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Auf Kassenrezept

Wann OTC-Arzneimittel erstattet werden

Ist ein OTC-Arzneimittel zulasten einer Krankenkasse verordnet, stellt sich immer wieder die Frage der Erstattungsfähigkeit. Vor allem bei Erwachsenen ist die Erstattung nur in Ausnahmefällen möglich. Worauf müssen PTA und Apotheker achten?
Juliane Brüggen
17.03.2022  14:00 Uhr

Die Kosten für OTC-Arzneimittel werden nicht immer von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen. Zwar liegt es in der Verantwortung des Arztes, das Kassenrezept nur dann zu benutzen, wenn die Erstattung möglich ist – an einigen Stellen müssen PTA und Apotheker jedoch aufpassen, um eine Retaxation zu vermeiden. Die gute Nachricht: Dabei hilft oft die Apothekensoftware.

Hätten Sie’s gewusst?

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden laut § 34 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) nicht von der GKV erstattet. Es gibt allerdings Ausnahmen. So gilt der Erstattungsausschluss nicht für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Ab 18 Jahre ist die Erstattung nur noch in Einzelfällen möglich, die in der Arzneimittel-Richtlinie definiert sind. Demnach übernimmt die GKV weiterhin die Kosten für OTC-Arzneimittel, wenn sie

  • bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten (siehe Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie),
  • als Begleitmedikation in der Fachinformation eines anderen verordnungsfähigen Arzneimittels, das die medikamentöse Haupttherapie darstellt, zwingend vorgeschrieben sind oder
  • zur Behandlung einer schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) eingesetzt werden, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eines anderen, verordnungsfähigen Arzneimittels auftritt.

Einen Sonderfall stellen nicht verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva dar, zum Beispiel Ellaone® oder Pidana®. Diese werden bis zum vollendeten 22. Lebensjahr erstattet, wenn sie ärztlich verordnet sind.

Erstattung bei Listung in Anlage I

In Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie, auch OTC-Übersicht oder OTC-Ausnahmeliste genannt, listet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel auf, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Ist eine Arzneistoffgruppe dort aufgeführt, spricht man von bedingter Erstattungsfähigkeit der entsprechenden OTC-Präparate.

Auch Arzneimittel der Homöopathie und Anthroposophie können bedingt erstattungsfähig sein: Voraussetzung ist, dass sie bei einer schwerwiegenden Erkrankung in einem in der OTC-Ausnahmeliste aufgeführten Indikationsgebiet eingesetzt werden und »die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete und Anwendungsvoraussetzungen nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist« (Arzneimittel-Richtlinie).

Was muss die Apotheke prüfen?

Eine Erstattung ist nur möglich, wenn das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zusätzlich apothekenpflichtig ist. Darauf müssen PTA und Apotheker achten. Welchen Status das Arzneimittel hat, ist in der Apothekensoftware hinterlegt. Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig, hier gibt es keine Ausnahmen.

Bei Rezepten für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und bei Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr hat die Apotheke keine Prüfpflicht, wenn es um apothekenpflichtige OTC-Arzneimittel geht. Ob eine Entwicklungsstörung vorliegt, kann die Apotheke nicht prüfen.

Ist die Verordnung für einen Erwachsenen ab 18 Jahre ausgestellt, ist für die Apotheke ausschlaggebend, ob das verordnete Mittel grundsätzlich bedingt erstattungsfähig ist. Diese Information ist in der Apothekensoftware hinterlegt. Die Diagnose muss nicht hinterfragt werden. Nur wenn der Arzt eine Diagnose auf dem Rezept vermerkt hat, kommt eine erweiterte Prüfpflicht zum Tragen, die Retaxationen vermeiden soll. Stimmt die Diagnose nicht mit den Erstattungsbedingungen der Arzneimittel-Richtlinie überein, empfiehlt sich eine Arztrücksprache. Die Erstattung kann trotzdem möglich sein, beispielsweise, wenn eine schwerwiegende UAW behandelt wird oder das Arzneimittel als Begleitmedikation vorgeschrieben ist.

Es ist sinnvoll, den Arzt darauf hinzuweisen, die Diagnose bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht auf dem Rezept, sondern nur in der Patientenakte zu vermerken. So lassen sich Rückfragen aus der Apotheke vermeiden.

Rezeptbeispiel: Diagnose passt nicht

Im Rezeptbeispiel (siehe oben) hat der Arzt für einen Erwachsenen ein Calcium-Vitamin-D-Präparat verordnet und eine Diagnose dazugeschrieben: »Begleitmedikation > Therapie mit Denosumab 120 mg«. In den Erstattungsbedingungen der OTC-Ausnahmeliste wird eine Denosumab-Therapie jedoch nicht genannt:

Ein Blick in die Fachinformation von Denosumab (Xgeva®) kann das Problem lösen. Hier ist festgelegt: »Ergänzend müssen alle Patienten täglich mindestens 500 mg Calcium und 400 IE Vitamin D erhalten, außer bei bestehender Hyperkalzämie.« Das Calcium-Vitamin-D-Präparat ist zwingend als Begleitmedikation vorgeschrieben, was wiederum die Erstattung möglich macht.

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