Von Teststreifen und Quoten |
Juliane Brüggen |
26.01.2022 14:00 Uhr |
Bei der Abgabe von Blutzuckerteststreifen zulasten der Ersatzkassen müssen Apotheken bestimmte Quoten erfüllen. / Foto: Fotolia/fotoart-wallraf
Ein Vorteil der Ersatzkassen: Ihre Verträge gelten – im Gegensatz zu denen der Primärkassen – bundesweit. Nachdem die Barmer zunächst eine separate Teststreifenvereinbarung hatte, gibt es seit dem 1. Januar 2023 wieder eine einheitliche Regelung in Anlage 4 zum vdek-Arzneiversorgungsvertrag. Die vereinbarten Quoten für Blutzuckerteststreifen betreffen daher alle sechs Ersatzkassen: Neben der Barmer sind dies die Techniker Krankenkasse (TK), DAK-Gesundheit, Kaufmännische Krankenkasse (KKH), Handelskrankenkasse (hkk) und Hanseatische Krankenkasse (HEK).
Alle Angaben zu Personen, Kassen- und Vertragsnummern sowie die Nummern der Codierzeile sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und unbeabsichtigt. Ortsangaben und Telefonnummern sind rein willkürlich gewählt, um den Beispielen eine reale Anmutung zu geben.
Vorlagedatum in der Apotheke: 26.01.2022 / Foto: PTA-Forum
Teststreifen sind Medizinprodukte, zählen abrechnungstechnisch aber nicht zu den Hilfsmitteln, sondern zu den Produkten nach § 31 SGB V. Dieser Paragraph umfasst Arzneimittel, bestimmte Medizinprodukte, Harn- und Blutteststreifen, Verbandmittel und bilanzierte Diäten. Blutzuckermessgeräte sind wiederum Hilfsmittel (§ 33 SGB V) und werden separat abgerechnet. Daraus ergibt sich, dass Teststreifen nicht zusammen mit Messgeräten auf einem Rezept stehen dürfen, aber zusammen mit den anderen Produkten nach § 31 SGB V. Der Arzt muss auf Teststreifen-Verordnungen zudem keine Diagnose angeben. Eine weitere Besonderheit: Für Harn- und Blutteststreifen müssen Versicherte keine gesetzliche Zuzahlung leisten.
Einen Anspruch auf die Erstattung von Blutzuckerteststreifen haben insulinpflichtige Personen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Typ-2-Diabetiker, die kein Insulin benötigen und mit oralen Medikamenten behandelt werden, erhalten die Teststreifen nur in begrenzter Menge und unter bestimmten Bedingungen auf Kosten der Krankenkasse, zum Beispiel bei der ersten Diagnose oder wenn ihre Stoffwechsellage instabil ist. Bei Schwangerschaftsdiabetes (= Gestationsdiabetes) werden Teststreifen wiederum in der Regel voll erstattet. Die Apotheke trifft keinerlei Prüfpflicht hinsichtlich der verordneten Teststreifenmenge oder der Erstattungsfähigkeit.
Blutzuckerteststreifen sind den Teststreifenvereinbarungen entsprechend in drei Preisgruppen eingeteilt. Je nach Preisgruppe sind nach Menge gestaffelte Vertragspreise vereinbart (siehe Tabellen). Zu welcher Preisgruppe ein bestimmtes Produkt zählt, können PTA und Apotheker in den Anhängen der Teststreifenvereinbarung nachlesen. Es gilt
Die Vertragspreise gelten nicht nur für die dort genannten Produkte der Original-Hersteller, sondern auch für die Import-Produkte. Da die Apotheke einen Festpreis abrechnet, kann sie im Prinzip selbst entscheiden, ob sie auf den Original- oder Import-Hersteller zurückgreift.
