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Corona-Pandemie

Welche Faktoren die Herdenimmunität beeinflussen

Es könnte so einfach sein: Herdenimmunität erreichen, Corona-Pandemie beendet. Diese Hoffnung haben viele – vor allem, da es mit dem Impfen gut vorangeht. Durch die zirkulierenden Virus-Varianten könnte das Ziel jedoch in weitere Ferne rücken, der Schwellenwert erhöht sich. Dazu einige Fragen und Antworten.
dpa
23.06.2021  14:00 Uhr

Was ist Herdenimmunität?

Der Begriff hat mehrere Bedeutungen. In der Corona-Debatte in Deutschland ist gemeint, dass ausreichend viele Menschen nach der Impfung oder nach einer durchgemachten Infektion immun sind, um die Ausbreitung des Coronavirus stark abzubremsen. Die Vorstellung ist, dass das Virus dadurch seltener zu den noch anfälligen Menschen gelangt.

Von einem solchen Schutz durch Gemeinschaft würden etwa Menschen profitieren, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Dass das Virus aber je ausgerottet werden kann, gilt inzwischen als äußerst unwahrscheinlich.

Dem Schweizer Online-Magazin »Republik« sagte der Charité-Virologe Christian Drosten Anfang Juni: »Das war von Anfang an ein Missverständnis, wenn man das so aufgefasst hat, dass Herdenimmunität bedeutet: 70 Prozent werden immun – egal jetzt, ob durch Impfung oder Infektion, und die restlichen 30 Prozent werden ab dann keinen Kontakt mehr mit dem Virus haben.«

Wie viele Menschen müssen immun sein, damit die Herdenimmunität greift?

Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Wie hoch die Rate sein muss, unterscheidet sich je nach Krankheit. Bei den hochansteckenden Masern etwa gelten 95 Prozent als Schwellenwert. Bei Corona bezifferten Experten den Anteil seit dem Frühjahr 2020 zunächst auf etwa zwei Drittel der Bevölkerung. Zugrunde lag die Annahme, dass ein Infizierter im Schnitt drei Menschen ansteckt, wenn keine Maßnahmen in Kraft sind und niemand immun ist.

Doch dann kamen die ansteckenderen Virusvarianten: Infizierte mit der hierzulande noch vorherrschenden Variante Alpha stecken im Schnitt mehr Menschen an als Infizierte mit einer Vorgängervariante. Daher spricht etwa der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, mittlerweile von einem Zielwert von über 80 Prozent Geimpften und Genesenen, um weitgehend auf Maßnahmen und Regeln verzichten zu können und die Zahl der Ansteckungen pro Infiziertem (R-Wert) dennoch unter 1 zu halten.

»Es kann sein, dass Herdenimmunität nur für einzelne Einrichtungen wie Pflegeheime erreicht werden kann, aber nicht für das Gros der Bevölkerung.«
Carsten Watzl, Immunologe

Mit der befürchteten Ausbreitung der offenbar noch ansteckenderen, in Indien entdeckten Delta-Variante dürfte sich das Bild erneut ändern: Der Immunologe Carsten Watzl geht dann von einer Schwelle von rund 85 Prozent aus – schwer erreichbar, solange es für Kinder unter 12 Jahren keinen zugelassenen Impfstoff und für Minderjährige keine allgemeine Impfempfehlung gebe. »Es kann sein, dass Herdenimmunität nur für einzelne Einrichtungen wie Pflegeheime erreicht werden kann, aber nicht für das Gros der Bevölkerung.«

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