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Operation in Coronavirus-Zeiten

Warten auf ein neues Hüft- und Kniegelenk

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie warten derzeit viele Arthrose-Patienten auf ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Gegen die Schmerzen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik Entzündungshemmer und warnt vor einer unkontrollierten und längerfristigen Anwendung von Opioiden.
Elke Wolf
22.09.2020  14:30 Uhr

Seit Beginn des Lockdowns mussten hierzulande hunderttausende nichtakute Operationen verschoben werden. So verzeichnete etwa das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im März und April dieses Jahres einen Rückgang von 79 Prozent der Operationen zum Arthrose-bedingten Hüftersatz im Vergleich zum Vorjahr.

Auch wenn derzeit viele dieser Implantationen nachgeholt werden, sind Patienten teilweise verunsichert, ob jetzt schon wieder ein geeigneter Zeitpunkt für diese Operationen ist. Einige warten noch weiter ab – und müssen derweil mit ihren Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leben, informiert die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik (AE) in einer Pressemitteilung.

Bei schwerer Gelenkarthrose ist ein Kunstgelenk die letzte Behandlungsoption, wenn alle anderen nicht-operativen Möglichkeiten wie Physiotherapie und medikamentöse Maßnahmen ausgeschöpft sind. Die Gesellschaft rät, den Arthroseschmerz bevorzugt mit Entzündungshemmern zu behandeln und warnt vor einer unkontrollierten und längerfristigen Anwendung von Opioiden. Sie rät zudem zu täglicher Dehnung und Kräftigung der Gelenkmuskulatur sowie zur Gewichtskontrolle.

Beim Warten auf eine Operation ist eine gezielte Therapie der oftmals starken Schmerzen notwendig. »Was viele nicht wissen: Es ist nicht der beschädigte Gelenkknorpel, der weh tut. Denn der hat keine Nerven. Vielmehr ist bei einer Arthrose die Gelenkschleimhaut entzündet. Zusammen mit dem oftmals begleitenden Gelenkerguss ist das die Hauptursache der Schmerzen«, wird Professor Karl-Dieter Heller, Präsident der Gesellschaft und Chefarzt der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig, zitiert.

Entsprechend muss diese Entzündung gezielt mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen bekämpft werden. Die zunehmend ebenfalls angewandten Opioide seien reine Schmerzhemmer und wirkten nicht gegen die Entzündung in Hüfte und Knie. Zudem können sie die Gefahr für Schwindel und Stürze erhöhen und weisen ein Abhängigkeitspotenzial auf, so der Experte. »Daher sollten sie laut aktuellen Leitlinien – wenn überhaupt – nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und auch nur wenige Wochen eingenommen werden«, betont Heller. Zudem müsse die Behandlung mit Opioiden in jedem Fall sofort enden, wenn sie nicht helfe oder ihre Wirkung nachlasse.

Bewegung trotz Schmerzen

Laut Pressemitteilung hilft gegen Schmerzen auch Bewegung. Es gelte, die Muskulatur rund um Hüfte und Knie durch tägliche, sanfte Übungseinheiten möglichst kräftig und beweglich zu halten (siehe auch untenstehende Tipps). Die Bewegung sorgt für die Versorgung des Knorpels mit Nährstoffen, die gekräftigte Muskulatur stabilisiert das Gelenk und die tägliche Dehnung des Gelenkes verhindert das Einsteifen. »Auch wenn Bewegung bei Arthrose sehr schmerzhaft sein kann, lohnt es sich dennoch, etwa eine Stunde am Tag mobil zu sein – es dürfen auch mehrere kleine Einheiten sein«, erklärt Universitäts-Professor Dr. Carsten Perka, Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskelettale Chirurgie, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Charité Berlin.

»Doch sobald unsere Patienten trotz aller Maßnahmen nachts vor Schmerzen nicht mehr schlafen können beziehungsweise geringste Aktivitäten schon zu starken Schmerzen führen, ist die Operation die einzige Möglichkeit zur Schmerzreduktion«, sagt Perka. »Das Risiko, sich im Krankenhaus mit dem Coronavirus anzustecken, ist derzeit sehr gering«, beruhigt der Orthopäde und Unfallchirurg. »Aus unserer Sicht steht einer Operation momentan nichts im Wege, sofern die Pandemie-Situation in Deutschland so stabil bleibt wie momentan«, sagt auch Heller.

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