Vitamin A: Nicht nur fürs Auge |
Kerstin Pohl |
03.04.2019 13:30 Uhr |
Das in Karotten enthaltene Beta-Carotin ist gut für die Augen. / Foto: Shutterstock/Nina Buday
Als Vitamin A wird eine Substanzgruppe fettlöslicher Verbindungen bezeichnet, deren zentrale Wirkform Retinol ist. Dieses kann vom Körper in andere Wirkformen umgewandelt und als Retinylester gespeichert werden. Diese sind ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten. In Pflanzen finden sich eine Reihe von Provitamin-A-Carotinoiden, die in unterschiedlichem Maße zu Vitamin A umgewandelt werden können. Das für die menschliche Vitamin-A-Versorgung bedeutendste Provitamin A ist das Betacarotin, da es eine hohe Umwandlungsrate in Retinol besitzt.
Von zentraler Bedeutung ist Vitamin A für die Zelldifferenzierung und damit für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Funktion der meisten Gewebe wie Haut und Schleimhäute. Vitamin-A-Säure-Präparate sind die am besten untersuchten und effektivsten Topika im Anti-Aging-Bereich.
Zudem ist Vitamin A für die Entwicklung und Funktion von Lymphozyten, an der Blutbildung, Knochenmineralisierung und an der Entwicklung von Keimzellen beteiligt.
Der Name Retinol, abgeleitet vom lateinischen Begriff Retina für Netzhaut, gibt einen Hinweis auf eine weitere Funktion des Vitamins: den Sehvorgang. Als Bestandteil des Sehpurpurs ist Vitamin A für das Hell-Dunkel-Sehen von Bedeutung.
Carotinoide, allen voran Betacarotin, haben eine antioxidative Wirkung. Sie werden deshalb gerne in Kosmetika zur Haltbarmachung eingesetzt.
Die genauen Bedarfswerte unterscheiden sich je nach Geschlecht, Alter und auch der Lebensweise. Auch eine nervliche Belastung durch Stress und Bewegung können den Tagesbedarf verändern. Die Grundlage für die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist die ausreichende Speicherung von Vitamin A in der Leber.
Die Empfehlung für die tägliche Vitamin A-Zufuhr wird in Retinolaktivitätsäquivalenten (RAE) angegeben. Sie berücksichtigt die Verwertung von Provitamin-A-Carotinoiden. So werden für Frauen 700 µg RAE und Männern 850 µg RAE täglich empfohlen. Schwangeren werden 800 µg RAE und Stillenden 1300 µg RAE am Tag angeraten.
Alter | Retinol, µg-Aktivitätsäquivalent (RAE)/Tag | Retinol, µg-Aktivitätsäquivalent(RAE)/Tag |
---|---|---|
männlich | weiblich | |
SÄUGLINGE | ||
0 bis 4 Monate | 500 | 500 |
4 bis 12 Monate | 400 | 400 |
KINDER | ||
1 bis unter 4 Jahre | 300 | 300 |
4 bis unter 7 Jahre | 350 | 350 |
7 bis unter 10 Jahre | 450 | 450 |
10 bis unter 13 Jahre | 600 | 600 |
13 bis unter 15 Jahre | 800 | 700 |
JUGENDLICHE/ERWACHSENE | ||
15 bis unter 19 Jahre | 950 | 800 |
19 bis unter 25 Jahre | 850 | 700 |
25 bis unter 51 Jahre | 850 | 700 |
51 bis unter 65 Jahre | 850 | 700 |
65 Jahre und älter | 800 | 700 |
SCHWANGERE ab 4. Monat | – | 800 |
STILLENDE | – | 1300 |
Nachtblindheit und Probleme mit dem Hell-Dunkel-Sehen (Dämmerungssehen) sind die ersten klinischen Anzeichen für einen Vitamin-A-Mangel. Auch an Haut und Haaren zeigt sich ein Vitamin A-Mangel. Die Haare werden glanzlos und brüchig und die Haut wird schuppig, rissig, trocken und beginnt zu verhornen. Zudem treten eine erhöhte Infektanfälligkeit und Wachstumsstörungen auf.
Ein ausgeprägter Mangel an Vitamin A tritt in den westlichen Industrieländern nicht auf. Auf eine Supplementierung von Vitamin A kann daher in der Regel verzichtet werden. Die Aufnahme ist im Normalfall über die Ernährung gesichert.
