Vitamin B2: Schwung für den Stoffwechsel |
Kerstin Pohl |
28.08.2019 09:30 Uhr |
Milch ist gesund — nicht nur aufgrund ihres Calciumgehalts. Auch das enthaltene Vitamin B2 ist wichtig für den Stoffwechsel. / Foto: iStock/Andresr
Vitamin B2, auch Riboflavin genannt, ist eine Vorstufe der Coenzyme Flavinmononukleotid (FMN) und Flavinadenindinukleotid (FAD) und spielt somit eine wichtige Rolle im Energie- und Proteinstoffwechsel.
Denn die Coenzyme FMN und FAD sind beteiligt an der Atmungskette, dem Cytochrom-P-450-System, der Oxidation von Fettsäuren und Aminosäuren. Darüber hinaus sind FMN und FAD für den Stoffwechsel der B-Vitamine Niacin, Vitamin B6 und Folsäure wichtig. Zudem wirkt Vitamin B2 antioxidativ und ist notwendig für das Wachstum und die Entwicklung der Zellen.
Die Speicherkapazität von Vitamins B2 ist abhängig von einem Apoprotein, das Riboflavin im Blut transportiert. Dabei kann der Speicher zwei bis sechs Wochen aufrechterhalten werden.
Doch das Vitamin wird nicht nur über die Nahrung zugeführt, sondern auch im Dickdarm von der Mikrobiota gebildet. Inwieweit das zur Versorgung an Riboflavin beiträgt ist jedoch nicht bekannt. Um über die Nahrung ausreichend mit dem Vitamin versorgt zu sein, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) folgende Schätzwerte:
Alter | Vitamin B2, mg/Tag | Vitamin B2, mg/Tag |
---|---|---|
männlich | weiblich | |
SÄUGLINGE | ||
0 bis 4 Monate | 0,3 | 0,3 |
4 bis 12 Monate | 0,4 | 0,4 |
KINDER/JUGENDLICHE | ||
1 bis unter 4 Jahre | 0,7 | 0,7 |
4 bis unter 7 Jahre | 0,8 | 0,8 |
7 bis unter 10 Jahre | 1,0 | 0,9 |
10 bis unter 13 Jahre | 1,1 | 1,0 |
13 bis unter 15 Jahre | 1,4 | 1,1 |
15 bis unter 19 Jahre | 1,6 | 1,2 |
ERWACHSENE | ||
19 bis unter 25 Jahre | 1,4 | 1,1 |
25 bis unter 51 Jahre | 1,4 | 1,1 |
51 bis unter 65 Jahre | 1,3 | 1,0 |
65 Jahre und älter | 1,3 | 1,0 |
SCHWANGERE 2. Trimester | – | 1,3 |
SCHWANGERE 3. Trimester | – | 1,4 |
STILLENDE | – | 1,4 |
Ein isolierter Vitamin-B2-Mangel ist selten, da oft mehrere B-Vitamine in einem Lebensmittel enthalten sind. Eine unausgewogene Ernährung führt daher meist zu einem Mangel an mehreren Vitaminen. Dieser zeigt sich erst nach drei bis vier Monaten.
Die Symptome eines Riboflavin-Mangels sind zunächst unspezifisch und reichen von Müdigkeit, Konzentrationsschwäche bis zu mangelndem Appetit. Typische Symptome einer Unterversorgung sind Haut- und Schleimhautentzündungen, Einrisse der Mundwinkel (Rhagaden) und schuppende Ekzeme.
Bei einem schweren Riboflavin-Mangel kommt es zu einer Blutarmut (Anämie) sowie zu einer Störung des Pyridoxin- und Niacinstoffwechsels.
