Zusammenhang zwischen Impfung und Gürtelrose nicht bestätigt |
Theo Dingermann |
30.11.2022 16:00 Uhr |
Kann die Covid-19-Impfung die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus und damit eine Gürtelrose auslösen? Die Datenlage spricht gegen einen kausalen Zusammenhang. / Foto: Adobe Stock/sashka1313
Bereits in seinem Sicherheitsbericht vom 20. September 2021 hatte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf Basis der Zahl der Meldungen innerhalb von 14 beziehungsweise 30 Tagen nach Impfungen mit allen vier damals zugelassenen Covid-19-Impfstoffen kein Sicherheitssignal für Herpes Zoster feststellen können. Dennoch wird gefühlt bemerkenswert häufig über Fälle einer Reaktivierung des Varizella-Zoster-Viren (VZV) im Zusammenhang mit einer Coronaimpfung berichtet. Bei Erstinfektion zeigt sich dieses Virus als Windpocken, verbleibt dann lebenslang im Körper und kann bei Stress oder geschwächtem Immunsystem einer Gürtelrose (Herpes zoster) Probleme bereiten.
Eine große Studie zur datenbasierten Überprüfung dieses Problems, deren Ergebnisse jetzt von Wissenschaftlern der University of California in San Francisco im »Journal of the American Medical Association« publiziert wurden, findet tatsächlich keine Bestätigung für einen derartigen Zusammenhang.
Die Autoren dieser retrospektiven Kohortenstudie verwendeten anonymisierte Daten des »Optum Labs Data Warehouse«. Dies ist ein Kooperationszentrum für Forschung und Innovation in den USA, das mehr als 160 Millionen Akten zu administrativen Anträgen und elektronischen Patientenakten speichert.
In die Studie aufgenommen wurden 2.039.854 Personen, die im Zeitraum Dezember 2020 bis 30. Juni 2021 eine beliebige Dosis eines Covid-19-Impfstoffs erhalten hatten. Das mittlere Alter der Geimpften betrug 43,2 Jahre. 50,6 Prozent der Probanden waren weiblich.
Die Wissenschaftler konnten kein erhöhtes Risiko für eine VZV-Reaktivierung im Zusammenhang mit einer Covid-19-Impfung feststellen. Während der 30 Tage nach der Covid-19-Impfung traten 891 Fälle von Herpes zoster auf, davon 459 Fälle nach der ersten Dosis und 432 Fälle nach der zweiten Dosis.
Eine ergänzende Kohortenanalyse zeigte darüber hinaus auch kein erhöhtes Impfrisiko für Herpes zoster verglichen mit einer Grippeimpfung aus der Zeit vor der Pandemie. Nach Bereinigung um demografische Merkmale, Anamnese und Medikamenteneinnahme war die Covid-19-Impfung im Vergleich zur Influenza-Impfung in der frühen Pandemiephase nicht mit einem höheren Risiko für Herpes zoster verbunden.
»Eine Gürtelrose nach Coronaimpfung ist bei Weitem nicht so häufig wie es anfangs in der Berichterstattung den Anschein hatte«, schlussfolgert Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) als Reaktion auf die Studie.
»Nach derzeitiger Studienlage ist die Impfung als relativ sicher einzustufen, Komplikationen waren bei systematischer Untersuchung beziehungsweise in der Langzeitbeobachtung sehr selten«, erklärt der Neurologe. »Menschen, die wegen extrem seltener möglicher Nebenwirkungen Angst vor der Covid-19-Impfung haben, müssen sich bewusst machen, dass all diese Komplikationen viel häufiger bei der SARS-CoV-2-Infektionen auftreten. Dies wurde inzwischen auch für viele andere potenzielle, auch neurologische Nebenwirkungen gezeigt.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.