Staffel | Nettopreis je 50 Stück (in Euro) |
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Bis 102 Stück | 21,45 |
Ab 103 Stück | 18,95 |
Ab 300 Stück | 18,10 |
Staffel | Nettopreis je 50 Stück (in Euro) |
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Bis 102 Stück | 23,45 |
Ab 103 Stück | 20,95 |
Ab 300 Stück | 20,10 |
Staffel | Nettopreis je 50 Stück (in Euro) |
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Bis 102 Stück | 26,00 |
Ab 103 Stück | 24,30 |
Ab 300 Stück | 22,95 |
Es gilt: Apotheken sollen 30 Prozent der verordneten Teststreifen-Packungen à 50 Stück mit Teststreifen der Preisgruppe 1 beliefern und 40 Prozent mit Teststreifen der Preisgruppe 2. Die Quoten gelten aber auch als erfüllt, wenn die Apotheke insgesamt 70 Prozent der entsprechenden Verordnungen mit Teststreifen der Preisgruppe 1 oder 2 beliefert hat und mindestens 30 Prozent der Preisgruppe 1 entsprechen.
Die Quoten sind bei allen Ersatzkassen halbjährlich zu erfüllen, jeweils von Januar bis Juni und von Juli bis Dezember.
Rezepte, auf denen Teststreifen einer ungünstigeren Preisgruppe (2 oder 3) verordnet sind, gehen nicht in die jeweiligen Quoten ein, wenn der Arzt den Austausch ausgeschlossen und die Apotheke das Sonderkennzeichen 02567573 aufgedruckt hat. Dass kein Austausch erfolgen soll, kann der Arzt entweder mit dem Aut-idem-Kreuz kenntlich machen oder mit »einem anderen ausdrücklichen Hinweis«.
Die Krankenkassen TK, DAK, KKH, hkk und HEK haben im Open-House-Verfahren Rabattverträge mit Herstellern von Blutzuckerteststreifen abgeschlossen. Da die Verträge nicht exklusiv sind, können fortlaufend Hersteller hinzukommen beziehungsweise austreten. Die rabattierten Teststreifen gehören zur Preisgruppe 1 und zählen damit in die Quote. Als die Rabattverträge 2017 eingeführt wurden, konnten Apotheken zunächst für jede abgegebene Teststreifenpackung eines Rabattpartners à 50 Stück zusätzlich 50 Cent (netto) geltend machen. Diese Zusatzvergütung wurde aber zum 1. Juli 2020 abgeschafft.
Im Rezeptbeispiel sind Teststreifen der Preisgruppe 2 verordnet (Stand: Januar 2022). Die Apotheke kann die Teststreifen wie verordnet abgeben: Diese werden der Quote von 40 Prozent angerechnet, nicht aber der 30-Prozent-Quote. Hat die Apotheke ein Defizit bei letzterer, kann sie den Patienten auf ein Messgerät mit Teststreifen der Preisgruppe 1 umstellen und die Gebühr abrechnen.
Stellt die Apotheke einen Kunden, der Teststreifen einer ungünstigeren Preisgruppe (2 oder 3) erhält, auf ein Messgerät mit Teststreifen der Preisgruppe 1 um, so kann bei allen Ersatzkassen eine Umstellungsgebühr abgerechnet werden. Das soll »die mit der Umstellung verbundene Beratung und den Geräteaustausch« ausgleichen. Die Gebühr beläuft sich auf einen Pauschalbetrag von 20,00 Euro und wird mit dem Sonderkennzeichen 02567596 kenntlich gemacht. Für einen Versicherten ist dies maximal einmal innerhalb von zwei Jahren möglich. Die Apotheke ist nicht verpflichtet, eine Umstellung vorzunehmen.
Erfüllt die Apotheke die Quoten nicht, wird ihr mit Ablauf der sechs Monate kassenindividuell ein Malus abgezogen, und zwar 2,00 Euro je Packung á 50/51 Stück bei Nichterfüllen der Quote zur Preisgruppe 1 sowie 2,95 Euro je Packung á 50/51 Stück bei Nichterfüllen der Quote zur Preisgruppe 2. Laut Verband der Ersatzkassen (vdek) wird die Abgabequote im bundesweiten Durchschnitt meist überfüllt, sodass Strafzahlungen nur in Einzelfällen und in geringer Höhe nötig werden. Wie es um die Quotenerfüllung steht, kann die Apotheke auf der Monatsabrechnung sehen.
Dieser Artikel wurde am 3. Januar 2023 aktualisiert.