Foto: Adobe Stock/baibaz
• Vitamin B2 (Riboflavin)
• Wachstum und Entwicklung der Zellen, als Coenzym im Energie- und Proteinstoffwechsel
• Milch und -produkte, Leber, Vollkornprodukte
• Geschätzter Tagesbedarf: Männer 1,3 bis 1,4, Frauen 1,0 bis 1,1 mg
• Camembert 0,67 mg/100 g, Gorgonzola 0,43 mg/100 g, Milch 0,18 mg/100 g, Kalbsleber 2,61 mg/100 g
Riboflavin ist in vielen Lebensmitteln enthalten, wobei die Bedarfsdeckung vor allem durch Milch und Milchprodukte erfolgt. Höhere Konzentrationen sind in verarbeiteter Milch wie Quark und Käse zu finden. So enthält beispielsweise Camembert 0,67 mg/100 g, Emmentaler 0,3 mg/100 g und Gorgonzola 0,43 mg/100 g. Dabei ist der Riboflavin-Gehalt unabhängig vom Fettgehalt der Milchprodukte.
Aus Milch und Milchprodukten ist das Vitamin besonders gut verfügbar, da es hier ungebunden als freies Riboflavin vorliegt. Darüber hinaus ist das ansonsten sehr lichtempfindliche Vitamin in Milch auch besonders oxidationsstabil.
Einen hohen Gehalt an Riboflavin weist auch Leber auf. So enthält Kalbsleber 2,61 mg/100 g und Schweineleber 3,17 mg/100 g.
In Obst und Gemüse hingegen ist nur wenig Riboflavin (zum Beispiel Brokkoli oder Grünkohl 0,2 mg /100 g) enthalten. Der Gehalt in Getreide ist abhängig vom Verarbeitungsprozess: Je stärker das Getreide verarbeitet wurde, desto geringer ist der Riboflavin-Gehalt (bis auf ein Drittel reduziert). In Keimen und Kleie hingegen ist die Riboflavin-Konzentration höher.
Bei einer ausgewogenen Ernährung ist ein Vitamin-B2-Mangel in Deutschland selten. Strikte Veganer, die Milch und Milchprodukte ablehnen, haben jedoch ein erhöhtes Risiko nicht genügend Riboflavin zu sich zu nehmen. Auch Sportler, die einen erhöhten Bedarf an Vitamin B2 haben, können unterversorgt sein. Ebenso betroffen sind chronische Alkoholiker.
Schwangere sollten ebenfalls auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B2 achten. Bei einer Zufuhr unter 12 mg Riboflavin am Tag steigt die Gefahr einer Eklampsie und der kardialen Fehlbildung beim Kind.
Manchmal können auch Medikamente zu einer Vitamin-B2-Mangelsymtomatik führen sein. So hemmen Chlorpromazin, Antidepressiva (zum Beispiel Amitriptylin oder Imipramin), Chemotherapeutika (zum Beispiel Adriamycin) und einige Mittel gegen Malaria (Quinacrin) die Bildung des aktiven Flavoenzyms. Auch Patienten mit einer Herzinsuffizienz, insbesondere wenn sie Schleifendiuretika einnehmen, sind häufig mit Riboflavin unterversorgt.
Vitamin B2 ist auch in hohen Dosierungen nicht toxisch. Bedingt durch die schnelle Ausscheidung über den Urin und die begrenzte Löslichkeit des Vitamins, zeigen sich, selbst wenn das 100- bis 200-fache der Empfehlung eingenommen wird, keine Nebenwirkungen. Dennoch sollten die Empfehlungen der DGE berücksichtigt und Vitamine oder Nahrungsergänzungsmittel nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt in hoher Dosierung eingenommen werden.
Hohe Dosierungen an Riboflavin färben den Urin gelb. Daher wird das Vitamin auch als Compliance-Indikator für Medikamentenstudien verwendet.
Darüber hinaus findet Vitamin B2 Verwendung in der Migränetherapie. Die kanadische Kopfschmerzgesellschaft empfiehlt bis zu bis 400 mg Riboflavin am Tag, um Migräneanfälle zu reduzieren.
Doch nicht immer ist ein hoher Vitamin-B2-Status von Vorteil. Eine niedrige Konzentration an Riboflavin scheint vor Malaria zu schützen. Studien zeigten, dass ein niedriger Vitamin-Status mit einer geringen Anzahl an Parasiten einhergeht. Bei der sogenannten Mirasol-Methode verhindert Riboflavin in Kombination mit UV-Strahlen die Vermehrung der Krankheitserreger. Dieses Verfahren könnte zukünftig in Entwicklungsländern eingesetzt werden, um die Übertragung von Malaria über Bluttransfusionen einzudämmen.