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Parasit erobert Europa

Wie gefährlich ist der Rattenlungenwurm?

Der Rattenlungenwurm, der erstmals 1935 in China beschrieben wurde, ist kürzlich auch auf Mallorca gefunden worden. Der Parasit gilt als sogenannte Emerging Disease, als sich ausbreitenden Krankheit, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet.
PTA-Forum/dpa
09.10.2019  12:02 Uhr

Der Rattenlungenwurm (Angiostrongylus cantonensis) vermehrt sich in den Lungen von Ratten, verbreitet sich über Schnecken, kann Menschen befallen und schlimmstenfalls töten. Menschen erkranken daran aber nur unter sehr ungewöhnlichen Umständen, wie Tomas Jelinek vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin der Nachrichtenagentur dpa erklärt.

Trotzdem ist der Parasit im Gespräch, seit Mallorca betroffen ist. »Früher war das ein südostasiatisches Problem«, so Jelinek. Inzwischen ist der Rattenlungenwurm laut US-amerikanischer Gesundheitsbehörde CDC neben Südostasien und den pazifischen Inseln zunehmend auch in Regionen wie Afrika, der Karibik und den USA verbreitet – und nun auch in Europa? »Globalisierung und Klimawandel dürften zur Ausbreitung beigetragen haben«, sagt Peter-Henning Clausen vom Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin der FU Berlin.

Auf Mallorca sowie auf Teneriffa, wo der Wurm laut einer Studie bereits 2010 bei Ratten gefunden worden ist – der erste Fund in der EU –, seien keine Menschen betroffen gewesen. Auf Mallorca wurden 2018 zwei kranke Igel in einer Wildtierstation abgegeben – mit dem Rattenlungenwurm als Ursache. Wissenschaftler um Claudia Paredes-Esquivel von der Universität der Balearen schrieben im August in einem Fachblatt: Es sei anzunehmen, dass der Parasit auf der Insel aktiv übertragen werde. Ratten und Schnecken, die eine Ausbreitung erleichtern könnten, seien allgegenwärtig.

Der Parasit vermehrt sich in Ratten und anderen Nagern: »Ratten sind die bevorzugten Endwirte«, erklärt Clausen. Die Nager beherbergen den ausgewachsenen Wurm in ihren Lungen, wie schon die deutsche Bezeichnung vermuten lässt. Die Larven des Parasiten gelangen von dort über die Luftröhre in den Rachen der Ratte, werden geschluckt und mit dem Kot ausgeschieden. Über diesen können dann Schnecken die Larven aufnehmen.

Schnecken sind sogenannte Zwischenwirte, in denen sich die Larven weiterentwickeln, bis sie das für Menschen ansteckende Stadium erreicht haben, wie Clausen sagt. Menschen können sich infizieren, wenn sie Schnecken essen. Da diese auf Mallorca zur lokalen Küche gehören, sorgte der Wurm-Fund für Schlagzeilen. »Das Risiko einer Infektion reduziert sich allerdings drastisch durch ausreichendes Garen«, betont Clausen.

Menschen sind für den Wurm sogenannte Fehlwirte, in denen er sich nicht weiterentwickeln kann. Die Larven überleben im Körper maximal ein paar Monate. Untereinander können sich Menschen nicht anstecken. Fehlwirten, darunter etwa auch Hunde, Vögel und Pferde, drohen jedoch ernstzunehmende gesundheitliche Folgen: Die Larven befallen Clausen zufolge bevorzugt das zentrale Nervensystem. Beim Menschen gilt der Parasit laut Studien als häufigste Ursache einer seltenen Form von Hirnhautentzündung. Von schweren Verläufen seien eher Menschen mit Abwehrschwäche betroffen, erläutert Jelinek.

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