Was können Retinoide? |
Die Wirkung am Zellkern ist für die Dermatologin einzigartig. »Vitamin-A-Säure und seine Derivate fördern die gesunde Zellteilung. Sie spielen eine essenzielle Rolle in der Regulation der epidermalen Differenzierung und Proliferation und sind in der Lage einerseits die Produktion von neuem Kollagen zu stimulieren und andererseits die Produktion von Kollagenasen, also Kollagen und Elastin abbauenden Enzymen, zu inhibieren. Dadurch lassen sich Falten nachweislich reduzieren, die Haut wird elastischer und hat generell mehr Spannkraft. Das ist freilich erst nach Wochen der Anwendung möglich und nicht nach einer Woche, wie es manchmal die Werbung glauben machen mag.« Retinol konnte etwa eine Antifaltenwirkung nach mindestens zwölfwöchiger Applikation erzielen.
Der Pferdefuß: Retinoide haben generell die Tendenz, hautirritierend zu wirken, wobei Retinolester oder Retinaldehyde verträglicher sind als Retinol. Bayerl sieht das so: »Die Hautirritationen sind das, was wir von dieser Substanzgruppe aus der medizinischen Anwendung kennen. Dadurch, dass wir ein paar Zellschichten verlieren und Hornschuppen abgestoßen haben, sind wir empfindlicher für UV-Strahlung. Um diese Reizungen abzufedern, empfiehlt man zum Beispiel die Anwendung nur jeden zweiten Tag. Auch gilt es, einen höheren Lichtschutz aufzutragen. Prinzipiell empfehle ich, Tretinoin-haltige Präparate abends und morgens den Sonnenschutz aufzutragen. Retinol- oder Retinaldehyd-haltige Zubereitungen können allerdings meist ohne Irritationen eingesetzt werden.« Durch bestimmte Formulierungstechniken können die Hautverträglichkeit verbessert werden, auch durch den Zusatz von hautberuhigenden Substanzen. »Was man nicht aus der Formulierung herausbekommt, ist der leicht gelbliche Farbton. Das empfinden zum Beispiel manche Herren als störend, wenn es sich gelblich auf dem Hemdkragen abzeichnet.«
Vitamin-A-Säure-Derivate stimulieren die Kollagensynthese in den tieferen Hautschichten. Gleichzeitig werden die obersten Hautzellen erneuert. Allerdings bieten die toten Zellschichten der Hautoberfläche einen natürlichen Sonnenschutz. Deshalb ist unter Retinoid-Anwendung die Sonnenbrandgefahr leicht erhöht. Das bedeutet für die Anwendung:
Wie schätzt die Dermatologin die Effektivität der Retinoide im Vergleich zu Fruchtsäuren ein? »An der Oberfläche wirken Fruchtsäuren sehr ähnlich. Auch sie schälen Hautschüppchen ab und sie können irritativ wirken. Doch was die Differenzierungsförderung anbelangt, sind die Retinoide eindeutig überlegen, und zwar dadurch, dass sie am Zellkern angreifen und die follikuläre Verhornung wieder herunterregulieren.« Die Vitamin-A-Säure-Präparate sind die am bestwirksamsten Anti-Aging-Zubereitungen, »selbst in der ästhetischen rekonstruktiven Dermatologie hat man damit Möglichkeiten«.
Das von der Werbung als Retinol-ähnlich bezeichnete Bakuchiol ist laut Bayerl keine Alternative. »Bakuchiol, das ursprünglich aus den Samen der Psoralea-corylifolia-Pflanze gewonnen wird, ist definitiv kein Vitamin-A-Säure-Derivat. Dennoch hat diese Substanz in einer Studie einen recht guten Anti-Aging-Effekt nachweisen können. Das Problem ist die Werbeaussage. Es wird von einem Retinol-Effekt gesprochen, wobei die Pflanze nichts enthält, was an den Zellkern bindet.«