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Beratung und Aufklärung

Was bei medikamentenbedingten Kopfschmerzen hilft

Ob in der Arztpraxis oder in der Apotheke: Patienten mit Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Medikamenten (Medication Overuse Headache = MOH) müssen intensiv über die Zusammenhänge aufgeklärt werden. Dass die Beratung wirklich etwas bringt, haben Experten beim »4. Interdisziplinären Kopfschmerzsymposium« der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und des Psychologischen Instituts der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erläutert.
Christiane Berg
18.01.2022  12:00 Uhr

»Der Übergebrauch von Akutmedikamenten wie Triptanen und NSAR ist Ursache der Schmerzchronifizierung insbesondere bei Migräne-Patienten. Die entsprechende Edukation ist von hoher Relevanz«, unterstrich Privat-Dozent Charly Gaul, Frankfurt. Hinsichtlich der Behandlungsstufen und -optionen gebe es aber noch viele offene Fragen: Akutmedikation teilweise oder vollständig absetzen? Medikamente zur Prophylaxe von Anfang an oder abwarten? Überbrückungsmedikation: Ja oder Nein? Therapie ambulant oder stationär?

»Nicht nur die Diagnose-, auch die diversen medikamentösen Therapiestrategien werden wissenschaftlich nach wie vor kontrovers diskutiert. Die Meinungen gehen vielfach auseinander«, betonte er. Fest stehe jedoch, dass die kontinuierliche medizinische und pharmazeutische Betreuung der Patienten unumgänglich ist, um den Medikamentenübergebrauch und somit das Erkrankungs- und Rezidivrisiko zu senken.

Kompliziert versus unkompliziert

Gaul machte deutlich, dass für die MOH-Diagnose die Anamnese sehr relevant ist. Eine primäre Kopfschmerzerkrankung und die im Kopfschmerztagebuch dokumentierte Medikation werden demnach besonders berücksichtigt. Bei vielen Patienten könne schon die Aufklärung und Edukation dazu führen, dass der MOH zurückgeht oder verschwindet. Das ist insbesondere der Fall, wenn keine schwerwiegenden psychiatrischen Komorbiditäten vorliegen und die Patienten »nur« Triptane oder einfache Analgetika einnehmen.

Wenn sich kein Erfolg zeigt und die Medikamente nicht auf weniger als zehn oder 15 Tage im Monat reduziert werden können, sei eine Medikamentenpause (Entzug) oftmals unumgänglich. Diese könne bei Patienten, die Analgetika oder Triptane einnehmen, zumeist umgehend, also quasi »abrupt« begonnen werden. Auch sei beim unkomplizierten MOH ein ambulanter Entzug möglich.

Beim komplizierten MOH mit Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder schweren anderweitigen psychiatrischen und auch internistischen Erkrankungen könne sich ein stationärer Entzug als notwendig erweisen. Bei Patienten mit gleichzeitigem Übergebrauch von Opioiden, Barbituraten, Tranquilizern oder Anxiolytika sei ein langsames Ausschleichen der Medikamente zu empfehlen, erläuterte Gaul weiter. Die Behandlung der Entzugssymptome während der Medikamentenpause umfasse unter anderem Flüssigkeitsersatz sowie die Gabe von Antiemetika und Überbrückungsmedikamenten wie trizyklischen Antidepressiva und Corticosteroiden.

Gaul hob hervor, dass er die parallele medikamentöse prophylaktische Therapie, sprich: den früh- oder gleichzeitigen Einsatz von Topiramat und/oder Onabotulinumtoxin A beziehungsweise monoklonalen Antikörpern gegen CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) oder CGRP-Rezeptoren stets als unbedingt sinnvoll erachte.

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