Zink: Unentbehrlich, aber nicht speicherbar |
Kerstin Pohl |
21.05.2021 12:00 Uhr |
Austern sind der Spitzenreiter unter den Zinklieferanten. Bereits eine Portion von 50 Gramm reicht aus, um den Tagesbedarf an diesem Spurenelement zu decken. / Foto: Getty Images/Martin Rettenbacher
Der Gesamtbestand an Zink im Körper liegt bei 2 bis 3 Gramm. Im Gegensatz zu anderen Mineralstoffen kann das Spurenelement im Organismus nicht in größeren Mengen gespeichert werden, es gibt dafür keine klassischen Speicherorgane.
Zink ist zu 57 Prozent in der Muskulatur und zu 29 Prozent in den Knochen enthalten. Knapp 14 Prozent finden sich in anderen Organen. Das im Skelett gespeicherte Zink ist jedoch kein Reservoir, auf das der Körper bei einem Mangel schnell und nach Belieben zugreifen kann. Es ist nur eine passive Reserve. Deshalb muss mit der Kost täglich eine adäquate Menge dieses Spurenelementes aufgenommen werden.
Die Funktionen von Zink sind vielfältig. Zum Multitasking fähig ist Zink in Enzymen an der Regulation von Oxidations- und Reduktionsprozessen sowie an Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechselprozessen beteiligt.
Es ist zudem von Bedeutung für das Wachstum und die körperliche und geistige Entwicklung. Das spielt eine besonders wichtige Rolle in Schwangerschaft und Kindheit. Bei einem Mangel kommt es zu Wachstumsverzögerungen des Fetus oder des Kleinkindes. Auch die Entwicklung ist eingeschränkt.
Darüber hinaus wirkt es auf den Hormonstoffwechsel, sowohl die Wachstums- als auch die Sexualhormone. Als Bestandteil der Speicherform des Insulins beeinflusst Zink dessen Wirkung in der Zelle: Das Polypeptidhormon wird intrazellulär in Form eines Zinkkomplexes gespeichert. Diese Wirkung wird bei der Herstellung von Langzeitinsulin genutzt, wobei das Insulin verzögert aus diesem Komplex freigesetzt wird.
Wesentlich ist auch die Bedeutung von Zink für die Stimulation des Immunsystems durch Beteiligung am Thymushormon Thymulin. Dieses Hormon reguliert die Transformation von Thymozyten in aktive T-Lymphozyten. So kann bei einem Zinkmangel eine erhöhte Infektanfälligkeit auftreten. Zink ist außerdem ein wichtiger Faktor in der Genexpression. Im Blut ist Zink an Albumin und Transferrin gebunden und tritt hier auch in Konkurrenz zum Spurenelement Eisen.
Wegen seiner positiven Wirkung auf das Immunsystem findet sich Zink in vielen Erkältungsmedikamenten, oft in Kombination mit Vitamin C. Wichtig ist dabei vor allem der Zeitpunkt der Einnahme. Dauer und Schweregrad einer Erkältung reduzieren sich laut Studien, wenn die entsprechenden Präparate bereits 24 Stunden nach den ersten Symptomen eingenommen werden.
Aber auch »oberflächlich« angewendet zeigt sich die Heilwirkung von Zink. Den Zinkoxiden in Wundsalben werden antibakterielle und entzündungshemmende Wirkungen zugeschrieben. Sie unterstützen die Wundheilung der Haut bei Risswunden, Hautabschürfungen und -ausschlägen und leichten Entzündungen und helfen somit auch bei Reizungen und Rötungen im Windelbereich zum Beispiel bei einer Windeldermatitis.
Die Referenzwerte für Zink wurden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 2019 überarbeitet. Vorher wurden lediglich die Zinkgehalte in Lebensmitteln erfasst. Da aber Phytate die Bioverfügbarkeit von Zink aus Nahrungsmitteln um bis zu 45 Prozent reduzieren, wird in den neuen Empfehlungen nun auch der Phytatgehalt berücksichtigt. Dabei wird zwischen niedriger, mittlerer und hoher Phytatzufuhr unterschieden.
