Vitamin K: Helfer für die Blutgerinnung |
Kerstin Pohl |
29.05.2019 10:15 Uhr |
Grünes Blattgemüse wie Spinat oder Grünkohl sind reich an Vitamin K. / Foto: Getty Images /JGI/Jamie Grill
Das fettlösliche Vitamin K umfasst eine Gruppe von Verbindungen: Vitamin K1 und Vitamin K2. Dabei wird Vitamin K1 (Phyllochinon) in den Chloroplasten von Grünpflanzen synthetisiert, Vitamin K2 (Menachinon) wird hingegen von Bakterien gebildet. Und auch beim Menschen wird im unteren Dünndarmabschnitt und dem Kolon eine größere Menge an Vitamin K2 bakteriell gebildet. Inwieweit das aber der Bedarfsdeckung dient, ist schwer festzustellen.
Sicher ist, dass beide Formen des Vitamins eine wichtige Funktion bei der Blutgerinnung haben. Vitamin K ist ein wichtiger Cofaktor für die Bildung der verschiedenen Blutgerinnungsfaktoren. Fehlt Vitamin K, verlängert sich die Zeit, bis das Blut gerinnt. Dadurch ist auch die Wundheilung verzögert.
Abgesehen davon hat Vitamin K2 einen positiven Einfluss auf den Knochenstoffwechsel: Es ist beteiligt an der Bildung von Osteocalcin, einem Knochenprotein, und wirkt damit präventiv gegen Osteoporose. Dies wird in der Osteoporose-Behandlung genutzt: In Kombination mit Vitamin D und Calcium wird Vitamin K2 bei nachgewiesenem Mangel und entsprechender Diagnose durch den Arzt eingesetzt.
Der Bedarf an Vitamin K ist schlecht zu erfassen, da der Vitamin-K-Gehalt in Lebensmittel schwer messbar ist und die Angaben je nach Analyse schwanken. Deshalb gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) lediglich Schätzwerte für die tägliche Zufuhr an.
Alter | Vitamin K, µg/Tag | Vitamin K, µg/Tag |
---|---|---|
männlich | weiblich | |
SÄUGLINGE | ||
0 bis 4 Monate | 4 | 4 |
4 bis 12 Monate | 10 | 10 |
KINDER | ||
1 bis unter 4 Jahre | 15 | 15 |
4 bis unter 7 Jahre | 20 | 20 |
7 bis unter 10 Jahre | 30 | 30 |
10 bis unter 13 Jahre | 40 | 40 |
13 bis unter 15 Jahre | 50 | 50 |
JUGENDLICHE/ERWACHSENE | ||
15 bis unter 19 Jahre | 70 | 60 |
19 bis unter 25 Jahre | 70 | 60 |
25 bis unter 51 Jahre | 70 | 60 |
51 bis unter 65 Jahre | 80 | 65 |
65 Jahre und älter | 80 | 65 |
SCHWANGERE ab 4. Monat | – | 60 |
STILLENDE | – | 60 |
Bei einer ausgewogenen Ernährung ist keine Vitamin-K-Unterversorgung zu erwarten; Mangelerscheinungen treten nur sehr selten auf. Ein Mangel kann jedoch bei Magen-Darm- oder Lebererkrankungen sowie unter einer Dauermedikation mit den Antikoagulanzien Warfarin und Phenprocoumon, Antibiotika und Salicylaten auftreten.
Die Unterversorgung macht sich mit Blutungen bemerkbar. Diese können sichtbar aber auch unsichtbar in verschiedenen Organen auf wie Augen, Magen-Darm-Trakt, Haut und Schleimhaut, Gehirn oder Leber auftreten.
