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Das wiegt schwer

Waagen und die Außenwelt

Manches glaubt der Mensch erst, wenn er es mit eigenen Augen gesehen hat. Zum Beispiel, wie groß der Einfluss von Temperatur und Luftturbulenzen auf das Wiegen in der Rezeptur sein kann. Julian Stafford von Mettler Toledo in der Schweiz, demonstrierte das mit Hilfe zweier Experimente im Rahmen des Rezepturtages der Expopharm Impuls.
Isabel Weinert
07.10.2020  16:36 Uhr

Temperaturunterschiede können einen gewaltigen Strich durch die Rezepturrechnung machen. Das veranschaulichte Stafford, indem er mit Hilfe einer Zange ein Becherglas in den Wägeraum einer Analysenwaage verbrachte und es austarierte. Anschließend nahm er das Gefäß heraus und wärmte es mit seinen Händen. Wie wirkt sich das auf die Tara aus? Was denken Sie? Wiegt das Becherglas mehr oder weniger?

Ergebnis erstaunlich

Eigentlich sollte es mehr wiegen, denn Fett und Schweiß der Hände haften nun am Glas. Das Ergebnis erstaunte, die Waage zeigte 2,6 Milligramm weniger an. Staffords Erklärung: Innerhalb der Waage führt der von den Händen gewärmte Becher dazu, dass die dadurch ebenfalls wärmere Luft nach oben steigt und an den Seiten herabgleitet, dann wieder nach oben steigt. Der Druck auf die Waage verringert sich somit. Das ist der Effekt der Temperaturunterschiede. Er kann laut Stafford zu großen Fehlern führen. »Das müssen Sie immer vermeiden«, sagte er. »Deshalb empfehle ich, dass SieiIhr Taragefäß zum analytischen Wägen immer mit einer Zange oder einem Tuch anfassen, aber nie mit den Händen«, resümierte der Experte. Was, wenn man eine Weile abwarten würde? Dann würde das Display ein wenig mehr über Null anzeigen – der Effekt von Fett und Schweiß.

Stafford demonstriert in seinen Kursen auch oft das Gegenteil: Er nimmt den selben Becher, tariert ihn aus und stellt ihn für zwei bis drei Stunden in den Kühlschrank. Die Waage zeigt anschließend mehr an, weil die kalte Luft nach unten fällt und so auf die Waage drückt. Deshalb, so der Expertenrat: Ein Gefäß aus dem Kühlschrank sollte man sich immer akklimatisieren lassen.

Viel Wirbel

Die Bedeutung von Luftturbulenzen verdeutlichte Stafford in einem weiteren Experiment. Er stellte einen Glasbecher mit einem dichteren Verschluss mit der Zange auf die Waage, schloss die Tür und tarierte aus. Im Anschluss entnahm er das Gefäß, öffnete den Verschluss und zog mittels Weinluftpumpe Luft daraus. Wieder auf die Waage verbracht, zeigte das Glas 140 mg weniger an. »Und ich habe nur zwischen fünf und zehn Prozent Luft aus diesem Becher gepumpt«, zog Stafford das Fazit aus dem Beweis der Masse von Luft. Sein Rat: »Decken Sie Gefäße immer ab oder verwenden Sie solche mit engem Hals.« Zudem gehören Türen und Fenster in der Rezeptur geschlossen, und die Temperatur im Wägeraum darf nicht schwanken.

Weitere wichtige externe Einflüsse laut Stafford: elektrostatische Aufladungen, die vor allem im Winter beim Einwiegen von Pulvern eine Rolle spielen, Magnetismus, Vibrationen sowie Verdunstung und Hygroskopie. 

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