Wenn das Reden ruckelt |
Mit Tieren können Stotterer meist flüssig kommunizieren. Ein Grund könnte sein, dass sie, anders als Menschen, keine Erwartungen haben und keine Reaktionen zeigen. / Foto: Adobe Stock/Annashou
Stottern beruht auf einer Schwäche der Faserbahnen in der linken Gehirnhälfte, die die sprechrelevanten Zellen miteinander verbinden. »Die Verdrahtung ist nicht so gut«, erklärt Professor Martin Sommer, Oberarzt an der Uni-Klinik Göttingen laut dpa. Das Phänomen sei bis zu 80 Prozent genetisch bedingt, die restlichen Anteile lägen noch im Dunkeln. Zwillingsstudien zufolge sei nur klar, dass die restlichen 20 Prozent nicht auf frühkindliche Erfahrungen wie Spracherziehung, familiäre Probleme oder Scheidungen der Eltern zurückzuführen seien. »Auch Traumata spielen da keine Rolle«, sagt Psychologie-Professor Harald Euler (76), der viele Jahre an der Ruhr-Universität in Bochum arbeitete.
Die Stärke des Stotterns ist nach Worten des Evolutionspsychologen Euler stark abhängig von der Situation und deren Anforderungen an die Ausdrucksfähigkeit: Besonders ausgeprägt sei die Störung bei Vorstellungsgesprächen, Reden vor größeren Gruppen und in Auseinandersetzungen. In der Kommunikation mit Eltern, Geschwistern, Freunden und Partnern hingegen sei der Redefluss weniger gestört. »Das Gefühl der Sicherheit macht viel aus«, so Euler, der auch Experte für Phoniatrie (Stimmheilkunde) und Pädaudiologie (Wissenschaft kindlicher Hörstörungen) ist, zu dpa.
Das könnte auch erklären, warum Tiere, vor allem Hunde und Katzen, entspannend auf Stotterer wirken und auch sich im Umgang mit Babys die Störung meist nicht zeige. Kleine Kinder und Tiere könnten nicht nachäffen, sich nicht lustig machen oder einfach Redebeiträge von Stotternden ignorieren, heißt es bei der dpa. Auch das Singen funktioniere einwandfrei. Der Grund: Es werden andere Gehirnareale dafür gebraucht als beim Sprechen.