Alter und Geschlecht | Zinkzufuhr in mg/Tag | ||
---|---|---|---|
bei niedriger Phytatzufuhr, 330 mg/Tag (0,5 mmol/Tag) | bei mittlerer Phytatzufuhr, 660 mg/Tag (1,0 mmol/Tag) | bei hoher Phytatzufuhr, 990 mg/Tag (1,5 mmol/Tag) | |
SÄUGLINGE | |||
0 bis unter 4 Monate (Schätzwert) | 1,5 | 1,5 | 1,5 |
4 bis unter 12 Monate | 2,5 | 2,5 | 2,5 |
KINDER UND JUGENDLICHE | |||
1 bis unter 4 Jahre | 3 | 3 | 3 |
4 bis unter 7 Jahre | 4 | 4 | 4 |
7 bis unter 10 Jahre | 6 | 6 | 6 |
10 bis unter 13 Jahre | männlich: 9 weiblich: 8 | männlich: 9 weiblich: 8 | männlich: 9 weiblich: 8 |
13 bis unter 15 Jahre | männlich: 12 weiblich: 10 | männlich: 12 weiblich: 10 | männlich: 12 weiblich: 10 |
15 bis unter 19 Jahre | männlich:14 weiblich: 11 | männlich:14 weiblich: 11 | männlich:14 weiblich: 11 |
ERWACHSENE | männlich:11 weiblich: 7 | männlich:14 weiblich: 8 | männlich:16 weiblich: 10 |
SCHWANGERE | |||
1. Trimester | 7 | 9 | 11 |
2. und 3. Trimester | 9 | 11 | 13 |
STILLENDE | 11 | 13 | 14 |
Die Symptome eines Zinkmangels sind unspezifisch und können auch andere Ursachen haben. Aufgrund eines Mangels kann es zu Appetitlosigkeit, Störungen des Geschmacksempfindens, Hautentzündungen, trockener Haut und brüchigen Nägeln sowie Haarausfall kommen. Je nachdem, ob der Zinkmangel geringer oder größer ist, sind auch die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt.
Das Besondere dieses Spurenelementes ist die fehlende exakte Nachweismöglichkeit einer latenten Unterversorgung mittels herkömmlicher biochemischer Parameter in Blut, Urin oder in Haaranalysen. Es gibt momentan keinen Biomarker, der die Zinkversorgung zufriedenstellend erfasst. Dabei werden verschiedene Parameter zur Zinkbestimmung diskutiert, die der ärztlichen Bewertung bedürfen.
Die Lösung dieses Problems ist jedoch denkbar einfach: Bei dem Verdacht auf ein Defizit werden Zinksupplemente verabreicht. Dabei sind 3 Milligramm am Tag ausreichend. Schwinden oder vermindern sich die Symptome gilt das als Nachweis für einen – erfolgreich behandelten – Zinkmangel.
Bei einer normalen, ausgewogenen Ernährung sind keine Defizite zu erwarten. Bis auf wenige Ausnahmen ist die Versorgung in Deutschland sehr gut und liegt über den Empfehlungen.
Senioren hingegen sind oft schlecht mit Zink versorgt, ebenso chronische Alkoholiker.
Patienten, die an chronisch entzündliche Darmerkrankungen leiden, weisen ebenfalls häufig Zinkdefizite auf.
Zur Risikogruppe gehören zudem Vegetarier und Veganer. Zwar ist bei ihnen der Verzehr von zinkhaltigen Produkten wie Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten sehr hoch, allerdings wird durch die gleichzeitige Zufuhr von Phytaten die Zinkaufnahme behindert. Trotz des Defizites wurden bei Vegetariern bislang aber keine negativen Folgen aufgrund eines niedrigen Zinkstatus beobachtet.
Ein ausgeprägter Zinkmangel ist zu beobachten bei der Acrodermatitis enteropathica, einer genetisch bedingten Zink-Malabsorption. Diese seltene Erbkrankheit, bei der die Zinkaufnahme im Darm gestört ist, tritt wenige Monate nach der Geburt mit dem Abstillen auf. Das Kleinkind zeigt dabei Hautveränderungen, vor allem im Bereich der Körperöffnungen, und der Schleimhäute, starke Diarrhöen und Infektionen mit Candida albicans. Die Therapie besteht in einer lebenslangen Zinksubstitution, ohne die die Kinder sonst nicht überleben könnten. Dabei muss kontinuierlich und dem Bedarf angepasst Zinksulfat verabreicht werden. Die verabreichten Supplemente enthalten in diesem Fall bis zu 600 Milligramm Zink am Tag.
