünstigen könnte. Derzeit bauen vor allem ökologisch wirtschaftende Betriebe das exotische Gemüse an.

Die Süßkartoffel (Ipomoea Batatas) – auch Batate oder weiße Kartoffel genannt – stammt vermutlich aus Südamerika. Ganz sicher sind Historiker sich dabei allerdings nicht. Wahrscheinlich gelangte sie um das 16. Jahrhundert herum mit den Seefahrern nach Europa, Afrika und Asien. Wirtschaftlich betrachtet hat die Süßkartoffel enorme Bedeutung: Mit knapp 140 Millionen Tonnen geernteter Ware zählt sie zu den sieben wichtigsten Nahrungspflanzen auf der Welt; unter den Knollengewächsen liegt sie sogar auf Platz drei, hinter Kartoffeln und Maniok. Hauptproduzent ist China, wo etwa zwei Drittel der weltweit geernteten Bataten angebaut werden; mit deutlichem Abstand folgen die afrikanischen Länder Malawi, Nigeria und Tansania.

Ihre Nutzung fällt regional sehr unterschiedlich aus. In vielen tropischen und subtropischen Ländern Mittel- und Südamerikas, Afrikas und in Indonesien stellt die nährstoffreiche Knolle ein wichtiges Grundnahrungsmittel dar. Frühe Aufzeichnungen sprechen dafür, dass ihre Verwendung in diesen Ländern auf eine lange Tradition zurückblickt. Kein Wunder, spricht auch die gute Lagerfähigkeit und die einfache Zubereitung für einen breiten Einsatz in der alltäglichen Ernährung.

In den USA und Kanada zählt das Wurzelgemüse ebenfalls seit geraumer Zeit zum festen Bestandteil des Speiseplans. So gehört die Süßkartoffel an Thanksgiving neben dem Truthahn in vielen amerikanischen Haushalten auf die traditionelle Festtafel. In Deutschland überzeugte die süße Knolle zunächst in Trendrestaurants, hippen Burgerläden oder auf Food-Truck-Festivals als Alternative zu herkömmlichen Pommes und sie ist weiter auf Erfolgskurs. In China nutzen Industriebetriebe sie darüber hinaus zur Gewinnung von Stärke und Ethanol.

Botanik und Wachstum

Botaniker zählen die Süßkartoffel zu den Windengewächsen; sie wird daher auch als Knollenwinde bezeichnet. Mit den herkömmlichen Speisekartoffeln, die zu den Nachtschattengewächsen gehören, besteht folglich keine Verwandtschaft. Den ähnlichen Namen haben sie wohl ihrem knolligen Erscheinungsbild zu verdanken. Gemeinsam ist ihnen zudem, dass sie unter der Erde wachsen und sich aufgrund ihres hohen Stärkeanteils ähnlich verwenden lassen. Die niedrig wachsende, krautige Süßkartoffelpflanze bildet langstielige Blätter und trichterförmige weiß-violette Blüten aus. Die Blätter und Triebe sind ebenfalls essbar und werden in einigen der Ursprungsländer jung geerntet und ähnlich wie Spinat verarbeitet.

Die unregelmäßig geformten Knollen wachsen als unterirdisches Speicherorgan heran und können sich je nach Sorte im Aussehen deutlich unterscheiden. Die Vielfalt reicht von eher kleinen, rundlichen über länglich-spindelförmigen bis zu sehr großen Exemplaren, die mehr als ein Kilogramm schwer sind. Die Palette an unterschiedlichen Schalenfarben, die braun-rötlich bis purpurrot oder gelblich-weiß ausfallen können, erweitert das mannigfaltige Erscheinungsbild. Das Fruchtfleisch der in Deutschland erhältlichen Sorten leuchtet meist in sattem Orange, auch weiß-gelbliche oder violette Varianten sind auf dem Markt.

Optimale Wachstumsbedingungen finden die Pflanzen bei Temperaturen um 24 Grad und geringen Niederschlägen. Das Windengewächs zeichnet sich jedoch durch eine breite Anpassungsfähigkeit aus. Nur wenige Schädlinge und Krankheiten bedrohen die Aufzucht.

Nährstoffreiche Knolle

Den süßen Geschmack verdankt die Batate ihrem hohen Anteil an Kohlenhydraten. Er fällt um rund 10 Prozent höher aus als bei der üblichen Speisekartoffel und liegt bei etwa 24 Gramm pro 100 Gramm Gemüse. Davon sind rund 7 Gramm freier Zucker in Form von Saccharose. Bemerkenswert ist der hohe Gehalt an Beta-Carotin, der Vorstufe von Vitamin A, sowie weiteren Carotinoiden. Die antioxidativ wirkenden sekundären Pflanzenstoffe gelten als günstig in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und altersbedingten Augenerkrankungen.

Die höchsten Konzentrationen finden sich in den beliebten orangen und in gelben Süßkartoffelsorten, die violetten Sorten punkten dafür mit ihrem Gehalt an Anthocyanen. Letztere zählen zu den Polyphenolen. Experten rechnen diese Gruppe an sekundären Pflanzenstoffen ebenfalls zu den Antioxidanzien. Das heißt, sie üben als Radikalfänger vielfältigen Schutz auf Zellen und Gefäße des menschlichen Körpers aus und werden hinsichtlich ihrer präventiven Wirkung bei Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforscht.

