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Dreh an der inneren Uhr

Was bringt Melatonin bei Schlafstörungen?

Das Hormon Melatonin ist als Arzneimittel verschreibungspflichtig, aber auch in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Eine gute Beratung ist wichtig.
Nicole Schuster
17.10.2022  09:00 Uhr

Schlafstörungen sind für viele Menschen ein Thema. Stress, Sorgen und Ängste, aber auch Umstände wie Schichtarbeit können einer erholsamen Nachtruhe im Wege stehen. Auch ältere Menschen sind häufiger von Insomnien geplagt. Eine ideale medikamentöse Lösung vor allem auf lange Sicht gibt es nicht. Den Weg zum Arzt scheuen viele Betroffene. Schnell und barrierefrei verfügbar sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Melatonin. Sie versprechen, auf natürliche Weise den Schlaf zu verbessern.

Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, dass in der Zirbeldrüse aus Serotonin gebildet wird. Die Synthese ist vom Tageslicht abhängig. Ist es draußen hell, ist sie gehemmt, Dunkelheit kurbelt die Produktion indes an. Beim Menschen signalisiert Melatonin, dass es Nacht wird und sich der Körper auf die nächtliche Ruhephase vorbereiten sollte. Melatonin wird daher oft als »Schlafhormon« bezeichnet. Die Substanz steuert jedoch nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern hat auch noch weitere Funktionen. So sind unter anderem antioxidative and antiinflammatorische Eigenschaften bekannt und ein Einfluss auf das Immunsystem.

Evidenzbasierte Anwendungen

In Arzneimitteln unterliegt Melatonin der Verschreibungspflicht. Bereits seit 2007 sind Mittel für Menschen ab 55 Jahren zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie zugelassen (wie Circadin 2 mg Retardtabletten). Im Alter lässt die natürliche Melatoninproduktion nach. Die retardierten Tabletten setzen Melatonin langsam über einige Stunden hinweg frei und ahmen dadurch die natürliche Produktion im Körper nach. Wichtig ist die korrekte Einnahme. Es ist eine Tablette täglich ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit einzunehmen. Die Anwendung ist für maximal 13 Wochen zugelassen, nicht jedoch langfristig oder gar dauerhaft.

Für jüngere Erwachsene mit Insomnien sind die Tabletten derzeit nicht zugelassen. Auch die Autoren der S3-Leitlinie »Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen - Insomnie bei Erwachsenen« aus 2017 empfahlen die Substanz wegen einer für sie noch nicht ausreichend nachgewiesenen Wirksamkeit nicht generell zur Behandlung von Insomnien. Sie begründeten das damit, dass die vorliegenden Metaanalysen kein einheitliches Bild hinsichtlich der Wirksamkeit liefern würden.

Es gibt Hinweise, dass Melatonin die Einschlaflatenz bei Jetlag und Schichtarbeit reduzieren könnte. Auch bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung kann es helfen. Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Erwachsene und führt dazu, dass während der REM-Schlaf-Phase ausschlagende Bewegungen oder auch Schreie auftreten. Ärzte setzen Melatonin hier trotz begrenzter Studienergebnisse oft Off-Label ein.

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