Zusatzempfehlung ergänzt Therapie |
Wissenschaftlich ist sie nicht anerkannt, dennoch erfreut sich die Homöopathie in Deutschland großer Beliebtheit. / Foto: Shutterstock/polya_olya
Eine Zusatzempfehlung soll für den Patienten Unterstützung und Hilfe sein und auch als solche empfunden werden. Dies setzt voraus, dass PTA und Apotheker auf den Patienten eingehen und ihn intensiv beraten. Dabei ist es sinnvoll, sich an den Leitlinien der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zu orientieren. Sowohl bei der Abgabe eines verschriebenen Medikaments als auch bei der Selbstmedikation sollte erfragt werden, für wen das Arzneimittel ist und wofür der Patient es anwenden möchte. Beim Erfragen der Beschwerden und der Bedürfnisse sowie der Erläuterung der Wirkung und relevanter Nebenwirkungen können PTA und Apotheker im Gespräch mit dem Patienten herausfinden, ob eine Zusatzempfehlung erwünscht ist.
Fällt die Wahl auf ein homöopathisches Präparat, gilt es einige Punkte zu berücksichtigen. Das Prinzip der Homöopathie lautet: Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden. Es handelt sich um eine Reiztherapie, bei der die Selbstheilungskräfte angeregt werden sollen. Neben der möglichen Erstverschlimmerung, die vor allem bei Anwendung der Hochpotenzen auftritt, gibt es in der Homöopathie keine Nebenwirkungen. Die Hochpotenzen sind für die Selbstmedikation ohnehin nicht geeignet. PTA und Apotheker sollten bei ihrer Empfehlung D3-, D6-, D12- und D30-Potenzen bevorzugen.
Die wiederholte Anwendung eines homöopathischen Mittels soll Alternativmedizinern zufolge auch die Neigung, an einer Krankheit zu erkranken, allmählich abbauen können. In Situationen, in denen ein schnelles Eingreifen nötig ist, ist allerdings eine synthetische oder phytotherapeutische Alternative sinnvoller. Ebenso ist die Substitution eines fehlenden Stoffes, etwa eines Mineralstoffs, durch homöopathische Mittel nicht möglich. Denn beim homöopathischen Herstellungsverfahren entstehen stark verdünnte, feinstoffliche Arzneimittel.
Bei der Abgabe eines Antibiotikums auf Rezept sollte die PTA zunächst erfragen, gegen welche Beschwerden oder Erkrankung es angewendet werden soll. Häufige Gründe für die Verordnung eines Antibiotikums sind zum Beispiel ein grippaler Infekt oder eine Blasenentzündung. Wird das
Antibiotikum gegen eine Blasenentzündung genommen und klagt die Patientin beziehungsweise der Patient vor allem über brennende Schmerzen beim Wasserlassen, kann Cantharis D6 (Spanische Fliege) empfohlen werden. Nennt die Patientin als Ursache der Blasenentzündung nasskaltes Wetter oder durchnässte Kleidung, kann Dulcamara D6 (Bittersüß) passend sein. Berichtet die Kundin über immer wiederkehrende Blasen- und Nierenentzündungen, kann Solidago virgaurea D3 (Goldrute) Blase und Nieren stärken.
Für die Behandlung von grippalen Infekten oder Erkältungskrankheiten gibt es diverse homöopathische Mittel. Apis mellifica D6 (Honigbiene) kann grundsätzlich angewendet werden, wenn eine Schwellung und stechende Schmerzen im Vordergrund stehen. Atropa belladonna D6 (Tollkirsche) kommt zum Einsatz bei Röte, Hitze und Brennen. Ferrum phosphoricum D3 (phosphorsaures Eisen) wird eingesetzt bei allmählichem Krankheitsbeginn und unspezifischen Symptomen. Bei entsprechender Symptomatik kann eins der drei Mittel unter anderem bei Mandel- und Ohrenbeschwerden ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung empfohlen werden.