Anders sieht es in Entwicklungsländern aus. Hier ist ein Vitamin-A-Mangel weitverbreitet und führt häufig zu Erblindung und einer hohen Kindersterblichkeitsrate.
In Industrieländern zählen Schwangere, Neugeborene und Kinder bis zum 5. Lebensjahr zu den Risikogruppen für eine Hypovitaminose. Doch auch Senioren können bei einseitiger Ernährung, genauso wie Veganer, mit Vitamin A unterversorgt sein.
Foto: Adobe Stock/vaaseenaa
• Bezeichnung: Vitamin A, zum Beispiel Retinol
• Vorstufe: Provitamin A (Beta-Carotin)
• gut für Zellwachstum, Hell-Dunkel-Sehen, Nerven, Haut, Schleimhäute
• Vitamin A: tierische Lebensmittel (Leber, fettreicher Fisch und Käse), Provitamin A: pflanzliche Lebensmittel (gelbes und oranges Obst und Gemüse, grünes Gemüse)
• Tagesbedarf: Männer 850 µg RAE, Frauen 700 µg RAE (= 80 g Möhren, 140 g Spinat, 150 g Makrele)
• fettlöslich, hitze- und lichtempfindlich
Vitamin A ist nur in tierischen Produkten enthalten. Gute Quellen sind beispielsweise Leber, Eier oder fetter Fisch. Viele pflanzliche Lebensmittel sind dafür reich an Provitamin A (Beta-Carotin). Einen hohen Gehalt haben gelbes und oranges Obst und Gemüse wie Melonen, Aprikosen, Karotten oder Paprika sowie dunkelgrünes Gemüse wie Grünkohl, Spinat oder Broccoli.
Bei der Lagerung und dem Verarbeiten der Lebensmittel ist zu beachten, dass Vitamin A und Beta-Carotin empfindlich gegenüber Hitze, Licht und Sauerstoff sind. Lebensmittel sollten deshalb nur kurz gekocht und dunkel gelagert werden.
Beta-Carotin kann vom Körper zudem am besten genutzt werden, wenn die pflanzlichen Zellen vorher zerstört wurden. Es empfiehlt sich daher, Obst und Gemüse zu zerkleinern, zu dünsten, zu blanchieren oder zu entsaften. Zusätzlich wird die Aufnahme durch Fett verbessert, weshalb sich der Verzehr mit Butter oder Öl ratsam ist.
Eine Überdosierung mit Vitamin A oder Carotinoiden ist über die Nahrung in der Regel nicht möglich. Eine Ausnahme bildet Leber – das Vitamin-A-reichste Lebensmittel. 100 g Leber enthalten 3 mg Vitamin A. Diese Menge reicht aus, um den Bedarf an Vitamin A von zwei Wochen zu decken.
Da Vitamin A nicht wasserlöslich ist, kann der Körper einen Überschuss nicht mit dem Urin ausscheiden. Es reichert sich daher im Körper an, vor allem in der Leber.
Eine kurzfristige Überdosierung macht sich durch Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen bemerkbar. Eine langfristige Hypervitaminose kann zum Verlust der Körperbehaarung, erhöhtem Hirndruck und Calciumüberschuss mit weitergehenden Folgen führen.
Obwohl für eine normale fetale Entwicklung eine ausreichende Aufnahme von Vitamin A wichtig ist, sollten Frauen zu Beginn einer Schwangerschaft weder Vitamin A-Präparate einnehmen noch Leber verzehren, da eine zu hohe Aufnahme den Embryo schädigen kann.
Arzneimittel mit synthetischen Retinol-Derivaten zum Beispiel Tretionin oder Isotretinoin kommen bei Formen der schweren Akne zum Einsatz. Die verschreibungspflichtigen Medikamente unterliegen strengen Auflagen: Aufgrund ihrer hohen Teratogenität dürfen Frauen im gebärfähigen Alter diese Arzneimittel nur einnehmen, wenn sie speziell vom Dermatologen oder Gynäkologen überwacht werden.
»Nicht immer ist eine Nahrungsergänzung sinnvoll. Eine falsche Kombination von Supplementen oder eine Überdosierung bestimmter Nährstoffe kann unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Eine Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte stets mit dem Arzt abgesprochen sein.«