Bemerkenswert ist der hohe Gehalt an Vitamin E, ein weiterer Inhaltstoff der Süßkartoffel mit antioxidativen Eigenschaften. Gegenüber der Kartoffel mit nur 0,1 Milligramm beträgt die Konzentration bei der Batate 4,6 Milligramm. Auch den Vitamin C-Gehalt der Kartoffel übertrifft die Knolle um fast das Dreifache.

Wie die Kartoffel kann die exotische Konkurrenz auch zur Verbesserung der Folat-Versorgung beitragen. Im Schnitt nimmt die deutsche Bevölkerung nur etwa zwei Drittel der von Fachgesellschaften ausgesprochenen Zufuhrempfehlung auf. Folat ist allerdings hitzeempfindlich, weswegen eine schonende Zubereitung wichtig ist; das heißt, die Knollen kurz und im Ganzen waschen, dünsten statt kochen und nicht warmhalten.

An Mineralstoffen kann das Wurzelgemüse hauptsächlich mit Kalium aufwarten, nennenswert sind zudem die Gehalte an Calcium und Magnesium. Mit drei Gramm Ballaststoffen stellt es zudem eine gute Quelle für die wertvollen Faserstoffe dar. Lebensmitteltechnologen arbeiten daran, aus Schalenresten, die bei der Verarbeitung von Süßkartoffeln anfallen, Ballaststoffe zu isolieren und als Zusatz in der Lebensmittelindustrie einzusetzen, beispielsweise in Nahrungsergänzungsmitteln.

Präventiv wirksam?

Laut dem Bundeszentrum für Ernährung (BZFE) liegt der glykämische Index (GI) bei gekochten Süßkartoffeln je nach Sorte und Zubereitungsart oft unter 55 und damit unter dem von Kartoffeln. Das bedeutet, dass der Blutzucker- und Insulinspiegel nach dem Genuss der süßen Knolle trotz des hohen Kohlenhydrat- und Zuckergehalts langsamer und nicht so stark ansteigt wie nach dem Verzehr von Speisekartoffeln. Im Hinblick auf die Prävention verschiedener Stoffwechselerkrankungen ist sie damit etwas günstiger einzustufen als das einheimische Pendant.

In der traditionellen chinesischen Medizin werden Rezepturen mit Süßkartoffeln zur Behandlung von Diabetes eingesetzt, zum Beispiel bei Symptomen wie Durst oder Unruhe. In Japan schreibt die Naturheilkunde rohen Süßkartoffeln eine Wirkung bei Anämie, Bluthochdruck und Diabetes zu. Positive Effekte in der Prävention und Therapie von Typ-2-Diabetes konnte auch ein europäisches Forscherteam in einer 2004 veröffentlichten Untersuchung bestätigen. Ein Extrakt der weißen Süßkartoffel – Caiapo genannt – wird in Japan seit Jahren zur Vorbeugung und Behandlung von Typ-2-Diabetes vermarktet.

Veröffentlichungen zur Wirksamkeit und Sicherheit dieses Wirkstoffs bestanden jedoch bislang hauptsächlich aus Fallberichten und unkontrollierten Studien. In einer ersten Studie mit 18 nicht medikamentenpflichtigen Typ-2-Diabetikern zeigte die Gabe von 4 Gramm Caiapo täglich über 6 Wochen positive Effekte auf den Blutzuckerspiegel. Die Insulinsensitivität erhöhte sich, ohne die Insulinsekretion zu beeinflussen. Die nachfolgende Studie der Forscher mit 61 Diabetikern bestätigte die ersten Ergebnisse. Nach dreimonatiger Behandlung hatte knapp die Hälfte der Patienten in der Caiapo-Gruppe Nüchternblutzuckerspiegel von weniger als 126 Milligramm pro Deziliter; der HbA1c (Langzeitblutzucker) sank um 0,5 Prozent. Der Wirkmechanismus des Süßkartoffelextrakts ist bisher nicht vollständig verstanden. Die Forscher stuften ein saures Glycoprotein als möglichen Kandidaten für die positiven Effekte ein.

Eine Meta-Analyse der etablierten Cochrane-Gesellschaft aus dem Jahr 2013 deutet ebenfalls auf leicht positive Wirkungen des Süßkartoffelextrakts Caiapo auf die Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetikern. Abschließend halten die Autoren jedoch weitere Studien mit besserer Aussagekraft für nötig, ehe konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden können. Weitere kleine Studien zeigten günstige Effekte des Extrakts aus weißschaligen Süßkartoffeln auf den Cholesterolspiegel und Entzündungsmarker.