Homöopathische Mittel können die schulmedizinische Behandlung von grippalen Infekten unterstützen. / Foto: Shutterstock/sirtravelalot
Einige Patienten reagieren bei der Einnahme eines Antibiotikums mit Durchfällen, Frauen können auch eine Vaginalmykose entwickeln. Dies liegt daran, dass das Antibiotikum auch die Bakterien der natürlichen Darm- und Vaginalflora abtötet. Bei Interesse des Kunden können PTA und Apotheker dazu ein unterstützendes Arzneimittel empfehlen. Sowohl bei Durchfällen als auch bei Vaginalmykosen unter Antibiotikagabe ist Okoubaka D3 (ein westafrikanischer Urwaldbaum) das homöopathische Mittel der Wahl – es wirkt wie ein homöopathisches Probiotikum. Patienten, die zu den entsprechenden Begleiterscheinungen neigen, können die Einnahme von Okoubaka gleichzeitig mit dem Antibiotikum beginnen.
Verschreibungen über Analgetika oder Antirheumatika wie Ibuprofen oder Diclofenac werden in Apotheken häufig vorgelegt. Viele dieser Patienten klagen über chronische Schmerzen durch Gelenkverschleiß. Andere haben eine akute Entzündung im Gelenk, etwa bei einem Tennisarm. Viele der Patienten fürchten, dass die langfristige Einnahme von Schmerzmitteln Nieren und Leber belasten kann.
Bei starken Schmerzen ist es unwahrscheinlich, dass man synthetische Schmerzmittel komplett ersetzen kann. Aber wenn durch homöopathische Mittel etwa eine Dosisreduktion erreicht werden kann, ist dies bereits eine Entlastung. Bei entzündlichen Prozessen ist die regelmäßige Einnahme eines nicht steroidalen Antirheumatikums (NSAR) auch wichtig, um die den Schmerzen zugrundeliegende Entzündung zu bekämpfen. Dazu können aber unterstützende Homöopathika empfohlen werden.
Die wichtigste Frage ist, ob die Beschwerden unter Belastung schlimmer oder besser werden. Wenn die geringste Bewegung schmerzt und der Patient sich am liebsten gar nicht mehr bewegen würde, ist Bryonia D6 (Zaunrübe) das passende Mittel. Werden die Schmerzen unter Bewegung und durch Wärme besser, können PTA und Apotheker Rhus toxicodendron D12 (Giftsumach) empfehlen. Handelt es sich um in der Regel stechende und ziehende Nervenschmerzen, ist Hypericum perforatum D6 (Johanniskraut) empfehlenswert. Nervenbeschwerden können unter anderem bei Zahnwurzelentzündungen, Gürtelrose, bei Diabetikern und nach einer Chemotherapie auftreten. Hypericum perforatum D6 kann also unter anderem bei einem vom Zahnarzt ausgestellten Rezept oder bei der Verordnung eines Insulins eine hilfreiche Zusatzempfehlung sein.
Werden Schmerzen durch eine Wunde oder einen Bluterguss verursacht, sollte an das gängigste Verletzungsmittel Arnica montana D6 (Bergwohlverleih) gedacht werden. Es kann auch die Wundheilung nach einem Zahnarztbesuch beschleunigen. Arnica montana D6 kann außerdem bei Blutergüssen, Prellungen und Quetschungen angewendet werden. Handelt es sich hingegen um schlecht heilende Wunden, die eventuell auch eitern und bakteriell entzündet sind, ist Calendula D6 (Ringelblume) eine gute Empfehlung. Bei Schnittwunden und chirurgischen Eingriffen ist hingegen Staphisagria D6 (Stephanskörner) das Mittel der Wahl.
