Was blüht denn da? |
Welche Arzneipflanze reckt noch ihr leuchtendes Köpfchen beim Spaziergang entgegen? Ja, da im weiter unten gelegenen Beet, da steht der intensiv rosa gefärbte Sonnenhut dicht an dicht und nickt seiner Namensgeberin freundlich zu. Der Sonnenhut dürfte wohl die bekannteste Heilpflanze in der Vorbeugung von Atemwegsinfekten sein. Ihm beziehungsweise daraus gewonnenen Extrakten ist ein gewisses immunmodulierendes Wirkvermögen zuzusprechen – zumindest ist aus produkt- beziehungsweise extraktspezifischen Daten eine gewisse Evidenz für das Abfangen eines Infektes zu Beginn einer Erkältung abzuleiten.
Wichtig für die Beratung in der Apotheke ist, gut geprüfte Zubereitungen zu empfehlen. So sind die Presssäfte und die getrockneten Presssäfte aus dem frischen Kraut des Purpursonnenhuts mit einem DEV von 1,5–2,5:1 positiv zu bewerten (wie Echinacin®, Esberitox® mono, Episcorit®, Echinacea ratiopharm). Die HMPC-Monographie vergibt für Echinacea purpurea herba auch einen well-established use mit Bezug auf diesen Extrakt. Alle anderen Zubereitungen wie aus E. pallidae radix oder E. angustifolia radix sind lediglich Arzneizubereitungen nach traditioneller Anwendung.
Ein weiterer immunmodulierender, antibakteriell und antiviral wirksamer Extrakt ist der der Kapland-Pelargonie (Umckaloabo®). Hier im Arzneigarten blüht sie zwar derzeit nicht, machte aber vor etwa einem Jahr mit Daten bezüglich des Coronavirus auf sich aufmerksam. So soll der Spezialextrakt EPs 7630® eine antivirale und antiinflammatorische Wirkung gegen SARS-CoV-2 in menschlichen Lungenzellen haben. Laut den Wissenschaftlern aus der präklinischen Forschungsabteilung der Firma Dr. Willmar Schwabe sowie der Berliner Charité und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung hemmt der Extrakt der Kapland-Pelargonie den Viruseintritt in die Zellen, wenn diese zuvor mit dem Extrakt behandelt wurden. Einige proinflammatorische Faktoren wurden herunter- und antiinflammatorische hochreguliert, die mit einem kritischen Verlauf von Covid-19 in Zusammenhang gebracht werden. Klinische Evidenz, ob der Extrakt vor Covid-19 schützt oder bei einer Erkrankung hilft, gibt es allerdings bislang nicht.
Eine Heilpflanze, die gegen Erkältungshusten nicht fehlen darf, ist der Efeu. Im Beet der »Saponine« rankt er sich relativ anspruchslos voran. Erst wenn sich der August dem Ende neigt, beginnt der Efeu Blüten zu tragen – und ist dann ein wahrer Insektenmagnet. Ob er es dieses Jahr schafft? Es dauert nämlich etwa sieben bis zehn Jahre, bis er seine unscheinbaren gelbgrünen Blüten, die in kleinen Dolden stehen, zum ersten Mal hervortreibt. Der Arzneipflanzengarten geht jetzt in sein achtes Jahr.
Diverse ethanolische Auszüge von Efeublättern verfügen über eine exzellente Studienlage bezüglich Erkältungshusten und akuter Bronchitis; der prominenteste dürfte der Spezialextrakt EA 575® in Prospan® sein. Er verfügt zusätzlich über Wirknachweise für Kleinkinder und für Asthma-Patienten. Für diverse Trockenextrakte aus Efeublättern hat die EMA den well-established use vergeben (wie Prospan®, Hedelix®, Efeu Hustensirup Madaus, Bronchoverde® Hustenlöser, Sinuc®). Verantwortlich für den klinischen Effekt dürfte die Normalisierung der Sekretviskosität und die Entspannung der Bronchialmuskulatur sein. Und Efeublätter funktionieren auch in Kombination mit Thymiankraut-Extrakten (Bronchipret® Saft TE). Hustenattacken sollen im Schnitt zwei Tage früher als in Kontrollgruppen reduziert werden.