Roh nur bedingt ein Genuss

Mit Schale oder ohne, roh oder gekocht, als Beilage, Knabberei oder Zutat in Backwerk – kaum ein Gemüse scheint so vielseitig wie die Süßkartoffel. Ungekocht erinnert der Geschmack der Knollen etwas an Karotten, das Aroma enthält zusätzlich eine leicht nussige Note. Manche Sorten können geringe bis nennenswerte Mengen der giftigen Blausäure enthalten. Einige Verbraucherschützer raten daher sicherheitshalber vom Rohverzehr in größeren Mengen ab beziehungsweise empfehlen, das Gemüse zu kochen. Dies gilt insbesondere, wenn es in Beikostbrei für Babys verarbeitet wird. Hitze zerstört den toxischen Inhaltsstoff.

Andere Ernährungsexperten halten einen rohen Genuss hin und wieder jedoch für unbedenklich. Welche Sorten problematische Blausäuregehalte beinhalten, ist für Verbraucher leider nicht erkenntlich. Auch der Oxalsäuregehalt einiger Sorten schmälert den Genuss in rohem Zustand. Die Säure bindet Mineralstoffe wie Calcium, Eisen oder Magnesium, die so für den Körper nicht mehr zur Verfügung stehen. Ab einem Wert von über 50 Milligramm pro 100 Gramm Lebensmittel gilt ein Gemüse als oxalsäurereich. Die Gehalte der Süßkartoffel schwanken in Abhängigkeit der Sorte von 280 bis 570 Milligramm pro 100 Gramm. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Mangold enthält 650 und Rhabarber rund 480 Milligramm. Kochen reduziert die Konzentration deutlich. Die Säure löst sich dabei ins Kochwasser. Es sollte aus diesem Grund nicht weiterverwendet werden. Anders als bei Kartoffeln besteht bei Bataten keine Gefahr, giftiges Solanin aufzunehmen.

Nährstoffreiche Alternative

Mit ihrem Nährstoffreichtum übertreffen die Bataten die herkömmlichen Kartoffeln in allen Punkten. Sie stellen daher eine echte Bereicherung der Alltagsküche dar und sind eine leckere Alternative zur klassischen Stärkebeilage. Eingeschrumpelte oder angekeimte Ware lässt man allerdings am besten im Laden liegen. Frische Bataten sind fest und halten sich bei Raumtemperatur trocken und dunkel gelagert zwei bis drei Wochen. Im Kühlschrank altern sie aufgrund der niedrigen Temperaturen dagegen rasch.

Erhitzen tut dem Wurzelgemüse auch aus Geschmacksgründen gut. Denn der süßliche Geschmack tritt beim Backen oder Kochen noch intensiver hervor. Er erinnert an eine angenehme feine Mischung aus Karotten, Hokkaidokürbis und Kartoffeln und überzeugt damit auch kritische große und vor allem kleine Esser. Die meisten Nähr- und Aromastoffe bleiben erhalten, wenn das Wurzelgemüse mitsamt Schale zubereitet wird. Ein weiterer Pluspunkt des Kochens: Das reichlich enthaltene Beta-Carotin wird für den Körper besser verfügbar.

Da das Gemüse schnell zu weich bis matschig wird, sollte beim ersten Ausprobieren die in den Rezepten angegebene Zeit sicherheitshalber etwas unterschritten werden. Ob als Püree, Gemüsebeilage, im Auflauf, als Pommes-Variante oder knusprige Ofenchips – die in Deutschland erhältlichen Sorten sorgen mit ihrer leuchtend orangen Farbe auch für farbliche Akzente. Selbst in Kuchen-, Muffin- oder Brotteigen lassen sie sich unkompliziert verarbeiten und geben den Backwerken eine angenehme Feuchtigkeit. Die Amerikaner lieben beispielsweise Sweet-Potato-Pie, einen süßen Kuchen mit gekochten und pürierten Knollen als Belag. Zum Ausprobieren eignet sich eine unkomplizierte Süßkartoffelsuppe bestens, etwas Chili ergänzt den angenehmen Süßgeschmack perfekt um exotische Schärfe. Für die Vorratskammer kann das Wurzelgemüse nicht zuletzt auch eingekocht oder zu Marmelade verarbeitet werden. Ein Tipp für die Zubereitung: Geschälte Süßkartoffeln sollten zügig verarbeitet werden, da sich das farbige Innere sonst durch Oxidationsprozesse unschön verfärbt. Wer Lust auf neue Geschmackserlebnisse hat – Ausprobieren lohnt sich in jedem Fall.

Süßkartoffel* Kartoffel* (frisch gegart)
Energie 111,4 kcal 68,6 kcal
Eiweiß 1,6 g 2
Kohlenhydrate 24,1 g 14,2
Fett 0,6 g 0,1 g
Ballaststoffe 3,1 g 2,3 g
Kalium 413 mg 333 mg
Magnesium 25 mg 18 mg
Calcium 35 mg 6 mg
Folsäure 12 µg 3 µg
Beta-Carotin 8,6 mg -
Vitamin A-Äq. 1,4 µg 1 µg
Vitamin C 30 mg 12 mg
Vitamin E 4,6 mg 0,1 mg
*100 g Lebensmittel
Quelle: Uni Hohenheim (Interaktive Lebensmittelanalyse)
Quelle: Uni Hohenheim (Interaktive Lebensmittelanalyse)

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