Bei säurebedingten Magenbeschwerden werden häufig Protonenpumpenhemmer (PPI), meist Omeprazol oder Pantoprazol, verordnet. In vielen Fällen bekommen Patienten diese Arzneimittel ergänzend zu einem NSAR oder zu anderen Medikamenten, die den Magen belasten können. Die dauerhafte Anwendung von PPI ist weitverbreitet, wird aber teilweise auch kritisch gesehen. Als homöopathische Unterstützung können PTA oder Apotheker eventuell Robinia pseudacacia D6 (Falsche Akazie) empfehlen. Typische Symptome, bei denen Robinia eingesetzt wird, sind saures Aufstoßen, Sodbrennen und Magenschmerzen. Dagegen ist Nux vomica D6 besonders dann geeignet, wenn Erbrechen oder Magenbeschwerden Folge eines Zuviels an Nahrung, Alkohol oder Stress ist.
Auch bei Magenproblemen können Homöopathika manchmal als Zusatz empfohlen werden. / Foto: Getty Images/PhotoAlto/Alix Minde
Fragen Kunden in der Apotheke nach einem Mittel gegen Reisekrankheit, empfiehlt das Apothekenteam meist den Wirkstoff Dimenhydrinat. Dieser kann müde machen und das Reaktionsvermögen einschränken, und das kann zum Problem werden, wenn der Patient zum Beispiel auch selbst Auto fahren muss. Alternativ oder ergänzend können PTA und Apotheker in solchen Fällen das homöopathische Arzneimittel Cocculus D6 (Scheinmyrte) empfehlen. Wichtig ist, dass der Patient bei ersten Symptomen der Reisekrankheit mit der Einnahme beginnt.
Viele Senioren nehmen über längere Zeit synthetische Schlafmittel ein. Diese erleichtern zwar das Ein- und Durchschlafen, verschlechtern aber die Schlafqualität und verursachen so teilweise Müdigkeit am Morgen. In der Beratung ist zunächst die Frage zu klären, warum die Patienten nicht schlafen können. Ältere Menschen brauchen generell weniger Schlaf und sollten auf eine gute Schlafhygiene achten. Schlafstörungen können auch Folge einer Erkrankung, etwa einer Depression, sein. PTA und Apotheker sollten Betroffenen raten, die Ursachen ihres schlechten Schlafs beim Arzt abklären zu lassen.
Patienten, die sich viele Sorgen machen, und nervös und empfindlich sind und deshalb nicht einschlafen, können Ambra D6 (Darmausscheidung des Pottwals) einnehmen. Leiden die Patienten eher an einer Art Lampenfieber vor bevorstehenden Ereignissen und Grübeln, kann Argentum nitricum D12 (Silbernitrat) helfen. Fühlen Patienten sich abends im Bett so, als hätten sie zu viel Kaffee getrunken, haben Herzrasen und sind aufgedreht, kann Coffea arabica D6 (Kaffee) eine gute Unterstützung sein. Zincum valerianicum D6 (Zinkisovalerianat) kommt zum Einsatz bei ausgeprägter Schlaflosigkeit und Ruhelosigkeit. Der Patient wälzt sich beispielsweise oft im Bett herum. Falls die Auswahl eines passenden Einzelmittels schwer fällt, gibt es auch homöopathische Komplexmittel.
Für die richtige Einnahme von Homöopathika gibt es Einiges zu beachten. / Foto: Getty Images/Hemme
Die Einnahme der homöopathischen Arzneimittel sollte mit mindestens 15 Minuten Abstand zum Essen und Trinken erfolgen. Die Mittel wirken am besten, wenn man sie im Mund zergehen lässt. Erwachsene nehmen bei D3- und D6-Potenzen in der Regel dreimal täglich fünf Globuli, bei einer D12-Potenz zweimal täglich fünf Globuli. In akuten Situationen ist eine Erhöhung der Einnahmehäufigkeit möglich, wobei die Einzeldosis bei fünf Globuli bleibt. Weil es sich bei der Homöopathie um eine Reiztherapie handelt, ist nach einer dreiwöchigen Einnahme eine Therapiepause von einer Woche sinnvoll.