Foto: Adobe Stock/Gargonia
• Vitamin K (Vitamin K1 – Phyllochinon; Vitamin K2 – Menachinon)
• Blutgerinnung, Osteoporoseprophylaxe
• Grüne Blatt- und Kohlgemüse (Spinat, Kohl, Rüben)
• Geschätzter Tagesbedarf: Männer 70 µg, Frauen 60 µg
• Grünkohl, roh = 817 µg/100 g, Brokkoli, roh = 99-205 µg/100 g, Rosenkohl, roh = 177-570 µg/100 g
Vitamin K wird nur unzureichend über die Plazenta transportiert und auch Muttermilch enthält nur wenig Vitamin K. Daher ist die Vitamin-K-Versorgung von Neugeborenen kritisch zu sehen. Eine Unterversorgung würde beim Neugeborenen Blutungen, die auch das Gehirn betreffen können, hervorrufen. Sie treten in der frühen Form bereits am ersten Tag auf, in der klassischen Form in der ersten Woche. Treten die Symptome in der 2. bis 12. Lebenswoche auf, spricht man von einer Spätform.
Deshalb wird in Deutschland eine Vitamin-K-Prophylaxe empfohlen. Dabei wird dem Neugeborenen intramuskuläre 1 mg Vitamin K gespritzt oder alternativ oral Vitamin K verabreicht (3 x 2 mg; 2 mg am 1., 3. und am 10. Lebenstag).
Laut EU-Richtlinien muss industriell hergestellte Milchnahrung mindestens 2,4 µg /100 ml Vitamin K enthalten. Neugeborene müssen direkt ab dem 1. Lebenstag diese Nahrung erhalten, ansonsten müssen sie ebenso wie vollgestillte Säuglinge eine Vitamin-K-Prophylaxe erhalten.
Die Einnahme von Orlistat, welches die Aufnahme von Fett mindert, oder von Medikamente, die die Aufnahme von Cholesterin hemmen (zum Beispiel Cholestyramin oder Colestinol), kann zudem auch die Resorption des fettlöslichen Vitamin K verringern.
Geeignete Lebensmittel, um den Bedarf an Vitamin K1 zu decken, sind grüne Blattgemüse wie Grünkohl, Spinat oder Rüben. In tierischen Lebensmitteln wie Milch und Milchprodukten, Muskelfleisch oder Eigelb ist Vitamin K2 enthalten, wenn auch in deutlich geringeren Mengen.
Bei der Einnahme von Blutverdünnern kann die gewohnte Ernährungsweise beibehalten werden, das heißt normal große Portionen an grünem Gemüse und Salat sind weiterhin erlaubt. Vorsicht ist aber geboten beim Verzehr größerer Mengen, wie beispielsweise in der Herbstsaison der beliebte »Grünkohl mit Pinkel« oder bei einer plötzlichen Kostumstellung auf eine vegetarische Ernährung. Hier kann dann das Verhältnis zwischen Vitamin K und dem Cumarinpräparat aus dem Gleichgewicht geraten. Der Quick-Wert beziehungsweise der INR-Wert zur Messung der Blutgerinnung zeigt eine entsprechende Veränderung an.
Bei Gesunden sind keine negativen Folgen einer Überdosierung von Vitamin K bekannt. Die Supplementierung mit Vitamin-K-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ist dennoch kein Fall für die Selbstmedikation und sollte immer durch einen Arzt abgeklärt sein.
Die Funktion von Vitamin K wurde erstmals in den 1930er-Jahren entdeckt und das Vitamin wurde deshalb früher auch als »Koagulationsvitamin« bezeichnet. Die blutgerinnende Wirkung des Vitamin K macht man sich auch in der Schädlingsbekämpfung zunutze. Als Rattengift kommt der Gegenspieler von Vitamin K zum Einsatz. Damit wird die Vitamin-K-Synthese in der Leber und in der Folge die Synthese von Gerinnungsfaktoren gehemmt. Die Blutgerinnung ist verzögert, die Blutungsneigung erhöht und die Tiere verenden. Fressen Hunde versehentlich einen solchen Köder, spritzt der Tierarzt hochdosiertes Vitamin K als Gegenmittel.