Im Gegensatz zu anderen Mineralstoffen kann Zink im Organismus nicht für längere Zeit gespeichert werden, es gibt dafür keine klassischen Speicherorgane. Stattdessen muss mit der Kost täglich eine adäquate Menge dieses Spurenelementes aufgenommen werden.
Foto: Shutterstock/hlphoto
• Zink
• Bestandteil vieler Enzyme des Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsels; stimuliert Immunsystem; beeinflusst Hormonsystem; fördert Wundheilung
• In rotem Fleisch, Milch und Milchprodukten, Eiern, Schalentieren (Austern), Vollkornprodukten und Keimlingen (z. B. von Roggen und Weizen), Hülsenfrüchten und Nüssen; bessere Verfügbarkeit aus tierischen Lebensmitteln
• Tagesbedarf: Frauen: 7 bis 10 mg; Männer: 11 bis 16 mg (jeweils abhängig von Phytatzufuhr)
• Besonderheit: kein Nachweis eines Mangels durch Blut- oder Haaranalysen möglich, stattdessen verschwinden Symptome nach zinkreicher Kost
Zink ist in vielen Lebensmitteln enthalten, allerdings in unterschiedlichen Konzentrationen. Die Bioverfügbarkeit liegt dabei zwischen 20 und 40 Prozent und hängt auch von der Zusammensetzung der Nahrung ab. Dabei ist der Organismus selbst wiederum in der Lage, sich speziellen Lebenssituationen wie beispielsweise Wachstumsphasen, Schwangerschaft und Stillzeit anzupassen und dann seine Fähigkeit zur Zink-Aufnahme aus Nahrungsmitteln bedeutend zu steigern (bis auf 60 Prozent).
Generell ist Zink aus tierischen Lebensmitteln besser aufnehmbar als aus pflanzlichen Produkten.
Gute Quellen für die Zinkversorgung sind Fleisch, vor allem rotes Muskelfleisch, Fisch, Milch und -produkte sowie Eier und Vollkornprodukte. Auch Cashew- und Pekannüsse sind sehr gute Zinklieferanten. Keimlinge aus Weizen- und Roggen sind ebenfalls sehr zinkhaltig (circa 18 mg Zink je 100 Gramm).
Spitzenreiter unter den Zinklieferanten sind Austern. Bereits eine Menge von 50 Gramm reicht aus, den Tagesbedarf zu decken.
Es gibt Faktoren, die die Zinkaufnahme negativ beeinflussen. Dazu zählen phosphathaltige Lebensmittel, Ballaststoffe und Tee. Vor allem Phytate in Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide reduzieren die Bioverfügbarkeit aus Nahrungsmitteln um 45 Prozent. Abhilfe lässt sich schaffen durch das Einweichen oder die Keimung des Getreides. Auch eine Sauerteiggärung erhöht die Bioverfügbarkeit an Zink ebenso wie der gleichzeitige Verzehr von tierischem Protein, also beispielsweise Vollkornbrot mit Käsebelag.
»Sonderfall Vollkornbrot«: Obwohl Vollkornbrot (1,5 mg Zink je 100 Gramm) keiner Sauerteiggärung unterzogen wird und somit Phytate erhalten bleiben, ist es gegenüber Weißbrot (0,7 mg Zink je 100 Gramm) zu bevorzugen. Sein Zinkgehalt ist doppelt so hoch und gleicht damit den höheren Phytatgehalt aus.
Einige Stoffe hemmen ebenfalls die Zinkaufnahme: Kupfer, Magnesium, Calcium, Kadmium, Nickel und Zinn. Auch Eisensupplemente stören die Zinkabsorption. Aber hier hilft ein Trick: Zinkpräparate sollten deshalb zeitlich versetzt zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.
Hochdosiertes Zink hemmt gleichzeitig die Aufnahme von Kupfer, deshalb enthalten Zinksupplemente zum Ausgleich solche häufig auch geringe Kupfermengen.
Fördernd auf die Bioverfügbarkeit aus Nahrungsmitteln wirken sich Zitronensäure und Aminosäuren aus.
