Wundpflege im Wochenbett |
Klingt die erste große Freudenwelle direkt nach der Geburt ab, spürt man leider auch Schmerzen von Verletzungen während des Gebärens. / Foto: Adobe Stock/Make_story
Bei etwa zwei Dritteln aller vaginalen Geburten treten bei der Mutter Verletzungen auf, einige müssen sogar operativ versorgt werden. Mögliche Ursachen für größere Läsionen sind eine schnelle Geburt mit kurzer Eröffnungsperiode, ein unzureichender Dammschutz sowie der Einsatz von mechanischen Hilfsmitteln wie Saugglocke oder Geburtszange. Auch Gewicht, Kopfumfang und die Lage des Kindes spielen eine Rolle.
Eine der häufigsten größeren Geburtsverletzungen ist der Dammriss. Der Damm ist die Region zwischen Vagina und After und wird bei der Geburt besonders stark beansprucht. Bei einem Dammriss unterscheiden Ärzte vier Schweregrade: Dammriss I. Grades: oberflächliche Verletzung der Damm- und Scheidenhaut; Dammriss II. Grades: Verletzungen der oberflächlichen Beckenbodenmuskulatur; Dammriss III. Grades: Verletzung der oberflächlichen Beckenbodenmuskulatur und des Afterschließmuskels; Dammriss IV. Grades: Verletzung der oberflächlichen Beckenbodenmuskulatur, des Schließmuskels und der Darmschleimhaut.
Durch zu starkes Pressen können bei der Geburt auch die Schamlippen, die Vagina und der Gebärmutterhals einreißen. Größere Risse werden genäht, um starke Blutverluste zu verhindern. Bei einem Dammschnitt (Episiotomie) schneiden Ärzte sogar schon präventiv den Damm in der Austreibungsphase ein, um eine spontane Verletzung zu verhindern. Dabei werden jedoch mehr Nerven und Kapillargefäße verletzt als bei einem spontanen Riss, eine Episiotomie heilt daher langsamer und verursacht auch mehr Schmerzen. Heute erfolgt der Eingriff seltener als früher. Oberflächliche Geburtsverletzungen wie Labienrisse, Scheidenrisse und Dammrisse I. Grades heilen in der Regel innerhalb einer Woche ab.
Dammrisse II. Grades werden bei Frauen ohne Periduralanästhesie unter örtlicher Betäubung mit sich selbst auflösendem Nahtmaterial vernäht. Nach etwa zwei Wochen sind auch sie oberflächlich verheilt. Bei Dammrissen dritten und vierten Grades müssen der Schließmuskel und Darm möglicherweise auch unter Vollnarkose wiederhergestellt werden. Nachdem die Wunde abgeheilt ist, kann es noch Monate dauern, bis der Schließmuskel wieder normal funktioniert.
Am ersten Tag nach der Geburt wirken Suppositorien mit nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen schmerzstillend und entzündungshemmend. Danach können bis zu viermal täglich 500 bis 1.000 mg Paracetamol eingenommen werden und gelten auch als gut verträglich beim Stillen. Aus der Gruppe der NSAR bevorzugen stillende Frauen Ibuprofen.
Bei Dammrissen, bei denen auch der Schließmuskel verletzt ist, erleichtern Laxanzien wie Lactulose (wie in Bifiteral®, Lactuflor®) oder Macrogol, zum Beispiel in Movicol® oder Laxatan® M, den Stuhlgang. Wenn die Frau nicht so stark pressen muss, reduziert das die mechanische Belastung von Nähten und Wunden. Die PTA kann auch Tipps zur Ernährung geben, etwa auf eine ballaststoffreiche Kost mit reichlichem Trinken hinweisen.
Bei verschorften Wunden helfen entspannende Sitzbäder. Dafür eignen sich Zusätze von Kamille (wie in Kamillin Extern Robugen, Kamillosan® Wund- und Heilbad), Calendula-Essenz, etwa in in Weleda Calendula-Essenz, oder Meersalz, wie es zum Beispiel in Dermasel® Totes Meer Badesalz Pur vorliegt. Auch gerbstoffhaltige Sitzbäder sind geeignet. Für einen Eichenrindensud lässt man einen gehäuften Esslöffel Eichenrinde auf ein Liter Wasser 15 Minuten lang köcheln.
Die enthaltenen Gerbstoffe desinfizieren den Wundbereich und beschleunigen den Heilungsprozess, indem sie adstringierend auf die Haut wirken. Wichtig ist der Hinweis, dass die Extrakte färben und verwendete Schüsseln oder das Bidet unter Umständen nicht mehr ganz sauber werden. Als nicht färbende, synthetische Alternativen kann die PTA Tannolact® Badezusatz oder Tannosynt® flüssig empfehlen. Zu lange sollten die Sitzbäder aber nicht andauern, da die heilende Wunde dann unter Umständen wieder aufweicht.
Eine Alternative zu Sitzbädern bieten Intimspülungen. Dafür füllen Frauen die Lösung in eine saubere PET-Flasche und lassen sie zwischen den Beinen hindurchlaufen, während sie auf der Toilette sitzen. Schmerzt das Wasserlassen, hilft es, warmes Wasser aus einem Becher während des Toilettengangs über Scheide und Damm fließen zu lassen, wenn kein Bidet zur Verfügung steht. Hinterher wird die Haut sanft trocken getupft.
