Wann die Jodblockade sinnvoll ist – und wann nicht |
Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 wurden in Polen, das stark von dem Durchzug der radioaktiven Wolke betroffen war, Jodtabletten an die Bevölkerung und insbesondere an Kinder verteilt. Nachuntersuchungen zeigten, dass es bei den behandelten Personen keinen Anstieg der Schilddrüsenkrebshäufigkeit gab. Der havarierte Reaktor ist heute von einer neuen Schutzhülle umgeben, die das radioaktive Material für bis zu 100 Jahre von der Umwelt isoliert. / Foto: Adobe Stock/Sved Oliver
Der Krieg in der Ukraine macht vielen Menschen Angst – nicht zuletzt fürchten sich viele vor einem nuklearen Notfall. Geschürt wird die Angst zum einen durch die von Präsident Wladimir Putin angeordnete Alarmbereitschaft der russischen Atomstreitkräfte und zum anderen durch die Kampfhandlungen in der Ukraine. Das unter Beschuss stehende Land betreibt an vier Standorten insgesamt 15 Kernreaktoren. Auch der Katastrophen-Reaktor von Tschernobyl befindet sich auf ukrainischem Gebiet, das Sperrgebiet wurde von russischen Soldaten besetzt. Zudem wurden bei russischen Angriffen Lager für radioaktive Abfälle in Kiew und Charkow getroffen.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beobachtet die Lage genau und gibt aktuell Entwarnung: »Radiologische Auswirkungen auf Deutschland sind nach dem Stand der verfügbaren Informationen nicht zu befürchten«, heißt es beim BfS. Es sei nicht davon auszugehen, dass radioaktive Stoffe in erhöhtem Maße freigesetzt wurden.
Trotzdem bekommen Apotheken die Unsicherheit der Menschen durch eine erhöhte Nachfrage nach Jodtabletten zu spüren. Denn: Im Notfall kann von außen zugeführtes, nicht-radioaktives Jod die Schilddrüse sättigen und damit verhindern, dass radioaktives Jod (chemisch Iod 131 oder 131I) gespeichert wird (Jodblockade). Das schützt vor Schilddrüsenkrebs. Was viele nicht wissen: Die Einnahme von hochdosiertem Jod birgt Risiken und sollte keinesfalls prophylaktisch oder ohne Anweisungen der Katastrophenschutzbehörden erfolgen. Im Folgenden die wichtigsten Punkte zur Jodblockade:
Update: Auch das Kernkraftwerk Saporischschja wurde nach Medienberichten von russischen Truppen eingenommen. Nach Beschuss ist ein Feuer ausgebrochen, der Brand wurde gelöscht. Erhöhte radioaktive Messwert wurden laut BfS nicht verzeichnet. Das BfS bleibt bei der oben genannten Einschätzung der Situation (Stand: 04.03.2022).