Lebensmittelauswahl | |
---|---|
Knäckebrot, Roggen | 2,32 mg Zink je 100 g |
Roggenbrot | 1,51 mg Zink je 100 g |
Kuhmilch, 1,5 % Fett | 0,43 mg Zink je 100 g |
Buttermilch | 0,5 mg Zink je 100 g |
Joghurt, 3,5 % Fett | 0,45 mg Zink je 100 g |
Feta | 1,04 mg Zink je 100 g |
Mozzarella | 2,71 mg Zink je 100 g |
Garnele, roh | 2,2 mg Zink je 100 g |
Austern, roh | 21,71 Zink mg je 100 g |
Miesmuschel, roh | 1,83 mg Zink je 100 g |
Forelle, roh | 0,51 mg Zink je 100 g |
Flunder, geräuchert | 1,2 mg Zink je 100 g |
Thunfisch (Dose) | 0,61 mg Zink je 100 g |
Lammfilet | 3,35 mg Zink je 100 g |
Kalbsschnitzel | 2,3 mg Zink je 100 g |
Schweinekotelett | 1,39 mg Zink je 100 g |
Rinderfilet | 4,41 mg Zink je 100 g |
Die Nährwerttabelle gibt hier lediglich den Zinkgehalt im verzehrsfähigen Anteil in Lebensmittel an. Die Phytatgehalte, die die Bioverfügbarkeit von Zink reduzieren, werden dabei nicht berücksichtigt und können teilweise auch nur geschätzt werden.
Deshalb lauten die allgemeineren Verzehrsempfehlungen bzgl der Phytatzufuhr:
Außer in Lebensmitteln findet sich Zink auch in Zahnpasten, Mundwasser und Haftcremes. Auch diese kleinsten Mengen können durch ein Verschlucken zu einer hohen Zinkzufuhr beitragen.
Wenn in Arzneimitteln Zinksalze oder Zinkoxid enthalten sind, darf die Dosierung 25 Milligramm am Tag nicht überschritten. Wenn diese Dosis höher ist, unterliegen sie dann der Verschreibungspflicht.
Acetylsalicylsäure und einige Chemotherapeutika bilden mit Zink schlecht resorbierbare Komplexe.
Antibiotika wie Penicillamin und Tetrazykline vermindern die Verfügbarkeit von Zink. Abhilfe schafft hier ein zeitlicher Abstand zwischen der Einnahme von Zinksupplementen und Antibiotika. Die Antibiotika sollten deshalb entweder zwei Stunden vor oder sechs Stunden nach den Zinksupplementen genommen werden.
Thiaziddiuretika wie Chlortalidon und Hydrochlorthiazid steigern die Zinkausscheidung über die Nieren.
Die Toxizität von Zink ist gering. Eine akute Überdosierung ab circa 2 Gramm äußert sich in Magen-Darm-Störungen und Fieber.
Lediglich über die Ernährung ist eine zu hohe Aufnahme nicht möglich.
Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liegt die täglich tolerierbare Gesamtzufuhrmenge für Erwachsene bei 25 Milligramm, bei Jugendlichen bei bis zu 22 Milligramm und bei Kindern von 1 bis 3 Jahren bei 7 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt für Zink in Nahrungsergänzungsmitteln als tägliche Höchstmenge 6,5 Milligramm an. Da diese Menge relativ schnell überschritten werden kann, wird eine allgemeine Zink-Anreicherung von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs nicht empfohlen.
Hoch dosierte Zinkpräparate werden nur in akuten Mangelsituationen empfohlen: nach Operationen, Traumata oder Verbrennungen.
Dabei gilt es auch hier die Dosierung im Auge zu behalten, da bei gleichzeitig hoher Kupferzufuhr diese beiden Spurenelemente miteinander interagieren. Bei der Behandlung der Kupfer-Speicherkrankheit (Morbus Wilson) wird diese Interaktion therapeutisch genutzt. Bei dieser Erbkrankheit wird vermehrt Kupfer im Organismus angesammelt. Zink hemmt in diesem Fall die Aufnahme von Kupfer in die Darmzellen.
Achtung bei der gleichzeitigen Supplementierung von Eisen: Das Spurenelement wird vor allem in der Schwangerschaft ergänzt. Da Zink und Eisen aber miteinander konkurrieren, kann eine solche Supplementierung eine Zinkunterversorgung begünstigen. Eine Abhilfe ist aber leicht umzusetzen: die Eisenpräparate sollten zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden. So behindern sie die Zinkaufnahme weniger.
Ebenfalls überlegt wird der protektive Einsatz von Zink bei der Behandlung der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) in Kombination mit Antioxidanzien.
Bei einer Sichelzellenanämie tritt häufig ein Zinkmangel auf, der durch Supplemente behoben werden muss.