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Migräne

Zufriedenheits- statt Schmerz-Tagebuch

Eine Änderung im Umgang mit Kopfschmerz und Migräne forderte der Ärztliche Direktor der Schmerzklinik Berlin. Sowohl die Bedeutung der Triggerfaktoren als auch das klassische Schmerztagebuch seien überholt.   
Elke Wolf
04.09.2021  14:00 Uhr

Die Meidung individueller Triggerfaktoren gilt gemeinhin als probates Mittel, einer Migräne-Attacke zuvorzukommen. »Doch die Erfahrung zeigt: Die ganze Konstruktion der Triggerfaktoren hat nicht überzeugt«, ging Dr. Jan-Peter Jansen vom Schmerzzentrum Berlin mit den Vermeidungsstrategien hart ins Gericht. Regelmäßige Schlaf-Wach-Rhythmen mit festen Uhrzeiten, die konsequente Meidung bestimmter Lebensmittel oder Gerüche sowie das Herunterschrauben von körperlichem und emotionalem Stress schränke die Lebensqualität doch sehr ein, habe aber unterm Strich nicht viel gebracht, zu individuell seien die Migräne-Auslöser. Im Gegenteil: »Wir haben dadurch für die Patienten nur eine zusätzliche Last aufgebaut. Aber unter dem Strich sind die Maßnahmen nicht wirklich effektiv. Man könnte fast schon sagen, dass da ein gewisses Fehlwissen entstanden ist«, sagte der Mediziner bei einer Pressekonferenz von Sanofi-Aventis.

Ein Umdenken forderte Jansen auch bezüglich des Kopfschmerztagebuchs. Psychologisch sei es viel besser, von einem Zufriedenheitstagebuch zu sprechen und es auch als solches zu führen. Anstatt den Fokus andauernd auf den Schmerz zu lenken, empfiehlt Jansen, besser die Tage zu notieren, an denen der Schmerz gut handhabbar war und eine gewisse Akzeptanz der Situation eintrat. »Auch in der Klinik sind wir dazu übergegangen, die Patienten nicht nach ihrem Schmerz auf einer Skala von 1 bis 10 zu fragen, sondern danach, wie zufrieden sie mit dem Selbstmanagement ihrer Erkrankung sind. Die Patienten sollten vielmehr auf ihre guten Tage achten.« Ein Zufriedenheitstagebuch sei jedoch schwer zu etablieren, so lange die Krankenkassen für die Kostenübernahme der Therapie die Dokumentation des Kopfschmerzes in Form eines Tagebuchs forderten.

»Im Allgemeinen wissen die Betroffenen sehr gut, wie sie einer nahenden Migräne-Attacke medikamentös begegnen.« Der Gründer und Ärztliche Direktor der Berliner Schmerzklinik sieht weniger ein Problem im Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz (MOH), sondern eher in der zögerlichen Einnahme eines Analgetikums oder Triptans. »Viele Kopfschmerzpatienten haben Angst, sich mit ihren Medikamenten zu schaden. Daher zögern sie die Anwendung lange hinaus oder nehmen eine zu geringe Dosis. Doch das ist besonders bei einer Migräne-Attacke kontraproduktiv: Analgetika können den rasch zunehmenden Migräneschmerz nur dann effektiv kappen, wenn sie spätestens mit Einsetzen der Kopfschmerzen angewendet und ausreichend hoch dosiert werden«, erklärte Jansen.

In diesem Zusammenhang erinnerte er an die schnell einsetzende Wirkung von Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol in Kombination mit Coffein (etwa in Thomapyrin® Intensiv Migräne). Coffein fungiert als Wirkverstärker. Zwei Tabletten der fixen Kombination aus Acetylsalicylsäure (250 oder 265 mg) plus Paracetamol mit 200 oder 265 mg plus Coffein mit 50 oder 65 mg werden von führenden Fachgesellschaften neben den Monosubstanzen als Mittel der ersten Wahl bei Kopfschmerzen und Migräne aufgeführt.

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