Lokale Kältebehandlungen empfinden viele Frauen bei Schwellungen im Intimbereich als wohltuend. Geeignet sind Coolpacks, gekühlte Kirschkernkissen oder kühlende Vorlagen, die nie direkt, sondern immer mit einem Tuch umwickelt aufgelegt werden. Die PTA kann auch raten, eine saubere Monatsbinde mit etwas pflanzlichem Öl zu benässen, im Eisfach gefrieren zu lassen, zu umwickeln und dann auf die Narbe zu legen. Allerdings ist Kühlen umstritten, da es Gefäße kontrahiert und dadurch den Stoffwechsel im Wundgebiet erschwert und die Wundheilung verzögern kann. Daher wenden Frauen die Kältebehandlungen am besten nicht über den zweiten bis dritten Tag hinaus an. Wichtig: Die Blase darf dabei nicht zu kühl werden.
Für den Einmalgebrauch gedacht sind gebrauchsfertige Auflagen wie Multi-Mam® Wochenbett Pads oder Multi-Gyn® Kompressen. Sie kühlen, beruhigen, spenden Feuchtigkeit und fördern die Heilung. Für die Wirkungen ist der patentierte und pflanzenbasierte »2QR-Komplex« aus einem Extrakt der Aloe Vera verantwortlich. Zur Anwendung legen Frauen das Produkt mit der Gelseite auf die wunde Stelle oder Narbe. Die Außenseite ist zum Schutz der Unterwäsche undurchlässig beschichtet. Eine Applikation für mindestens zehn Minuten zwei- bis viermal täglich empfiehlt sich. Außer auf geschlossenen Wunden im Intimbereich verschaffen die Pads auch auf Kaiserschnittnarben Erleichterung. Viele Frauen machen bei Schwellungen und Hämatomen auch mit Arnika (wie in WALA® Arnika Wundtuch) gute Erfahrungen. Ihre Inhaltsstoffe wirken wundheilend und entzündungshemmend.
Das Motherlove® Regenerationsspray empfiehlt der Hersteller sogar schon für die Zeit unmittelbar nach der Geburt. Es enthält natürliche Inhaltsstoffe aus Hamamelisblättern, Schafgarbe und Bärentraube sowie ätherische Öle und kann mit Kosmetik-Pads aufgetragen oder auf die Haut aufgesprüht werden.
Nach drei bis vier Wochen sind die Verletzungen weitgehend verheilt. Die frische Narbe kann sich aber weiterhin unangenehm bemerkbar machen. Dann ist eine sanfte Massage mit einer Narbensalbe (wie APM-Creme, WALA® Narben Gel, Traumeel® Salbe) eine Wohltat, auch Massagen mit pflegenden Ölen aus Mandel, Weizenkeimen, Jojoba, Lavendel oder Johanniskraut, zum Beispiel in Weleda Damm-Massageöl, halten die Narben geschmeidig. Gleichzeitig lösen die Anwendungen bei der Frau eine angenehme Entspannung aus und sorgen dafür, dass das Gewebe besser durchblutet wird.
Um hautreizende Einflüsse von den frischen Narben fernzuhalten, kann die PTA spezielle Hautschutzsalben empfehlen, etwa Deumavan® Schutzsalbe, Vagisan® Schutz-Salbe. Sie schützen die sensible Haut im Intimbereich vor Kontakt mit Urin, Stuhl, mechanischer Beanspruchung und Keimen und lindern Schmerzen, Brennen und Juckreiz.
Bei allen Verletzungen ist Hygiene wichtig, um zu verhindern, dass Keime vom After in die Wunde gelangen. Hier gilt der allgemeine Tipp, dass Frauen den Po nach dem Stuhlgang immer von vorne nach hinten abputzen. Nach dem Toilettengang spült die Frau am besten die Scheide mit klarem warmem Wasser. Zur Reinigung kann die PTA milde, seifenfreie Produkte mit Milchsäure empfehlen, wie in Multi-Gyn® FemiWash.
Eine erhöhte Gefahr, sich eine Scheideninfektion sowie aufsteigende Infektionen aus der Scheide über die Gebärmutter zuzuziehen, besteht im Wochenbett auch infolge eines Östrogenmangels. Dadurch fehlen Laktobazillen (Milchsäure) in der Vaginalflora, die die Scheide vor Infektionen und Bakterien schützen. Bei auffällig riechendem Wochenfluss, Fieber oder Unterbauchschmerzen ist es angebracht, den Frauenarzt aufzusuchen, da eine Scheiden- oder Gebärmutterinfektion vorliegen könnte. Auch wenn sich Wunden oder Narben entzünden, Eiter austritt oder sich ein Wulst bildet, ist Rücksprache mit dem Arzt ratsam. Es kommt auch vor, dass ein Dammriss- oder -schnitt zu eng genäht wird und die Nähte unangenehm ins Gewebe einschnüren. Ein Arzt muss dann die Fäden entfernen und die Wunde neu verschließen.
Wenn die erste Wundheilung abgeschlossen ist und die Fäden oder Klammern entfernt worden sind, können Frauen mit der Pflege ihrer Kaischnittnarbe beginnen. Ziel ist es, dass die Stelle optimal und zu einer möglichst unauffälligen Narbe verheilt. Das lässt sich mit Gelen auf Silikonbasis (wie in Kelo-Cote® Narbengel, Bepanthen® Narben-Gel) oder mit Zwiebelextrakt, Allantoin und Heparin (Contractubex®) erreichen.
Wichtig ist, das Gewebe konsequent täglich etwa fünf Minuten lang in kreisenden Bewegungen sanft zu massieren. Dazu sind auch pflanzliche Öle geeignet, etwa in Bi-Oil® Mama Hautpflege-Öl. In den nächsten Wochen und Monaten verblasst die Narbe langsam. Nach etwa einem Jahr ist die Narbenbildung komplett abgeschlossen. Bis dahin und manchmal auch darüber hinaus können allerdings Gefühlsstörungen im Narbenbereich andauern.