Vitamin D: Das Sonnenvitamin |
Kerstin Pohl |
26.06.2019 09:00 Uhr |
Durch Sonneneinstrahlung kann der Körper aus einer Vorstufe selbst Vitamin D herstellen. Der Haut zuliebe sollte man es mit dem Sonnenbaden jedoch nicht übertreiben. / Foto: Getty Images/JohanJK
Das fettlösliche Vitamin D (Calciferol) kommt in verschiedenen Formen vor, medizinisch relevant sind dabei Vitamin D2 und D3. Die wichtigste Verbindung ist das Vitamin D3 (Cholecalciferol). Es wird in tierischen Organismen aus einer Vorstufe des Vitamins in der Haut durch Sonnenlichtexposition (UVB-Strahlung) synthetisiert. Einige Pflanzen enthalten Vitamin D2 (Ergocalciferol).
Vitamin D ist eine Vorstufe von hormonartigen Substanzen und ist im Körper zuständig für die Regulation der Calciumhomöostase und des Phosphatstoffwechsels. Bei Kindern ist das Vitamin daher wichtig für den Skelettaufbau, Erwachsene schützt es vor einem Knochenabbau, der zu Osteoporose führen kann. Des Weiteren verringert Vitamin D die Synthese und Freisetzung von Parathormon aus der Nebenschilddrüse. Dieses nimmt ebenfalls Einfluss auf das Calciumgleichgewicht im Körper. Inzwischen geht man davon aus, dass Vitamin D auch auf andere Gewebe Einfluss nimmt. In der Haut hat die Substanz Wirkung auf das Wachstum und die Differenzierung von Zellen, in dem Pankreas beeinflusst Vitamin D die Insulinausschüttung. Auch das Immunsystem soll vom sogenannten Sonnenhormon profitieren.
Alter | Vitamin D µg/Tag | |
---|---|---|
SÄUGLINGE | ||
0 bis 12 Monate | 10 | |
KINDER | ||
1 bis unter 15 Jahre | 20 | |
JUGENDLICHE/ERWACHSENE | ||
15 bis 65 Jahre | 20 | |
65 Jahre und älter | 20 | |
SCHWANGERE/STILLENDE | 20 |
Bei Kindern führt ein Mangel an Vitamin D zum Krankheitsbild einer Rachitis. Die Knochen werden nicht ausreichend mineralisiert und sind weich. Daraus resultieren Deformierungen des Skeletts mit den charakteristischen O- oder X-Beinen, weichen Schädelknochen und verzögertem Fontanellenschluss. Die Kinder erlernen das Sitzen und Gehen nur erschwert, leiden unter Krämpfen der Hände und Füße. Zudem ist die Infektanfälligkeit erhöht.
Bei Erwachsenen bewirkt ein Vitamin D-Mangel eine Osteomalazie (Knochenerweichung). Der Knochen wird entmineralisiert, das Knochenbruchrisiko ist erhöht und es treten Spontanfrakturen auf. Das Risiko, im Alter an Osteoporose zu erkranken, ist bei einer mangelhaften Vitamin D-Versorgung deutlich erhöht.
Foto: Shutterstock/Evan Lorne
• Vitamin D (Calciferole), dazu zählen Vitamin D2 (Ergocalciferol) in Pflanzen und Vitamin D3 (Cholecalciferol) in tierischen Lebensmitteln
• Skelettaufbau, Schutz vor Osteoporose
• fettreiche Fischsorten (Lachs, Makrele, Hering), Leber, Eigelb, Pilze (v. a. Steinpilze)
• Geschätzter Tagesbedarf: Männer und Frauen 20 µg, das entspricht 1 Eigelb, 150g Lachs oder 100g Steinpilze
Die Haut von Säuglingen ist noch sehr empfindlich und sollte daher noch nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Deshalb weisen Säuglinge keine ausreichende Eigenproduktion von Vitamin D auf. Und auch die Aufnahme von Vitamin D über die Muttermilch oder industriell hergestellte Säuglingsnahrung reicht nicht aus, um den Vitamin D-Bedarf zu decken. Daher erhalten Säuglinge ab der 1. Lebenswoche bis zum Ende des 1. Lebensjahres täglich eine Vitamin D-Tablette zur Rachitisprophylaxe, um den empfohlenen Schätzwert von 10 µg zu erreichen. Es wird empfohlen, diese Prophylaxe gegebenenfalls auch im 2. Lebensjahr in den Wintermonaten nach Rücksprache mit dem Kinderarzt fortzuführen.
Doch auch Erwachsene kann ein Vitamin D-Mangel treffen und zwar immer dann, wenn sich Personen wenig an der frischen Luft aufhalten, also die Haut nicht ausreichend mit Sonnenlicht in Kontakt kommt. Dazu zählen Personen, die bettlägerig sind, verschleierte Frauen oder Senioren, die wenig nach draußen kommen. Die Eigensynthese von älteren Menschen ist zudem durch die abnehmende Fähigkeit der Haut zur Vitamin D-Synthese herabgesetzt.
Menschen mit dunkler Haut sind ebenfalls von einer Unterversorgung betroffen. Ihre Haut kann das UV-Licht weniger stark absorbieren.
Vitamin D ist in vor allem in fettreichen Fischen (wie Lachs, Hering, Heilbutt und Makrele), Leber, Eigelb sowie Pilzen (vor allem Steinpilzen) enthalten. Der Bedarf wird aber weniger über Lebensmittel als vielmehr über die körpereigene Synthese gedeckt. Der Vitamin D-Bedarf wird zu etwa 80 bis 90 Prozent über die endogene Synthese in der Haut gedeckt, nur 10 bis 20 Prozent werden über die Nahrung zugeführt.
Ausgiebiges Sonnenbaden ist jedoch nicht notwendig, um die Vitamin D-Synthese anzukurbeln. Bereites 10 bis 15 Minuten täglich zwischen 12 und 15 Uhr (in Abhängigkeit vom Hauttyp und der Jahreszeit) sind ausreichend. Dabei reicht es aus, dass lediglich Gesicht, Hände und Teile der Arme ohne Sonnenschutz der Sonne ausgesetzt sind.
Lagerung und Zubereitung haben kaum Einfluss auf die Verfügbarkeit. Vitamin D ist hitzestabil bis 180 Grad Celsius, jedoch empfindlich gegenüber Sauerstoff und Licht.
Eine Überdosierung an Vitamin D durch zu viel Sonnenlicht ist nicht möglich. Anders sieht es bei der übermäßigen Einnahme von Vitamin D-Präparaten aus. Die Symptome einer stark überhöhten Zufuhr (Hypervitaminose) sind Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen, Durst sowie ein stark erhöhter Calciumspiegel im Blut.
Das Bild der Rachitis ist schon seit vielen Jahrhunderten bekannt. Damals wurden Menschen bereits im frühen Kindesalter durch diese Erkrankung schwer gezeichnet und entstellt. In der heutigen Zeit tritt eine Rachitis kaum noch auf. Ausnahmen sind Senioren, Säuglinge und Personen, die sich aus religiösen Gründen stark verhüllen. Das gilt beispielsweise auch für Ordensschwestern, die aufgrund der Kleidervorschriften und der Lebensweise nicht ausreichend der Sonne ausgesetzt sind.
Wegen seines hohen Gehaltes an Vitamin D galt Lebertran lange Zeit als das Allheilmittel gegen Rachitis. Er wurde deshalb – trotz des furchtbaren Geschmack – den Kleinsten eingeflößt. Heute ist das glücklicherweise nicht mehr notwendig. Im Bedarfsfall stehen entsprechende Vitamin D-Präparate zu Verfügung.