Zu schön, um harmlos zu sein |
Katja Egermeier |
05.06.2019 00:00 Uhr |
Die Anpflanzung von Goldregen in der Nähe von Schulen und Kindergärten hat schon häufiger zu Massenvergiftungen geführt. / Foto: Adobe Stock/HildaWeges
Der auch als Bohnenbaum bezeichnete Goldregen ist ein bis zu 7 m hoher Strauch oder Baum mit dunkelgrünen, dreizählig gefingerten Blättern und gelben Schmetterlingsblüten in Form von hängenden, etwa 30 cm langen Trauben. Die länglichen Hülsenfrüchte (6 bis 8 cm) sind flach, braun und enthalten bohnenähnliche Samen von jeweils etwa 3 mm Größe.
Laburnum anagyroides, Familie der Schmetterlingsblütler (Fabaceae)
• Blüte: gelbe, hängende Trauben
• Blütezeit: Mai bis Juni
• Früchte: längliche Hülsenfrüchte mit bohnenähnlichen Samen
• Blätter: dunkelgrün, elliptisch, dreizählig
• Vorkommen und Verwendung: Zierpflanze, gelegentlich verwildert
• Gift: Alkaloide (Cytisin, Laburamin, Laburnin, N-Methylcytisin), sehr giftig
• Giftige Pflanzenteile: ganze Pflanze, besonders Samen
Die ursprüngliche Heimat des Goldregen ist Süd- und Südosteuropa. In Deutschland wächst die beliebte Zierpflanze überwiegend nur angepflanzt in Gärten und Anlagen, ist vereinzelt jedoch auch verwildert bis Südschweden zu finden.
Alle Bestandteile des Goldregens sind stark giftig – auch im getrockneten Zustand. Blüten, Samen und Wurzeln enthalten vor allem Cytisin, einen Giftstoff, der zur Gruppe der Chinolizidinalkaloide gehört. Aber auch Laburamin, Laburnin und N-Methylcytisin sind in der Pflanze enthalten. Die höchste Cytisin-Konzentration findet sich in den Samen und steigt mit zunehmender Reife.
Bei Kindern genügen drei Samen für Vergiftungserscheinungen. / Foto: Adobe Stock/M. Schuppich
Das Gift wirkt vor allem bei oraler Aufnahme. Bei Kindern kommt es bereits ab einem, bei Erwachsenen ab drei verschluckten Samen zu ersten Vergiftungserscheinungen. Auch das Kauen von Blättern, Blüten und Rinde kann eine Vergiftung hervorrufen. Eine Vergiftung über die Haut, durch Berühren oder Zerreiben von Pflanzenteilen, ist nicht möglich.
Das Gift, das ähnlich wie Nikotin auf das Zentrale Nervensystem wirkt, führt zunächst zu einer Erregung, nach einer halben bis einer Stunde kann es zu Schweißausbrüchen, Magen-Darm-Krämpfen, Kopfschmerzen, einer Reizung der Schleimhäute, Übelkeit und Erbrechen kommen. Bleibt das Erbrechen aus, können sich Lähmungserscheinungen bis hin zum Tod infolge von Atemlähmung einstellen.
Stark giftig! Bei Kindern ist eine Dosis von 3 bis 4 Früchten (entspricht 15 bis 20 Samen) tödlich, bei Erwachsenen eine Dosis ab 23 Samen.
Bei Vergiftungsverdacht ist umgehend der Besuch einer Klinik angezeigt. Als Sofortmaßnahmen sollten noch im Mund vorhandene Pflanzenteile entfernt und dem Betroffenen reichlich Wasser zu trinken gegeben werden. In der klinischen Therapie sind resorptionsvermindernde Maßnahmen (Magenspülung, Aktivkohle), eine Elektrolytsubstitution, symptomatische Therapie und gegebenenfalls eine intensivmedizinische Betreuung angezeigt.
Die Blätter des Goldregens wurden im ersten Weltkrieg als Tabakersatz geraucht. Da Cytisin Nikotin-ähnlich wirkt, aber nicht süchtig macht, wurde in den 60er-Jahren in Bulgarien ein darauf basierendes Raucherentwöhnungsmittel entwickelt und in den ehemaligen Ostblockstaaten vertrieben. Bis heute wird es in Polen und Bulgarien zur Raucherentwöhnung angeboten (Desmoxan® Aflofarm Pharma, Tabex® Sopharma). In den westlichen Staaten kam es aufgrund des Kalten Krieges nie zu einer Zulassung und geriet nach der Wende zunächst in Vergessenheit.
Inzwischen haben zwei Studien aus den Jahren 2011 und 2014 das Potential von Cytisin zur Raucherentwöhnung erneut untersucht: Beide kamen zu dem Ergebnis, dass Cytisin mehr Rauchern zu einer Zigarettenabstinez verhalf als entweder Placebo oder eine Nikotin-Ersatztherapie. Mit einer Zulassung des Mittels in Deutschland ist in naher Zukunft jedoch nicht zu rechnen.
Die Anpflanzung von Goldregen in der Nähe von Schulen und Kindergärten hat schon häufiger zu Massenvergiftungen geführt, vor allem bei Kindern im Vorschulalter. Er ist auch für Haustiere hochgiftig und oft sogar tödlich. Die größte Gefahr stellen die Früchte im geschlossenen Zustand dar, da sie herkömmlichen Gartenbohnen zum Verwechseln ähnlich sehen.
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